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Happy Einheit!

Der Tag der Deutschen Einheit wird ja immer sehr offiziell begangen. Große und kleine Festakte gibt es, bei denen Rednerinnen und Redner den aktuellen Stand der Einheit – je nach politischer Richtung oder geografischer Herkunft – loben, beklagen oder in einigen Aspekten kritisieren. Das ist das offizielle Deutschland. Weiter„Happy Einheit!“

 

Ferien in Prora

In Prora auf der Insel Rügen steht ein riesiger, ziemlich hässlicher grauer Betonklotz. Der rund fünf Kilometer lange Bau zieht sich am Strand entlang, er ist mehrere Stockwerke hoch und steht heute größtenteils leer. Das Ding wurde von 1936 bis 1939 gebaut. Die Nazis beziehungsweise ihre Organisation für den organisierten Urlaub – „Kraft durch Freude“ (KdF) – schuf hier ein „Seebad der 20.000“, mit eigener Schiffsanlege-Stelle, großem Klubhaus für Parteiveranstaltungen etc. Die „20.000“, die hier Urlaub machen sollten, also der männliche Teil davon, wurde 1939 in einen Abenteuerurlaub der besonderen Art geschickt, nach Polen und später auch nach Frankreich, Norwegen, Russland und auf den Balkan. Der weibliche Teil blieb zu Hause und das Seebad blieb leer.

Mehr als 70 Jahre später scheint der Klotz nun doch seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt zu werden. In einem Teil des Gebäudes werden demnächst Ferien- und Eigentumswohnungen gebaut. Investoren aus Berlin und Binz wollen in Block II des Bauwerks etwa 30 Wohnungen errichten. Im nächsten Sommer sollen die ersten fertig sein.

Nun soll den Investoren hier nicht unterstellt werden, ein Projekt der Nazis fortsetzen zu wollen. Weiter„Ferien in Prora“

 

Nase vorn im Förder-Wettlauf?

Thüringen hat im Jahr 2011 mit Fördermitteln Investitionen im Land in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeschoben. Diese Erfolgsmeldung verkündete Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) am 19. September im Landtag in Erfurt. Damit sei Thüringen „das erfolgreichste Land“ im Osten, „was Investitionen angeht“. Besser noch als der in den letzten 20 Jahren oft beneidete Nachbar Sachsen, der beim Aufholwettbewerb mit dem Westen meist die Nase vorn hatte – im Ost-Vergleich, versteht sich. Sachsen hat es nämlich nur auf 1,2 Milliarden Euro gebracht.

Wie viele Millionen Euro Fördergeld Thüringen beigesteuert hat, um die 1,5 Milliarden ins Land zu holen, hat Machnig nicht näher erläutert. Weiter„Nase vorn im Förder-Wettlauf?“

 

Heimatliebe zum Niedriglohn

In Sachsen-Anhalt gibt es einen Mangel an Fachkräften. Das hat die Regierung in Magdeburg erkannt. Viele Unternehmen, besonders die kleinen, aber offenbar nicht. Deshalb hat die Landesregierung „Regio-Coaches“ losgeschickt, die, so lesen wir in der Mitteldeutschen Zeitung, den Handwerksmeistern und Unternehmern Möglichkeiten zeigen, wie man Fachkräfte gewinnen kann.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat herausgefunden, dass es im Osten mehr Geringverdiener gibt als im Westen. Demnach, so lesen wir dazu in der Frankfurter Rundschau, bekommen im gesamtdeutschen Vergleich 40 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten in Ostdeutschland weniger als 1.802 Euro im Monat. Diesen Wert hat der DGB als bundesweite Niedriglohnschwelle errechnet. Setzt man eine nur für die neuen Bundesländer geltende Niedriglohnschwelle an, so landet man – laut DGB – bei einer Grenze von 1.379 Euro monatlich. Und die unterschreitet im Osten immerhin noch jede/r fünfte Arbeitnehmer/in. Im ost-internen Ranking hat Brandenburg die wenigsten Niedriglöhner, Mecklenburg-Vorpommern die meisten. Die anderen drei Ost-Länder liegen dazwischen. Weiter„Heimatliebe zum Niedriglohn“

 

Der Papst war hier…

Was die Wiederverwertung – heute sagt man Recycling – von Materialien betraf, so waren die Menschen in der DDR außerordentlich einfallsreich und geschickt. Mein Großvater bastelte aus Metallstäben und Muttern in stundenlanger Handarbeit Schrauben, die später bei den Nachbarn in Gartenschuppen und Zäunen Verwendung fanden. Als in den 1980er-Jahren neben anderem auch die Poppermode-Welle via Westfernsehen und -radio in die DDR hinüberschwappte, schneiderten geschickte Mütter ihren Söhnen und Töchtern aus Bettlaken oder ähnlichem Material schicke Karottenhosen. Und dass in den Schulen fleißig Altpapier für die Wiederverwertung gesammelt wurde, ist ja allgemein bekannt. Wobei Altpapier auch im Kapitalismus mittlerweile ein Rohstoff ist, für den man beim Sekundärrohstoffhändler fünf bis acht Cent pro Kilo erhält.

Wer jahrzehntelange Übung darin hat, Materalien aller Art einer mehr oder weniger sinnvollen Wiederverwendung zuzuführen, verlernt das auch nach Einführung der Marktwirtschaft nicht so schnell. Das beweist auf durchaus pfiffige Weise das Bistum Erfurt. Weiter„Der Papst war hier…“

 

Fußball für Geld? Nö, bloß keinen Kommerz

Die Märkische Oderzeitung hat neulich Herz gezeigt. Oder wollte es zumindest. Das Blatt druckte die Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) „Nach Fanprotesten: RB Leipzig findet keine Spielgefährten“, änderte aber die Überschrift in „Niemand will mit RB Leipzig spielen“. Schwer zu sagen, was nun hämischer klingt, die Schlagzeile der Nachrichtenagentur oder die des Blatts aus Frankfurt (Oder). Dabei haben beide sicher hehre Ziele: Sie berichten über einen Verein, der sich Mühe gibt und dabei nicht so richtig glücklich wird Weiter„Fußball für Geld? Nö, bloß keinen Kommerz“

 

Ostdeutsche Landeskunde: Die Eierscheckengrenze

Broiler statt Brathähnchen, viertel oder dreiviertel bei den Uhrzeiten – solche Beispiele ostdeutscher Spracheigenheiten sind weithin bekannt. Doch es gibt viele weniger berühmte Feinheiten, die durchaus interessant sind und die kennen sollte, wer als Nicht-Ostdeutscher hier nicht auffallen will, sei er nun Ex-RAF, Raffke oder einfach nur gern raffiniert. Darum nun eine lose Folge von Begriffserklärungen, die mit einer inner-ostdeutschen Kuchengrenze beginnt. Weiter„Ostdeutsche Landeskunde: Die Eierscheckengrenze“

 

Pioniergeist gefragt

Studieren im Osten – geht das? „Grundsätzlich ja, aber …“ lautet die aktuelle Antwort von Jugendlichen aus den zehn alten Bundesländern in einer aktuellen Umfrage der Hochschulinitiative Neue Bundesländer (Berlin kann nicht mehr so richtig getrennt erhoben werden, deswegen lassen wir das mal außen vor). Warum entscheiden sich Schulabgänger für welche Uni? Die Argumente sind vielfältig: „Endlich weg von zu Hause!“, „Bloß nicht so weit weg von zu Hause!“, „Mal was Neues kennenlernen“, „Die stärksten Professoren, fachlich meine ich, sind da und da …“.

Alle Faktoren zusammengezählt, extrapoliert, Ausreißer rausgerechnet sowie Pillenknick und Kondomkrise bedacht, kommt heraus: Der Osten fetzt nicht. Weiter„Pioniergeist gefragt“

 

1.000 Milliarden für den Osten

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 3. September Sachsen besucht und dabei mit Lob nicht gespart. Vor allem lobte der Bundespräsident vor dem Diplomatischen Korps, das er aus Berlin mit an die Elbe nach Dresden gebracht hatte, den Aufbaugeist und die Aufbauleistung der Sachsen in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten. Wäre Ostdeutschland, so schmeichelte Gauck seinen Gastgebern, nicht 40 Jahre lang von kommunistischer Zwangsherrschaft regiert worden, hätte Sachsen wohl jetzt den Entwicklungsstand Baden-Württembergs. Also in wirtschaftlicher Hinsicht.

Gleiches war am selben Tag aus Thüringen zu vernehmen. Dort nannte Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) den „Aufbau Ost“ eine Erfolgsgeschichte. Doch Machnig wäre nicht der besorgte Lenker und Steuermann, als der er sich sieht, wenn er nicht Wermut in den Lobesbecher geträufelt hätte. Weiter„1.000 Milliarden für den Osten“

 

Heldenstadt-Blogger

Leipzig ist ja die Heldenstadt. Weil sie bzw. ihre Einwohner im Herbst 1989 die ersten waren, die gegen das SED-Regime in der DDR auf die Straße gingen. Der Titel Heldenstadt ist – im Gegensatz zum Beispiel zu „Lutherstadt“ – kein offizieller, obwohl immer wieder mal darüber diskutiert wird. Eher so eine Art Selbstbetitelung oder -beweihräucherung. Wenn es diesen Titel offiziell gäbe, wäre Leipzig natürlich die erste, die ihn verliehen bekäme. Oder nein, vermutlich käme Plauen als erste dran, weil dort damals sogar noch eher gegen die SED demonstriert wurde.

Die Heldenstadt Leipzig gibt es auch im Internet. Unter www.heldenstadt.de bloggen „Privatleute“ aus und über die Stadt. Darüber, was es Neues gibt, worüber man sich aufregen oder freuen kann, was eben so passiert. Auf der Website gibt es auch eine Liste mit allerlei Leipzig-Blogs. Die umfasst inzwischen mehr als 100 Links und wird nach Auskunft der heldenstadt-Betreiber ständig aktualisiert. Es lohnt sich, in dieser Liste zu stöbern. Da gibt es Blogs von Künstlern und Kunstfreunden, von Fußballfans (was in Leipzig, nun ja, doch ein hartes Brot ist), von Genießern und Hobbyköchen, Literaten, Lokalpatrioten und von Leuten, die sich einfach nur der Welt mitteilen wollen. Man lernt Lieblingsorte kennen oder „Helden des Alltags“ . Und damit auch ein wenig die Heldenstadt.