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Mit „Vice“ auf dem Maidan: „Ukraine Burning“

Als „CNN für Hipster“ wurde die Ankündigung von Vice News an einigen Stellen kommentiert. Seit Anfang des Jahres gibt es die Nachrichtensparte des Magazins, die sich wie auch schon in der Kooperation mit dem Pay-TV-Sender HBO vermehrt mit tagesaktuellen und Reportagethemen auseinandersetzen möchte. Das neuste Video heißt Ukraine Burning, kommt aus Kiew und ist nah dran an den Menschen und dem Chaos auf dem Maidan. Dabei scheint es zunächst ungewöhnlich, ein Video über solch ein ernstes Thema mit Dubstep-Musik und Kampfszenen zu beginnen. Effektheischerei, möchten man sofort rufen.

Und doch gehören die Aufnahmen in Ukraine Burning zu den besten, die ich bis jetzt vom Maidan gesehen habe. Die Beiträge möchten und sollen subjektiv sein, oft auch tendenziös. Genau durch diesen Ansatz gelingt Vice ihre neue Form der Berichterstattung. Wie der Journalist und Blogger Martin Giesler schreibt: „Was Kameratechnik (gefilmt wird mit Smartphones oder DSLR) und Sounddesign angeht, spricht Vice News die Sprache des Musikfernsehens.“ Achja, informativ ist der Beitrag übrigens auch. Ganz ohne Dubstep.

 

Kurzfilm: „The Roving Typist“

Das erste Mal erfuhr ich von C.D. Hermelin in einem Artikel auf The Awl im vergangenen Jahr: „The Internet Hates Me„. Darin beschreibt Hermelin, wie er vor einiger Zeit nach New York zog und sich aus Geldmangel mit einer Schreibmaschine in die Parks der Stadt setzte, um für etwas Kleingeld den Menschen spontane Geschichten zu schreiben. Der Roving Typist war geboren.

Doch eines Tages verbreitete sich ein Bild von ihm ohne Kontext im Internet. C.D. Hermelin würde plötzlich zum Sinnbild des New Yorker Hipsters: Arbeitslos, verschroben, weltfremd und mega vintage. Und er erlebte, was schon andere vor ihm erfahren mussten: Es ist nicht leicht, ein Meme zu sein.

Mark Cersosimo von Vimeo hat dem Roving Typist nun allerdings ein gleichnamiges Porträt spendiert, in dem der 26-jährige deutlich besser weg kommt. Es ist die Geschichte eines Autors, der sein Talent mit in den Park nahm – und dort bis heute fast täglich neue Kurzgeschichten in seine Schreibmaschine hackt.

 

Der Kampf ums Kabel

Die Netflix-Zentrale in Los Gatos (© Justin Sullivan/Getty Images)
Die Netflix-Zentrale in Los Gatos (© Justin Sullivan/Getty Images)

Als Netflix am vergangenen Freitag die zweite Staffel von House of Cards veröffentlichte, dürften die US-Internetbetreiber ganz genau hingesehen haben. Die Kombination aus Valentinstag, Wochenende und schlechtem Wetter an der Ostküste versprach neue Rekorde für die Streaming-Plattform und damit einen Härtetest für die Provider. Denn längst ist Netflix eine Macht im Internet. Aber nicht alle spielen mit. Es geht schließlich um die Vorherrschaft von Streaming-Angeboten im Netz – und wer davon profitiert.

Im vergangenen Jahr zählte Netflix 31,7 Millionen Abonnenten in den USA und übertraf damit erstmals den Pay-TV-Sender HBO. Netflix-Gründer Reed Hastings glaubt, dass der Dienst eines Tages zwischen 60 und 90 Millionen US-Bürger erreichen könnte und sich damit der rückläufigen Anzahl der Kabelanschlüsse annähert. Eine Prognose, die den Kabelanbietern, die in vielen Fällen auch als Internetprovider fungieren, gar nicht gefällt.

Netflix lahmt bei vielen Providern

Der Erfolg von Netflix ist jedenfalls schon jetzt messbar. Nach Analysen des Dienstleisters Sandvine war Netflix im vergangenen Jahr in der Primetime zwischen 21 und 0 Uhr für 31,6 Prozent des gesamten Internetdownstreams in den USA verantwortlich, gemeinsam mit YouTube sogar für rund die Hälfte. In dieser Zeit sinken die Downloadgeschwindigkeiten, was bei vielen Nutzern bisweilen zum Buffering und damit zu Pausen beim Abspielen führt. Das Problem könnte noch größer werden, wenn Netflix Inhalte in datenintensiver 4K-Auflösung für die nächste Generation von Fernsehgeräten ausspielt.

Interessant ist, welche Betreiber davon am meisten betroffen sind. Nach Netflix‘ Messungen liefern mit Comcast, AT&T und Verizon drei der fünf größten amerikanischen Breitbandanbieter regelmäßig unterdurchschnittliche Geschwindigkeiten für den Dienst. An der mangelnden Bandbreite liegt es aber gar nicht: Die allgemeine Downloadgeschwindigkeit ist meist völlig normal. Lediglich Netflix und andere Videodienste scheinen gedrosselt zu sein. Wie kann das sein? Verstößt das nicht offensichtlich gegen das Prinzip der Netzneutralität, wonach sämtliche Datenpakete gleich behandelt und zugestellt werden müssen?

Alles eine Frage des Peerings

Nicht unbedingt. Ein Begriff, der in den vergangenen Monaten im Webvideo-Bereich immer wieder auftauchte, ist das sogenannte Peering. Dabei handelt es sich um eine grundlegende Funktion des Internets. Peering bedeutet nichts anderes, als den Zusammenschluss zweier Netzwerke zum Datenaustausch. Große Internetprovider geben die Daten ihrer Netzwerke untereinander entweder direkt oder an den Knotenpunkten weiter – in der Regel kostenlos im gegenseitigen Einverständnis. Das System funktioniert, denn jeder profitiert von jedem und keiner wird diskriminiert. Theoretisch.

Praktisch gibt es um diese Peering-Absprachen immer mal wieder Streit – und seit einiger Zeit geraten Webvideo-Anbieter wie YouTube, Amazon oder eben Netflix in den Mittelpunkt der Diskussion.

Etwa im vergangenen Sommer, als die Netzbetreiber Cogent und Verizon aneinandergerieten. Beide Anbieter haben eine Peering-Absprache und tauschen kostenlos Daten aus. Sollte es zu einem hohen Datenaufkommen kommen, sollten beide entsprechend mehr Kapazitäten bereitstellen. Doch das tut Verizon nicht für Cogent. Der – inoffizielle – Auslöser des Streits ist Netflix. Der Dienst liefert nämlich seit einiger Zeit einen Großteil seiner Inhalte über das Netz von Cogent aus – und Verizon möchte den Traffic offenbar nicht einfach übernehmen.

In diesem Fall verstößt Verizon nicht direkt gegen die Netzneutralität (gegen die Verizon unlängst klagte), denn der Anbieter blockiert nicht gezielt Netflix. Er gibt lediglich nicht genug Kapazitäten frei für das Netz, aus dem die Netflix-Daten kommen, die deshalb „Umwege“ nehmen müssen. Das Ergebnis? Verizons DSL gehört heute zu den langsamsten Anbietern in Sachen Netflix. Das Nachsehen haben die Kunden beider Dienste.

Ein Milliardendeal der Kabelanbieter

Hinter der Entscheidung von Verizon steckt aber mehr als die Angst vor verstopften Leitungen. Es geht um das immer attraktivere Geschäft mit Videos im Netz. Mit Redbox ist Verizon nämlich selbst Teilhaber eines Streaming-Services, der in direkter Konkurrenz zu Netflix steht. Auch andere Kabelanbieter betreiben oder planen eigene Video-on-Demand-Dienste und möchten nicht zusehen, wie Netflix ihre Angebote dominiert. Die Konkurrenz einfach auszubremsen, scheint da eine naheliegende Option.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch der neueste Deal im US-Fernsehgeschäft in einem anderen Licht. Vor wenigen Tagen kündigte der größte amerikanische Kabelanbieter Comcast an, den Konkurrenten Time Warner Cable für 45 Milliarden US-Dollar zu schlucken. Sollte die Regulierungsbehörde FCC der Übernahme zustimmen, wäre Comcast der mit Abstand größte Kabel- und Internetanbieter des Landes.

Entsprechend nervös blicken die Kritiker auf die Übernahme. Einige vermuten, dass Comcast mit seiner quasi-Monopolstellung die Preise für Kabel- und Internetanschlüsse diktieren könnte. Andere glauben, dass der Kauf vor allem Druck auf Anbieter wie Netflix, aber auch Amazon oder Apple ausüben soll. Erste Indizien gibt es bereits: Nur wenige Tage nach der Übernahme stocken die Verhandlungen zwischen Netflix und Time Warner. Netflix hatte gehofft, seinen Dienst in die Set-Top-Box der künftigen Comcast-Tochter integrieren und somit sein Portfolio im Smart-TV-Bereich ausbauen zu können. Da aber Comcast selbst an einem Streaming-Dienst arbeitet, scheint dieser Deal nun unwahrscheinlich.

Wer hat die besseren Inhalte?

Doch Comcast verfügt nicht bloß über die technische Infrastruktur, die Netflix für seinen Service benötigt. Comcast besitzt auch Inhalte, nachdem man 2011 das Medienunternehmen NBC Universal, zu dem unter anderem das Filmstudio Universal und die Sender NBC und Syfy gehören, übernahm. In einer Auflage der Regulierungsbehörde verpflichtete sich Comcast zwar, sowohl die Prinzipien der Netzneutralität zu befolgen, als auch die Inhalte von NBC Universal anderen Anbietern zu Verfügung zu stellen. Diese Regelung gilt aber bloß noch bis zum Jahr 2018.

Der Zusammenschluss der beiden großen Kabelanbieter könnte also in absehbarer Zeit massive Folgen für Netflix haben. Comcast hätte dann mehr Einfluss auf die Peering-Absprachen mit anderen Providern, was dazu führen könnte, dass Netflix bei einem Großteil der amerikanischen Internetnutzer schlicht nicht ideal läuft.

Zudem könnte Comcast sich exklusive Inhalte aus dem NBC-Umfeld für den eigenen Kabel- und On-Demand-Service vorbehalten und gleichzeitig andere TV-Sender gängeln, ihnen und nicht Netflix die Serien und Filme zu lizensieren. Denn kein TV-Sender möchte von einem Kabelbetreiber aufgrund mieser Deals „nach Sibirien verlegt“ werden, wie es Michael Weinberg von der NGO Public Knowledge beschreibt. Netflix hätte das Nachsehen. Denn auch wenn das Unternehmen vermehrt eigene Serien wie House of Cards produziert, besteht ein Großteil des Geschäfts in der Lizensierung von Filmen und Serien Dritter.

Auch in Deutschland gibt es bereits Diskussionen. Etwa darüber, ob die Telekom in ihren DSL-Flatrates den firmeneigenen Videoservice Entertain von der Datenbegrenzung ausnimmt. Und auch Kabel Deutschland – ebenfalls Anbieter eines VoD-Services – sagt, dass man bei einer „Überlastung des Netzes“ unter Umständen priorisieren müsse. Das klingt bewusst vage, aber es zeigt: Der Kampf um die Bewegtbilder im Netz fängt gerade erst an.

Update 24.2.

Medienberichten zufolge haben sich Netflix und Comcast auf einen neuen Vertrag geeinigt, der dem Streaming-Anbieter schnellere Verbindungen im Comcast-Netz zusagt. Obwohl die Details nicht bekannt sind bedeutet das, dass mit Netflix erstmals ein Inhalte-Provider einen ISP bezahlt. Kritiker fürchten deshalb, dass der Deal die Prinzipien der Netzneutralität aushebelt.

 

Netzfilm der Woche: „Auf dem Land“

Ein türkischstämmiger Jugendlicher aus der Großstadt landet auf einem Bauernhof in der brandenburgischen Pampa. In Dennis Schanz‘ Kurzfilm Auf dem Land geht es aber gar nicht um den Konflikt zwischen dörflicher Tugend und städtischer Jugend. Sondern vielmehr um eine allgemeine jugendliche Orientierungslosigkeit, um Ausgrenzung und das drohende Erwachsenwerden.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht der 14-jährige Volkan. Er wird vom Jugendamt den Sommer über aufs Land geschickt. Dort soll er nicht nur schuften, sondern auch auf andere Gedanken kommen und Abstand gewinnen von einem offensichtlich problematischen Alltag in der Stadt. Was genau Volkan angestellt hat, bleibt – wie vieles andere – unerwähnt. Auf dem Land ist ein Kurzfilm ohne viel Handlung und Dialoge. Er zieht seine Stärke aus den Stimmungen und Zwischentönen, die in den knapp 15 Minuten immer wieder wechseln.

„Die kleinen persönlichen Fragen interessieren mich mehr als die großen, politischen“, sagt der Regisseur , „deshalb durchlebt unser Protagonist die unterschiedlichsten Emotionen und Verhaltensweisen.“ Die Zuschauer begegnen distanzierten Bauern, vergeblich bemühten Streetworkern und Jugendlichen, die Volkan kritisch beäugen. Je länger der Tag dauert, desto frustrierter wird der Junge, bis sich die Spannung in einer überraschenden wie schockierenden Szene entlädt und er sich plötzlich mit sich selbst auseinandersetzen muss.

Das Ende von Auf dem Land hat Schanz dabei bewusst offen gehalten, um nicht belehrend daherzukommen. „Ich hoffe stattdessen, dass sich der Zuschauer für ein paar Minuten dem Jungen nahe fühlt und mit ihm auf die Reise geht“, sagt Schanz.

 

„Movie Title Breakup“

Dass man mit Filmtiteln Spaß haben kann, ist bekannt. Doch was der Comedy-Kanal Poykpac hier liefert, ist nochmal eine Stufe kreativer: Ein Paar befindet sich bei einem romantischen Abendessen, das sich langsam aber sicher in eine Trennung steigert. Der Clou an der ganzen Sache: Der Dialog wird ausschließlich mit Filmtiteln bestritten, 154 an der Zahl. Tolle Idee!

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„Frag ein Klischee“ räumt mit Vorurteilen auf

Ist Polyamorie nichts anderes als Swingersex? Gibt es bei lesbischen Paaren nicht immer eine, die den „Mann spielt“? Und ist bei Kleinwüchsigen denn wirklich alles so klein? Diese und andere Fragen hören Lesben, Kleinwüchsige oder eben polyamore Menschen häufig. Es sind schließlich Klischees, die weit verbreitet sind. Doch was antworten die Menschen darauf eigentlich?

Genau das möchte die neue Interview-Serie Frag ein Klischee des YouTube-Kanals hyperboleTV herausfinden. In kurzen Segmenten dürfen Menschen zu Wort kommen und ihre eigene Position erklären, ganz ungezwungen und nicht selten ein wenig augenzwinkernd. Die Fragen können die Zuschauer auf YouTube direkt einreichen.

Hinter hyperbole steckt das Forschungsprojekt Grundversorgung 2.0 der Leuphana Universtität Lüneburg. Das hatte vor der Bundestagswahl vergangenen Herbst auch das Projekt Eine Stimme ins Leben gerufen. Alle alten und kommenden Folgen von Frag ein Klischee gibt es hier.

 

The National: Livekonzert aus Sydney

Gelegentlich, aber immer noch viel zu selten finden komplette Konzertmitschnitte den Weg ins Netz. Nicht so im weltbekannten Opernhaus von Sydney. Für dessen Live at the House Serie nämlich werden in unregelmäßigen Abständen Konzerte live auf YouTube gestreamt und natürlich anschließend online archiviert. Wilco, Tegan & Sara und die Counting Crows traten unter anderem bereits auf. Den jüngsten Auftritt bestritten die melancholischen Indierocker von The National am vergangenen Samstag. Hier ist das volle, zweistündige Konzert:

(Konzertbeginn ab Minute 14:00)

(via)

 

Fan-Film: „Our Robocop Remake“

Hollywood ist eine Remake- und Sequel-Maschine. Zwischen Iron Man 3, The Hangover 5 und Fast & Furios 23 scheint kaum noch Platz für kreative Filmideen. Auch der Sci-Fi-Film Robocop bekommt in diesen Tagen eine Neuauflage spendiert. Das heißt, genaugenommen sind es sogar zwei. Eine davon läuft gerade in den Kinos an. Die andere dagegen erscheint nur im Netz – und könnte nicht unterschiedlicher sein.

50 Filmemacher aus Los Angeles und New York haben sich für Our Robocop Remake zusammengesetzt. Mit Unterstützung der Crowd haben sie den Klassiker aus dem Jahr 1987 noch einmal verfilmt. Nicht Einstellung für Einstellung, aber mit allen Szenen und Dialogen, die bisweilen aber etwas ironisch angepasst wurden. Denn schließlich soll es ja darum gehen, den Remake-Wahnsinn bloßzustellen.

Trotzdem ist Our Robocop Remake ein ziemlicher Spaß. Es erinnert an ein etwas älteres, großes Crowdsourcing-Filmprojekt: Für Star Wars Uncut steuerten hunderte Fans kurze Szenen bei. Vorgaben bei der Umsetzung gab es nicht. Auch bei Our Robocop Remake treffen deshalb die unterschiedlichsten Filmstile aufeinander: Animation und Puppenspiel, Computergrafik und klassische Live-Action sorgen für ein ziemlich buntes und überdrehtes Filmerlebnis. Und sind wir ehrlich: Viel trashiger kann auch der neue Robocop im Kino nicht sein.

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