Am 18. September wird in Berlin ein neuer Senat das Abgeordnetenhaus neu gewählt. Es ist also an der Zeit, die Wahlprogramme zu studieren und auf Ankündigungen in Sachen Open Data und Open Government abzuklopfen. In Berlin immerhin existiert eine rege Open-Data-Szene, zu der auch einige Beamte aus den Senatsverwaltungen zählen; zusammen organisierte man etwa einen Open Data Day im Mai. Es gibt also durchaus Interesse am Umgang mit Datensätzen der öffentlichen Hand.
Glaubt man den jüngsten Umfragen, wird die Koalition aus SPD und Linke nicht ein drittes Mal regieren. Doch wie offen und transparent könnte das Regierungshandeln einer möglichen rot-grünen, rot-schwarzen oder grün-schwarzen Landesregierung sein?
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Es ist beeindruckend, mit welcher Konsequenz die britische Regierung Open Data als Teil ihres Handelns versteht. Nicht weniger als eine „komplette Revolution der Transparenz“ kündigte der britische Premier David Cameron am Donnerstag an. Nachdem in den vergangenen zwölf Monaten vornehmlich Datensätze der Regierung und der Ministerien zugänglich gemacht wurden, konzentriert sich die Politik nun auf den öffentlichen Dienst. Datensätze aus vier Bereichen werden dabei besonders Beachtung erfahren, schrieb Cameron in einem Brief an seine Kabinettskollegen: aus dem Gesundheitssystem, der Bildung, der Strafjustiz sowie aus dem Transportwesen (Straße & Schiene).
Es gehe darum, schreibt Cameron in einem Beitrag für die Tageszeitung The Telegraph, den Bürgern Informationen an die Hand zu geben, damit diese informierte Entscheidungen treffen können: Welche Schule wähle ich für mein Kind, welches Krankenhaus bietet die besten Behandlungsmöglichkeiten? Für die Institutionen selbst werde es nun möglich, detailliert ihre Leistungen zu vergleichen und so ihre Standards zu verbessern. Cameron ist sich sicher, dass offenere Daten für mehr Konkurrenz darum sorgen, „der Beste zu sein“.
Ende Juli soll in Großbritannien ein neues Bürgeportal starten. FixMyTransport will helfen, Schäden und Probleme im öffentlichen Nahverkehr unkompliziert an die richtigen Adressaten zu senden, daher direkt an das zuständige Verkehrsunternehmen.
Die Idee dazu stammt von dem gemeinnützigen Unternehmen mySociety aus Großbritannien. Das steckt hinter zahlreichen Bürgerbeteiligungsprojekten, die längst ähnlichen Vorhaben in anderen Ländern als Vorbild dienen. Getrost kann mySociety daher als eine der Triebfedern im Bereich Open Government gelten.
So inspirierte das mySociety-Projekt FixMyStreet beispielsweise den Maerker Brandenburg oder auch die Seite SeeClickFix in den USA. Sämtlich Angebote, die es Bürgern erlauben, ihrer zuständigen Verwaltung Mängel im öffentlichen Raum zu melden, seien es nun kaputte Parkbänke oder gefährliche Straßenschäden. Für Behörden sind solche Seiten ein Kanal, über den sie gelöste Probleme an die Bürger zurückmelden können.
Transparenz herstellen und Beteiligung möglich machen – das sind die Grundsätze von mySociety. Dabei wollen die Initiatoren auch vor sich selbst nicht halt machen. Gerade erschienen zwei Studien über das Projekt. Fast ein Jahr lang wurden tausende von Nutzern befragt. Es gehe darum, eine Skala zu entwickeln, um Einfluss und Auswirkungen aller mySociety-Angebote miteinander vergleichen zu können, sagte Tobias Escher, Kommunikationswissenschaftler und Doktorand in Oxford.
Vergangenen Mittwoch sind in den USA die Gewinner der Knight News Challenge bekanntgegeben worden. Der Wettbewerb der amerikanischen Knight Foundation fand zum fünften und letzten Mal statt. Unter den Preisträgern sind einige Datenprojekte, die sowohl unter dem Aspekt Open Data als auch unter dem des Datenjournalismus vielversprechend sind. Ein Überblick über fünf der insgeamt 16 Gewinner, auf die sich 4,7 Millionen Dollar Fördergelder aufteilen.
DocumentCloud, das bereits 2009 die Knight News Challenge gewann, erhält ein weiteres Mal Geld. Zahlreiche amerikanische Zeitungen nutzen das System bereits, das einerseits Dokumente automatisch nach bereits im Netz vorhanden Informationen durchsucht. Und andererseits das Organisieren von Dokumenten innerhalb einer Redaktion ermöglicht und deren Veröffentlichung erlaubt (hier z.B. das Geburtszertifikat von Barack Obama). Mit der zweiten Förderung in Höhe von 320.000 Dollar will das Projekt aus dem Umfeld der New York Times ermöglichen, dass Leser einer Zeitung an Dokumenten mitarbeiten können. Das System also als Plattform für Crowdsourcing dienen kann.
Gleich zwei Preisverleihung gab es Ende vergangener Woche in Brüssel. Dort tagte Donnerstag und Freitag die erste „Digital Agenda Assembly“ der EU. Die Vizepräsidentin der EU-Komission, Neelie Kroes, stellte zu Beginn der zweitägigen Veranstaltung ihren „Statusbericht zur digitalen Union“ vor (ihre Rede auf Englisch als Video). Anhand eines Digital Scoreboard wurde der Stand der Dinge dokumentiert: Beispielsweise wie gut die Breitbandversorgung in den Mitgliedstaaten ist. Oder wieviele Geschäfte online abgewickelt werden.
Auf sieben Säulen ruht die europäische digitale Agenda. Die siebte namens „ICT-enabled benefits for EU society“ steht auch für Open Data. Im offiziellen Sprachgebrauch auch als „Public Sector Information“ (PSI) verstanden. So war es nur folgerichtig, dass die Gewinner des ersten paneuropäischen Open-Data-Wettbewerbs, den auch ZEIT ONLINE als Medienpartner unterstützte, in Brüssel gekürt wurden. Der jeweils erste Preis dieser Open Data Challenge ging an:
Interaktive Karte zur Verletzlichkeit von Ländern durch Umweltgefahren
Wie anfällig sind Länder für Probleme durch Umweltgefahren? Darauf versucht der erste Weltrisikobericht, der gestern in Bonn vorgestellt wurde, eine Antwort zu geben. Der 70-seitige Report ist ein Gemeinschaftswerk mehrerer entwicklungspolitischer Organisationen unter dem Dach „Entwicklung Hilft“ sowie der Universität der Vereinten Nationen. Die unterhält in Bonn das Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit (UNU-EHS)
Der Bericht steckt voller Karten und Daten. Erfreulicherweise wurde ein Teil der Informationen gleich als Datensatz veröffentlicht (allerdings nicht als Open Data unter einer Lizenz wie Creative Commons).
Die interaktive Karte oben basiert auf dem Rohdatensatz zu allen Ländern (xls). Sie zeigt den Vulnerabilitätsindex“, der sich aus folgenden Indikatoren zusammensetzt:
Die Anfälligkeit gegenüber Umweltkatastrophen wie Wirbelstürme oder Überschwemmungen.
Mangel an Bewältigungskapazitäten des jeweiligen Landes bei akuten Geschehen
Anpassungskapazität: Inwieweit ist das jeweilige Land in der Lage, sich strukturell zu ändern, um auf Dauer weniger verletzlich zu sein.
Die Zahl der Ehec-Neuerkrankungen wird glücklicherweise geringer. Die Suche nach der Quelle und den Ausbreitungswegen aber ist noch immer nicht beendet. Stellt sich die Frage: Hätten Methoden wie Open Data und Crowdsourcing helfen können, das Krisenmanagement der Bundesregierung und der zuständigen Behörden zu verbessern?
Tatsächlich haben Wissenschaftler auf eben diese Verfahren gesetzt: Das medizinische Universitätszentrum Hamburg-Eppendorf veröffentlichte mittlerweile zusammen mit dem BGI-Shenzhen die Analysedaten des Bakterium-Genoms als Public Domain – also ohne Einschränkungen durch eine Lizenz. Dadurch können Mediziner weltweit sich ohne Probleme an der Untersuchung des betreffenden Strangs von Ehec beteiligen.
An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können sich externe Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Herr Wehrmeyer, Sie versuchen seit einiger Zeit, Verkehrsunternehmen zu bewegen, ihre Fahrpläne über offene Schnittstellen anzubieten. Wie ist die Resonanz?
Stefan Wehrmeyer: Die Resonanz derjenigen, die am Nahverkehr interessiert sind, war sehr positiv. Die Forderung nach offenen Fahrplandaten leuchtet den meisten ein. Nur die Verkehrsunternehmen selbst reagieren eher reserviert.
Speziell in Berlin scheint es Probleme zu geben. Worum geht es dabei?
Wehrmeyer: Der Verkehrsbund Berlin Brandenburg (VBB) reagierte auf den Appell mit Unverständnis: die Daten seien doch da, man müsse nur fragen. Allerdings gab es keinen Bereich auf der Website der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) oder des VBB, der überhaupt die Herausgabe von Daten an Entwickler erörtert. Der VBB hat nun eine Seite für Entwickler angelegt und das ist ein guter erster Schritt. Die dort veröffentlichten Bedingungen schränken aber leider die Nutzung sehr ein.
Was stört Sie an den Nutzungsbedingungen?
Wehrmeyer: Mich stört einiges. Zum Beispiel, dass die Daten nicht unter einer freien Lizenz veröffentlicht werden. Auch die Verknüpfung mit anderen Daten, ein sogenanntes Mashup, muss explizit erlaubt werden. Die Erhebung statistischer Daten zur Qualität des Nahverkehrsangebots ist gleich ganz verboten. Außerdem ist in den Bedingungen die Rede von Geheimhaltung, von Wirtschaftsprüfung und von Prüfung von Sicherheitssystemen. Da hat es die Rechtsabteilung definitiv zu gut gemeint. Durch solche Bedingungen steigt die Hürde enorm, etwas mit den Daten zu erstellen. Auf Nachfrage beteuerte der VBB, alles nicht so strikt zu meinen, aber leider lesen sich die Nutzungsbedingungen wie ein Knebelvertrag.
Die britische Regierung arbeitet am Nachfolger eines schon länger existierenden zentralen Bürgerportals – in Deutschland bleibt bei Fragen zur Verwaltung nur der Weg über die Suchmaschine.
Noch bis Ende Juni experimentiert die britische Regierung mit einem zentralen Bürgerportal. Die Seite alpha.gov.ukist ein Prototyp und offen für Kritik. Ihre Idee: Bürger sollen dort einen zentralen Einstiegspunkt finden, um Antworten auf alle möglichen Fragen zu erhalten, vom Urlaubsgeld über den Kindergartenplatz bis hin zum Führerscheintest oder dem verlorenen Reisepass.
Bereits seit 2004 gibt es das ähnliche Angebot direct.gov.uk. Jedoch ist die Seite überladen und wirkt mittlerweile altertümlich. Außerdem gab es von Anfang an Kritik an ihr; Aktivisten bauten schnell eine Alternative dazu auf, directionslessgov.com stellte die Ergebnisse des offiziellen Angebots den Ergebnissen der Suchmaschine Google gegenüber, um die Unübersichtlichkeit von direct.gov.uk zu demonstrieren.
Nun also ein neuer Versuch. Zwei Elemente sind an alpha.gov.uk vor allem neu. Erstens kann ein Nutzer der Website etwa per Postleitzahl seine Position mitteilen. Er erhält dann Hinweise auf Ämter oder Angebote in seiner Nähe. Zweitens findet er verschiedene Werkzeuge, um beispielsweise die Höhe des Urlaubsgeldes zu berechnen oder einen Pass zu beantragen.
Entwicklungshilfe ist umstritten. Die einen sehen darin ein Geldverbrennungsprogramm mit minimalem Nutzen; die anderen verweisen auf diverse Indikatoren, die die Erfolge von Entwicklungsbemühungen belegen.
Open Data kann in diesem Bereich durch Transparenz Vertrauen schaffen. So lautet zumindest der Ansatz der Weltbank. Vor einem Jahr begann sie damit, ihre Datensätze zu öffnen und sie im Angebot data.worldbank.org zu präsentieren. Inzwischen lassen sich darüber für nahezu alle Länder der Erde 7.000 Entwicklungsindikatoren abfragen: Etwa zu Bildung, Energie, Arbeitsmarkt oder Wirtschaftstätigkeit. Die Daten können dann in maschinenlesbaren Formaten heruntergeladen werden, was erlaubt, aus ihnen Karten und Diagramme zu bauen.
Was also geschieht nun mit den Milliarden, die Industriestaaten an die sogenannte Dritte Welt überweisen? 2005 erarbeitete die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) die Pariser Erklärung zur Effizienz von Entwicklungshilfe. Aus diesem ging dann 2008 die „International Aid Transparency Initiative“ IATI hervor. Sie ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Staaten, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen mit derzeit 19 Partnerländern. Dank einheitlicher Kriterien wollen diese Entwicklungsvorhaben besser aufeinander abstimmen und besser evaluieren.