„Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann seh’n wir uns Bitterfeld“. Diesen Satz sagt der Hauptdarsteller im Film Go Trabi Go beim Aufbruch der Familie aus Bitterfeld mit dem Trabi in Richtung Süden, nach Italien, ans Meer. Der Spruch hat seinen Ursprung in der DDR, wo er den Zustand der Chemie-Stadt Bitterfeld versinnbildlichte, die mit ihren Chemiewerken, Schmutz, tropfenden Leitungen und verpesteter Luft so etwas wie die Hölle auf Erden war.
Erfurt und Jena, die beiden größten Städte Thüringens, pflegen ein seltsames Verhältnis zueinander. Man könnte es als demonstrative Geringschätzung beschreiben. Die drückt sich unter anderem darin aus, dass der Jenaer – es gibt hier eine feine Unterscheidung zwischen Jenaer und Jenenser, die irgendwie mit Umständen der Geburt zusammenhängt, auf deren Details ich aber an dieser Stelle nicht eingehen will – die etwa 40 Kilometer entfernte Landeshauptstadt in aller Regel Vieselbach nennt. Das ist ein Dorf am Rand von Erfurt. In Erfurt wiederum spricht man mit spitzen Lippen von Stadtroda, wenn man Jena meint. Weiter„„Dieser Zug hält nicht in Weimar““
Kleingärten sind eigentlich kein richtiges Ost-West-Thema. Dr. Schrebers Saat, die einst von Leipzig aus über ganz Deutschland verstreut wurde, trieb ihre fruchtbaren Blüten deutschlandweit. Ostdeutsch allerdings ist die intensivere Nutzung der Gärten. Nach Angaben der Linksfraktion im Bundestag kommen in Westdeutschland auf 1000 Einwohner zwölf genutzte Kleingärten, im Osten sind es 36. Ebenso ostdeutsch wie die ausgedehnte Gartennutzung ist aber auch der aktuelle Schwund in diesem Bereich.
Grob gesagt gibt es genau zwei stramme Entwicklungen: Zum einen verschwinden die Gärten, weil die Pächter in den kleinen Städten wegsterben. Ganz besonders groß sind Leerstand und Aufgabe der Gärten in den Kleinstädten Sachsen-Anhalts und Thüringens. So klagen die Vereine in Zeitz, Stendal, Sangerhausen oder Greiz über Leerstand.
Dort aber, wo noch immer fleißig gebuddelt wird – vor allem in den größeren Städten, so auch in Berlin – geraten die Kleingärten wieder in das Visier von Bauwilligen. Weiter„Famos gegen Himmel und Erde“
Papier ist bekanntermaßen geduldig. Drucken darf heute jeder, solange die Botschaft verfassungskonform ist, sogar Lügen ist erlaubt. Vor der schrillfarbigen Flut von Werbeprospekten schützen wir uns durch Aufkleber am Briefkasten.
Diktatoren fürchten die auf Papier verbreitete Botschaft, könnte sie doch die Massen mobilisieren. Auch in der letzten deutschen Diktatur bedurfte daher jede Druckproduktion einer Genehmigung. Für seinen Mut, diese Schranke trickreich zu umgehen, hat der damalige sächsische Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider jetzt von Joachim Gauck den Bundesverdienstorden erhalten. Weiter„Protest auf Papiervlies“
Der Tag der Deutschen Einheit wird ja immer sehr offiziell begangen. Große und kleine Festakte gibt es, bei denen Rednerinnen und Redner den aktuellen Stand der Einheit – je nach politischer Richtung oder geografischer Herkunft – loben, beklagen oder in einigen Aspekten kritisieren. Das ist das offizielle Deutschland. Weiter„Happy Einheit!“
Im Grunde hat Bundesinnenminister Friedrich recht, wenn er feststellt, dass Rechtsextremismus in Ostdeutschland ein ernstes Problem ist. Recht haben aber auch andere, die darauf hinweisen, dass es Rechtsextremismus nicht nur im Osten gibt. Wenn diese anderen aber glauben, sie würden dem Minister damit widersprechen, dann stimmt das nicht. Auch stimmt es nicht, dass das Problem im Osten größer sei als anderswo. Weiter„Friedrich hat recht!“
In Prora auf der Insel Rügen steht ein riesiger, ziemlich hässlicher grauer Betonklotz. Der rund fünf Kilometer lange Bau zieht sich am Strand entlang, er ist mehrere Stockwerke hoch und steht heute größtenteils leer. Das Ding wurde von 1936 bis 1939 gebaut. Die Nazis beziehungsweise ihre Organisation für den organisierten Urlaub – „Kraft durch Freude“ (KdF) – schuf hier ein „Seebad der 20.000“, mit eigener Schiffsanlege-Stelle, großem Klubhaus für Parteiveranstaltungen etc. Die „20.000“, die hier Urlaub machen sollten, also der männliche Teil davon, wurde 1939 in einen Abenteuerurlaub der besonderen Art geschickt, nach Polen und später auch nach Frankreich, Norwegen, Russland und auf den Balkan. Der weibliche Teil blieb zu Hause und das Seebad blieb leer.
Mehr als 70 Jahre später scheint der Klotz nun doch seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt zu werden. In einem Teil des Gebäudes werden demnächst Ferien- und Eigentumswohnungen gebaut. Investoren aus Berlin und Binz wollen in Block II des Bauwerks etwa 30 Wohnungen errichten. Im nächsten Sommer sollen die ersten fertig sein.
Nun soll den Investoren hier nicht unterstellt werden, ein Projekt der Nazis fortsetzen zu wollen. Weiter„Ferien in Prora“
In meinem Garten in Leipzig wächst seit Mai ein Feigenbaum. Es handelt sich um eine „Pfälzer Fruchtfeige“ aus dem Baumarkt. Das Bäumchen war billig, weshalb es nicht schlimm wäre, wenn es den Winter nicht überlebt. Es würde mich wohl traurig machen. Als Laie auf dem Gebiet der Maulbeer-Gewächse leite ich jedoch von dem Namen ab, dass mein Bäumchen seine Vorfahren in der Pfalz hat. Ein bisschen Frost sollte da schon drin sein.
Die Hoffnung wächst also mit jedem Feigenblatt. Seit gestern aber schießt sie richtig ins Kraut: Mit Spannung erwarte ich die angekündigten Klimawandel-Szenarien für Deutschland. Zum ersten Mal haben Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) e.V. und der Berliner Humboldt-Universität die Auswirkungen des Temperaturanstiegs bis 2100 auf alle deutschen Landkreise herunter gerechnet. Ab Dezember gibt es die Ergebnisse im Netz – auf www.klimafolgen.online.com. Dann schaue ich sofort nach, wie’s in meinem Garten wird. Weiter„Feigenblatt und Klimawandel“
Thüringen hat im Jahr 2011 mit Fördermitteln Investitionen im Land in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeschoben. Diese Erfolgsmeldung verkündete Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) am 19. September im Landtag in Erfurt. Damit sei Thüringen „das erfolgreichste Land“ im Osten, „was Investitionen angeht“. Besser noch als der in den letzten 20 Jahren oft beneidete Nachbar Sachsen, der beim Aufholwettbewerb mit dem Westen meist die Nase vorn hatte – im Ost-Vergleich, versteht sich. Sachsen hat es nämlich nur auf 1,2 Milliarden Euro gebracht.
Wie viele Millionen Euro Fördergeld Thüringen beigesteuert hat, um die 1,5 Milliarden ins Land zu holen, hat Machnig nicht näher erläutert. Weiter„Nase vorn im Förder-Wettlauf?“
In Sachsen-Anhalt gibt es einen Mangel an Fachkräften. Das hat die Regierung in Magdeburg erkannt. Viele Unternehmen, besonders die kleinen, aber offenbar nicht. Deshalb hat die Landesregierung „Regio-Coaches“ losgeschickt, die, so lesen wir in der Mitteldeutschen Zeitung, den Handwerksmeistern und Unternehmern Möglichkeiten zeigen, wie man Fachkräfte gewinnen kann.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat herausgefunden, dass es im Osten mehr Geringverdiener gibt als im Westen. Demnach, so lesen wir dazu in der Frankfurter Rundschau, bekommen im gesamtdeutschen Vergleich 40 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten in Ostdeutschland weniger als 1.802 Euro im Monat. Diesen Wert hat der DGB als bundesweite Niedriglohnschwelle errechnet. Setzt man eine nur für die neuen Bundesländer geltende Niedriglohnschwelle an, so landet man – laut DGB – bei einer Grenze von 1.379 Euro monatlich. Und die unterschreitet im Osten immerhin noch jede/r fünfte Arbeitnehmer/in. Im ost-internen Ranking hat Brandenburg die wenigsten Niedriglöhner, Mecklenburg-Vorpommern die meisten. Die anderen drei Ost-Länder liegen dazwischen. Weiter„Heimatliebe zum Niedriglohn“