Lesezeichen
 

Emmy-Awards: „Barely Legal Pawn“

Eines muss man den Emmys lassen: In Sachen kreative Skits und Videos haben sie die Typen vom Kino (sprich: die Oscars) abgehängt. Fünf Tage vor der diesjährigen Verleihung dürfen die beiden Breaking Bad Hauptdarsteller Bryan Cranston und Aaron Paul mal ein wenig die Hype-Trommel rühren. In dem sechsminütigen Kurzfilm Barely Legal Pawn begegnen sie als zwielichtige Pfandhaus-Besitzer Julia Louis-Dreyfus, die ihren Seinfeld-Emmy verkaufen möchte, was aber nicht ganz so einfach ist. Zum Schluss dreht sich die kuriose Angelegenheit dann doch noch etwas hin zum düsteren Breaking-Bad-Stil. Naja, ein bisschen wenigstens. In jedem Fall zeigen die Emmys, wie man clever für eine Verleihung der besten TV-Inhalte wirbt – mit den Preisträgern in ihrem Element.

 

Netzfilm der Woche: „Where Do Lilacs Come From“

© Matthew Thorne
© Matthew Thorne

Einen „Abschied in Zeitlupe“ nannte der Vater des australischen Filmemachers Matthew Thorne einst die Alzheimer-Krankheit, unter der seine Großmutter litt. Thorne beschreibt diese Szene aus seiner Jugend auf der Crowdfunding-Seite seines Kurzfilms Where Do Lilacs Come From sehr genau, denn sie war es, die ihn inspiriert hatte. Im Film geht es um Michael und seinen Vater Chris, der an Demenz erkrankt ist – und der versucht, sich an seine verstorbene Ehefrau zu erinnern.

Das schwere Thema platziert Thorne in die sonnige australische Stadt Gold Coast. Where Do Lilacs Come From wechselt dabei immer wieder zwischen den Aufnahmen in Chris‘ großem, aber weitgehend verlassenen Haus – auch das eine Metapher für die Krankheit – und den befreiten Erlebnissen aus seiner Kindheit und Jugend.

Doch Thorne nutzt nicht nur klassische Rückblicke, sondern blendet die verschiedenen Zeitebenen übereinander. Plötzlich erscheinen in der Küche des Hauses alle Protagonisten an verschiedenen Punkten ihres Lebens, Erinnerungen und Homevideo-Aufnahmen überlagern sich und greifen einander auf. Dieser Effekt wirkt bisweilen verwirrend für die Zuschauer, erfüllt aber einen Zweck: Er soll den zerstreuten Erinnerungsprozess des Alzheimer-Patienten Chris widerspiegeln.

Natürlich bleibt das alles fiktiv, Thorne kann sich der Krankheit nur mit den Mitteln eines Filmemachers nähern. Doch mit nur wenig Dialog und einer umso beeindruckenderen Schauspielleistung von Joe Feeny als Chris, ist Where Do Lilacs Come From ein ebenso persönliches wie sanftes Porträt eines Abschieds.

 

Kurzfilm „Floating“

Musikvideos und Kurzfilme haben viel gemeinsam, und das liegt nicht nur an der begrenzten Länge. Beide erzählen eine Geschichte, die meist in medias res beginnt und die Zuschauer gleichzeitig nicht allzu verwirren sollte. Sie sind beide meist pointiert – und sie nutzen häufig Symbole und Allegorien. Auch Greg Jardin hat so manches Musikvideo in seinem Portfolio, was man auch seinem Kurzfilm Floating anmerkt.

Die Geschichte zweier Ballonwesen in der Großstadt, die unbeachtet von den Menschen um sie herum versuchen, sich zu treffen, funktioniert nämlich auch ohne Dialog und erzählt gleichzeitig eine symbolhafte Geschichte des Suchens, des Zerbrechens und des Findens.

 

Skaten in Asien: „The Journey of the Beasts“

Als wir vergangenes Jahr mit Sebastian Linda sprachen, hatte der Filmemacher aus Dresden gerade seinen kurzen Skateboardfilm The Revenge of the Beasts auf Vimeo gestellt. Seitdem ist viel passiert. Linda hat unter anderem ein Porträt über einen amerikanischen Dirigenten in Ostdeutschland gedreht, für The Revenge of the Beasts gewann er vor einigen Wochen den Deutschen Webvideopreis. Zudem hat Linda zu Beginn des Jahres per Crowdfunding nach Unterstützern für den nächsten Teil seiner Beasts-Reihe gesucht. Mit Erfolg: Über 7.500 Euro kamen letztlich zusammen.

Das Ergebnis ist jetzt im Netz zu sehen. The Journey of the Beasts begleitet Linda und seine befreundeten Skater auf einer Reise durch Asien. Mit rund 30 Minuten ist er nicht nur der längste Film der Reihe, sondern auch der ambitionierteste: Teils Skatefilm, teils Roadtrip, teils Travelogue wechselt The Journey of the Beasts zwischen rasanten Tricks auf den Brettern, Zeitlupen- und Zeitraffern, Interview-Schnipseln und ziemlich beeindruckenden Aufnahmen der Menschen und Natur vor Ort. Dabei geht es vor allem um das Entdecken: der alten Leidenschaft des Skatens, aber auch neuer Orte.

Der Film ist nicht nur sehenswert, er untermauert auch Lindas Position als den aktuell besten deutschen Skateboard-Filmer. Denn er zeigt abermals, wie man aus dem klassischen Genres mit der richtigen Geschichte immer wieder etwas neues herausholen kann.

 

Kurzfilm: „Mars One Way“

Das Leben auf dem Mars, heute noch eine Fiktion, doch möglicherweise eines Tages Realität. Im Kurzfilm Mars One Way sind wir schon weiter: 200.000 Menschen haben sich auf eine Mars-Mission beworben, um in Gruppen zu je vier Menschen die Reise anzutreten. Doch es gibt einen Haken: Es gibt nur einen Hinflug und keine Rückkehr. Der Kurzfilm stellt die Bewerber in Form einer fiktiven Reality-Show vor, und zeichnet nebenbei ein sehr menschliches Porträt über das Aussteigen und Träumen.

 

„Iwwerzwersch“ – Breaking Bad im Saarland

Eigentlich dachten wir, die besten Breaking-Bad-Parodien seien spätestens mit Breaking Bad Jr. durch, aber jetzt kommt noch ein Nachzügler aus, aufgepasst, dem Saarland. Dort leben der Metzgermeister Walter Weiss und der etwas schluffige Jesse Brinkmann. Sie finden sich zusammen, um illegal Schweinskäs im großen Stil zu kochen – denn Walters Zahnarztrechnung ist sonst nicht zu bezahlen.

Was folgt, dürften die Fans der erfolgreichen US-Serie natürlich kennen. Walter und Jesse verlagern ihre Produktion in einen alten Wohnwagen und suchen nach einem Abnehmer für die fettige Delikatesse. Unter dem Decknamen Iwwerzwersch (der „Überzwerg“) entwickelt sich Walter zum Mysterium – und lockt damit gleichzeitig die beiden Polizisten Helmut Recht und Werner Ordnung auf den Plan.

Die knapp zwölf Minuten bieten wunderbaren Dialekthumor (Untertitel in Hochdeutsch gibt es natürlich auch), der ein wenig an Sinnlos im Weltraum oder den sächsischen Kurzfilm SIMPLYClever erinnert. Doch die Sprache ist nur ein Teil des Gags. Tatsächlich ist Iwwerzwersch recht aufwändig und liebevoll produziert und versucht sogar, die für Breaking Bad so typische Farbpalette zu kopieren.

Iwwerzwersch ist außerdem ein Quasi-Nachfolger der Webserie Recht & Ordnung über zwei saarländische Polizisten, die auch im Film auftauchen. Die Serie gibt es auch auf YouTube, und wurde von der Produktionsfirma Goreholio erstellt.

„Eisch benn der, wo dat Zeisch hey kocht“!

(via)

 

Film zum Welt-Down-Syndrom-Tag: „Liebe ist kein Argument“

Der 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Vor einigen Tagen hat der Vimeo-Nutzer Christopher ein Video hochgeladen, das sich nicht nur mit dem Down-Syndrom beschäftigt, sondern auch mit ZEIT ONLINE. Die Idee kam ihm nämlich beim Lesen eines Artikels auf dieser Website.

Im Juli 2011 schrieb der Autor Claas Relotius über ein Elternpaar, das bereits ein Kind mit Down-Syndrom hatte und nun ein zweites erwartete. Nach der ersten Diagnose würde auch dieses mit einer Behinderung auf die Welt kommen. Die Eltern entschieden sich damals, es trotzdem auf die Welt zu bringen.

Der Artikel sorgte für viele unterschiedliche Reaktionen bei den Lesern. Viele wünschten der jungen Familie Glück und alles Gute. Andere sahen die Entscheidung der Eltern kritisch – und sagten das mit mal mehr, mal weniger Taktgefühl.

Der Kurzfilm Liebe ist kein Argument greift bereits in seinem Titel einen Leserkommentar auf und liest in seinen elf Minuten weitere der rund 160 Kommentare unter dem Artikel vor.

Die kritischen, bisweilen auch beleidigenden Stimmen schneidet der Macher mit Bildern eines lebensfrohen Mädchens mit Down-Syndrom zusammen. Das ist bewusst selektiv und blendet einen Teil, nämlich den positiven, der Kommentarkultur aus. Doch der daraus entstehende Gegensatz macht nachdenklich. Stellt er doch die Frage, ob man als Außenstehende/r überhaupt über die Entscheidung der im Artikel erwähnten Eltern urteilen kann.

Für den Macher des Films geht es überhaupt nicht nur darum, zu hinterfragen, ob die Anonymität im Internet für möglicherweise verletzendere oder auch schlicht ehrlichere Äußerungen führt – eine Frage, die in diesem Kontext kaum zu beantworten ist. Wie er jedoch auch schreibt, geht es ihm vor allem um den „Blick auf die Realität hinter den Kommentaren“.

(via)

 

Short: „Mrs Peppercorn’s Magical Reading Room“

Ein bisschen Disney-Feeling bleibt bei diesem Kurzfilm nicht aus: Mrs Peppercorn’s Magical Reading Room nimmt die Zuschauer und die neunjährige Eloise mit in einer Reise in ein kleines und unheimliches Dörfchen in Cornwall. Die Zuflucht besteht für Eloise in Büchern. Doch als sie plötzlich die Wahrheit hinter einem seltsamen Buchladen und seiner verschrobenenen Inhaberin entdeckt, verwischen die Grenzen zwischen Realität und Traum. Regisseur Mike le Han ist damit ein wunderbarer kleiner Fantasyfilm gelungen, dessen Produktionsdesign sich nicht vor Spielfilm-Produktionen zu scheuen braucht.

Update: Der Film wurde wieder depubliziert.