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Adorno und Horkheimer: Kann Aufklärung scheitern?

 

Aus unserer Serie: Einführung in die Philosophie

Horkheimer Adorno Dialektik der Aufklärung
© ZEIT ONLINE/Norbert Bayer

Es gab die historische Epoche der Aufklärung, aber es gab auch danach totalitäre Regime und Weltkriege. Wie kann das sein? Müssten nicht mündige Menschen, wie Immanuel Kant es in Zum Ewigen Frieden beschreibt, keinen Krieg wollen, besonders nach den neuen Gründen, die die Aufklärung aufgestellt hat, nämlich vernunftbegründete Bürger- und Menschenrechte?

Adorno und Horkheimer formulieren 1944 eine These dazu: Aufklärung hebelt sich selbst aus, schreiben sie in ihrer Dialektik der Aufklärung. Denn in der Epoche der Aufklärung entstand auch ein neues Wirtschaftssystem, eines, das auf Marktwert und Arbeitsteilung beruht, und das, so Adorno und Horkheimer, in einer Weise um sich greift, in der letztlich alles durch einen Marktwert, durch seine Qualität als Handelsgut betrachtet wird. Dazu kommt die Entwicklung der Einzelwissenschaften, die ebenfalls gemäß des Prinzips der Arbeitsteilung auf ihre jeweiligen Forschungsgegenstände konzentriert sind. Diese Vereinzelung der Arbeitsbereiche birgt ein Problem: Während beispielsweise ein Maschinenbauer im Rahmen seiner Einzelwissenschaft so aufgeklärt wie nur möglich agiert, bietet ihm diese Einzelwissenschaft nicht die Möglichkeit, sein eigenes Tun kritisch zu beleuchten. Dies führt zur Verabsolutierung des Gedankens des vernunftgeleiteten wissenschaftlichen Fortschritts. Beispielsweise in Form eines Technikfetischs: Die monumentalen technischen Großanlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus sind Zeugnis für eine solche Entwicklung.

Zwar baut heutzutage niemand mehr so große Kanonen, aber Beispiele dafür, dass Technik als Selbstzweck verwendet wird, lassen sich einfach finden. Die überflüssige Powerpoint-Präsentation zu einem dünnen Referatsthema ließe sich anführen. Und vielleicht, so könnte man überlegen, werden sogar zwischenmenschliche Handlungen und Zuneigung in Form des gegenseitigen Markthandels gebracht, indem sie, durch die Anzahl der „Gefällt mir“-Klicks aufgewertet, zwischen Nutzerprofilen in sozialen Netzwerken hin-und hergeschoben werden. Die Rede vom Steigern des „Marktwertes“ einer Person spricht für sich. Neuerdings lässt sich Philosophie selbst in Magazinform – mit Sammelkarten – kaufen.

Adorno und Horkheimer: Aufgaben und Materialien zur Vertiefung

Die Behandlung der Dialektik der Aufklärung setzt voraus, dass Sie bereits ein wenig Vorwissen zum Themenfeld Aufklärung haben. Unsere Beiträge zur Literatur der Aufklärung und den Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert können hilfreich sein, ein Grundverständnis für das Thema zu bekommen. Wenn Sie so weit sind, können Sie mit einer freien Erörterung über den empfundenen Zustand der Gesellschaft einsteigen:

Etwas konkreter wird die Problematik der Verselbständigung der Einzelwissenschaften in Patrick Süskinds Das Parfüm erkennbar. Der Protagonist, Grenouille, steht hier sinnbildlich für einen Wissenschaftsbetrieb, der sich selbst als höchstes Ziel setzt und die Interessen der Menschheit übergeht.

  • Versuchen Sie, die Geschichte Grenouilles anhand der Filmvorschau kurz zusammenzufassen.
  • Beurteilen Sie: Ist Grenouille ein guter Wissenschaftler?

Zugang über das Moment Technikfetisch. Beispiel:

Eisenbahngeschütz „Dora“ (Quelle: foto.arcor-online.net)

Dora war eine Kanone der Wehrmacht, benötigte zwei parallele Gleise zum Fahren und wog 1.350 Tonnen. Das Geschütz wurde bei nur einem einzigen Angriff eingesetzt.

  • Benennen Sie: Welche Gefühle stellen sich beim Betrachten des Bildes ein?
  • Benennen Sie die einzelnen Elemente im Bild.
  • Was ist der Zweck eines solchen Geschützes?
  • Wie stellen Sie sich den Einsatz vor? Erörtern Sie: Was könnte die Motivation gewesen sein, ein solches Geschütz zu bauen? Erörtern Sie auch: Wie muss das Selbstbild eines Ingenieurs sein, um ein solches Geschütz zu entwerfen?
  • Diskutieren Sie: Würden Sie einen solchen Ingenieur als aufgeklärt bezeichnen?
  • „Es gibt kein aufgeklärtes Zeitalter, sondern nur ein Zeitalter der Aufklärung“. Entwickeln Sie ein Programm, um Aufklärung in der Gesellschaft zu sichern. Wie müssten Schule und Erziehung funktionieren?

Foxconn-Mitarbeiter streiken (Quelle: www.zeit.de)

„Wie Apple in China produzieren lässt“ (Quelle: www.youtube.com)

Die „Erziehung zur Mündigkeit“ ist, besonders durch den Beitrag „Erziehung nach Auschwitz“, zu einem Klassiker der Erziehungswissenschaften geworden. Aufbauend auf die Kritische Theorie entwickelte sich die kritische Erziehungswissenschaft. Die Interviews sind auch als Printausgabe bei Suhrkamp erschienen.

Teil 2 – Teil 3 – Teil 4 –Teil 5

Geduldiges, sehr persönliches und theoretisches Portrait des Philosophen und Soziologen aus dem Jahr 1989.

Theodor W. Adorno und Max Horkheimer: Biografische Daten

Theodor W. Adorno (1903 – 1969), einer der wichtigsten Vertreter der kritischen Theorie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Max Horkheimer (1895 – 1973), nach dem Krieg Wieder-Errichter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt und Rektor der dortigen Universität, Mitgründer der Kritischen Theorie.

Biografie über Theodor W. Adorno (Quelle: www.classic.uni-graz.at). Kurzbiografie (Quelle: www.hdg.de)

Ausführliche Biografie über Max Horkheimer (Englisch) (Quelle: plato.stanford.edu). Kurzbiografie (Quelle: www.hdg.de)

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