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Bangen um Menschenrechtsaktivistin in Bahrain

 

Unerfreuliche Nachrichten aus Bahrain: Die weltweit bekannte Menschenrechtsaktivistin Maryam al-Khawaja wurde zwar aus der Haft entlassen, darf jedoch das Land bis zu ihrem Prozess nicht verlassen. Am 1. Oktober soll eine erste Anhörung vor dem Obersten Gericht stattfinden – ein schlechtes Zeichen, denn dort werden vor allem schwerwiegende Tatvorwürfe verhandelt.

Die dänische Staatsbürgerin bahrainischer Herkunft wurde am 30. August verhaftet, als sie nach Manama einreisen wollte, um ihren Vater Abdulhadi al-Khawaja – ebenfalls Menschenrechtsaktivist und seit August im Hungerstreik – zu besuchen. Es steht zu befürchten, dass Bahrain mit Maryam ähnlich drastisch umgehen wird wie mit ihrem Vater.

Als einer der wichtigsten Organisatoren des Bahrainischen Frühlings 2011 muss Abdulhadi al-Khawaja eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen, wegen angeblichen Terrorismus. Wann wird diese Catch-all-Straftat, die auf der ganzen Welt zur Kriminalisierung von Protestbewegungen dient, endlich abgeschafft? Für all jene, die andere verletzen oder gar töten, hält jedes Strafgesetzbuch der Welt ohnehin schwere Strafen bereit.

Wer Maryam persönlich erlebt hat, ist von ihr beeindruckt. Sie ist eine dieser jungen, globalen Aktivistinnen, stets online, stets tweetend, immer bereit, sich einzusetzen und dabei sehr verlässlich. So etwa, als wir unsere Beschwerden gegen den Export von Überwachungssoftware aus Deutschland oder Großbritannien nach Bahrain besprachen und diese im Januar 2013 gemeinsam auf einer Pressekonferenz in Berlin vorstellten. Als wir beim Mittagessen damals über ihre jüngste Reise nach Bahrain sprachen, bewunderte ich ihren Mut, denn es war klar, dass ihre Schritte überwacht werden, dennoch erkannten sie die Menschen dort auf der Straße und begrüßten sie freudig. Doch ich machte mir auch Sorgen – und jetzt noch mehr, angesichts der drohenden Strafe.

Und was macht die EU?

Denn mit Bahrain als einem der engsten Verbündeten Saudi-Arabiens wollen es sich die westlichen Staaten nicht verderben. Der Ölreichtum, die geostrategische Lage im Nahen Osten, und das nicht erst seit dem Vormarsch von IS… Der dänische Staat übt sich in stiller Diplomatie, ein leider zu oft genutztes Synonym für pflichtgemäßen Protest nach außen, der aber nicht wirklich wehtun soll. Sicher, Dänemark ist ein kleines Land, das vielleicht nur wenig Druck auf den Ölriesen ausüben kann.

Doch was macht der Friedensnobelpreisträger Europäische Union? Immer wieder versichern uns EU-Funktionäre und EU-Regierungen, die EU setze sich weltweit für Menschenrechte und vor allem für bedrohte Menschenrechtsverteidiger ein. Der Europäische Rat beschloss im Januar 2012 justament auf dänisch-deutsche Initiative, dass die EU ihr Engagement in diesem Bereich fortsetzen und ihr volles Gewicht für die Anwälte der Freiheit und Demokratie in der ganzen Welt einsetzen will.

Volles Gewicht? Eine junge Dänin, international anerkannt als Menschenrechtsverteidigerin, gern gesehen bei unseren Konferenzen, saß fast drei Wochen in Haft, ihr droht ein unfaires Verfahren und eine drakonische Strafe – in der Nachbarschaft der Zelle ihres Vaters. Schön wäre es, wenn die Diplomaten – ob still oder laut – einmal außenpolitische und wirtschaftliche Interessen hintanstellten und es nicht dazu kommen ließen.

Wolfgang Kaleck ist Berliner Rechtsanwalt und Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Kaleck hat sich in den vergangenen Jahren mit Menschenrechtsverletzungen in Argentinien bis Abu Ghraib und Kolumbien bis Philippinen beschäftigt; aktuell ist der NSA-Whistleblower Edward Snowden einer seiner Mandanten.