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Spargeltest: „Ein bissle wie Himalaya-Salz…“

 

Es geht um die Spargeldiskussion, ob mit Folie abgedeckte Reihen oder ohne (mein Blog Beitrag vom 14. Mai).
Tatsächlich meldete sich auf meine Einladung zum Test ein Blogger aus Freiburg, der mir am Telefon sagte, dass er folienfrei gewachsenen Spargel vom Spargelhof Vorgrimmler (Demeter Betrieb) in Munzingen/Tuniberg  mitbringen könnte.
Bereits in den Vorgesprächen am Telefon merkten wir, dass das alles nicht so einfach wird, denn es gibt, wenn man die beiden unterschiedlich gewachsenen Spargel vergleichen möchte, doch größere Hürden.
1. die Sorte
2. das Alter der Anlage
3. der Boden
4. die Großwetterlage
und 5., ganz wichtig: wie oft am Tag wird gestochen?
Daraufhin haben wir meinen Spargel-Lieferant Martin Waßmer aus Bad-Krozingen/Schlatt gebeten, eine Reihe seines Spargels abzudecken.
Und da gibt es die nächste Feinheit, denn erkennt ein guter Spargelstecher sofort den kleinen Riss im Damm, dann bleibt der Kopf weiß, erkennt er den Kopf früh ist dieser violett, und ist der Stecher nachlässig, dann gibt es violetten Spargel mit grünen Ansätzen.

alle fünf Varianten

Wir hatten also fünferlei verschiedene Spargel zur Auswahl:
-von jedem Produzenten weiß – mit Folie abgedeckt
-violett vom ersten Tag an (ohne Folie von Vorgrimmler) und eigens für uns ein paar Tage abgedeckt (von Wassmer)
und von M. Wassmer noch so richtig grün-violetten.

ohne Folie extrem

Beim Schälen erfolgte die erste Überraschung: der Folienspargel hat eine „Pfirsichhaut“, man braucht mit dem Schäler kaum zu drücken und die Schalen sind sehr dünn und fein, das ergibt weniger Abfall.

Spargel schälen - 30kg pro Stunde

Bei den violetten Stangen musste ich schon kräftiger drücken und diese Klasse war eher etwas dünner. Das bedeutet größeren Schälaufwand und mehr Abfall.

fertig geschält, einmal mit Folie, einmal ohne

Gekocht haben wir die Spargel im Dampf, dezent mit Salz und einer kleinen Prise Zucker gewürzt. Nach 13 Minuten rausgenommen, 2 Minuten stehen gelassen und serviert. Wir haben immer 2 Stangen von jeder Partie auf den Tellern angerichtet und diese ohne Sauce ect. probiert. Ein Blindtest wäre sehr schwierig, da die „Ohne-Folie-Spargelstangen“ ja verfärbte Köpfe haben und man diese sonst abschneiden müsste.

voll im Dampf

Wäre vielleicht noch zu erwähnen, dass wir keinen Wettbewerb ausrichten, sondern die Unterschiede rausschmecken und einfach mal schauen wollten, was an dieser mir fast zu reißerisch geführte Diskussion („…Wollen Sie Kondomspargel?“!…) dran ist.

Zum Geschmack
Die beiden Folienspargel schmeckten fast gleich, Nuancen erdiger, kräftiger, aber da muss man schon sehr guten Geschmackssinn haben.
Die beiden nicht abgedeckten ein ganz klein wenig bitter, die Köpfe durch das Chlorophyll schon kräftiger und die ganz violetten noch etwas kräftiger.
Dann haben wir den Spargel mit etwas flüssiger, nicht brauner Butter bepinselt, etwas nachgesalzen, das schmeckt gleich besser, aromatischer.
Und dann gab es die 5erlei Spargel noch einmal mit Sauce Hollandaise, gemischtem Schinken und Kratzete, spätestens dann muss man die Unterschiede wirklich suchen!
Wie gesagt, man sieht halt die violetten Köpfe. Jeweils eine Stange haben wir kalt gegessen (Zitat T.W.: „95% der Spargel werden zu heiß gegessen.“), denn bei kaltem Spargel schmeckt man die Unterschiede noch geringer!

Stellt sich noch die Frage: Was möchte der Gast/ich für einen Spargelgeschmack? Süß, mild, etwas bitter, noch bitterer, wo setzt man den Maßstab an?
Ganz am Ende fiel der Satz: „Es ist halt schon ein bissle wie beim Himalaya Salz.“
Ich glaube, die Verfechter des folienfreien Spargels möchten einfach etwas Besonderes verspeisen, extravagant soll es sein, gegen den Strom, eben gerade nicht was alle anderen machen. Wenn der doppelte Preis für den folienfreien Spargel bezahlt wird, kann ich nur jedem Produzenten raten, den Markt auszuloten, mehr Geld kann man nicht verdienen.

Es war ein richtig guter Abend, bei dem ganz klar rauskam, dass man den Folienanbau nicht verteufeln sollte. Aus der Sicht des Kochs kann ich sagen, ich möchte gerade, gleichmäßige Stangen, die ich schön schälen kann und die nicht holzig oder sehr bitter sind. Und das die ganze Saison über.

Wir haben uns auch 2011 verabredet, um verschiedene Sorten wie Schwetzinger Meisterschuss und Lukullus einmal zu vergleichen, und wie die Bodenbeschaffenheit den Geschmack beeinflusst.