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Heute in der ZEIT: Wer hat recht im Schulstreit?

Jetzt muss ich mal ganz plump Werbung für die Papier-ZEIT machen: Heute heißt die Titelgeschichte „Welche Schule ist die richtige?“ Auf vier Seiten im Ressort Chancen gibt es Orientierungshilfe im Schulstreit (Gymnasium, Gesamtschule, Primarschule …), der Bildungshistoriker Elmar Tenorth erklärt die historischen Hintergünde des Streits, es gibt Tipps für Eltern zur Schulwahl und eine Karte mit den unterschiedlichen Schulsystemen der Länder.

 

Pisa-Papst gegen Primarschule/aktualisiert

Aktualisiert am 14.6.10

Normalerweise mischt er sich nicht in die aktuelle Bildungspolitik ein: Jürgen Baumert, Deutschlands Erziehungswissenschaftler Nummer eins, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und, seitdem er die erste Pisa-Studie in Deutschland geleitet hat, als „Pisa-Papst“ bekannt.

Nun kann man in einer Spiegel-Vorabmeldung lesen, dass er sich gegen die Verlängerung der Grundschulzeit in Hamburg auf sechs Jahre (Primarschule) ausgesprochen hat.

Wer die Primarschule aus ideologischen Gründen herbeisehnt, den wird das nicht aus der Bahn werfen, wer Argumenten aus der Wissenschaft zugänglich ist, der wird ins Nachdenken kommen.

Hier wörtlich die betreffende Passage aus dem Spiegel-Interview (Ausgabe 24 vom 14.6.2010, Seite 42):

„Spiegel: … Früher wurde über die Gesamtschule debattiert, derzeit steht in Hamburg ein Volksentscheid unter anderem über die sechsjährige Grundschule an. Was sagt der Bildungsforscher dazu?

Baumert: Der Kern der Reform ist ja die Vereinfachung der Schulstruktur im Sekundarbereich. Die Zusammenführung von Haupt- und Realschule zu einer einzigen Schule neben dem Gymnasium war in allen Ballungsgebieten überfällig, um die Konzentration der schwierigsten Schüler in wenigen Schulen zu vermeiden. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit. Zweigliedrigkeit war überfällig, und sie war politisch und historisch möglich. Aber musste man gleichzeitig den Streit um die Gymnasien beginnen und auch noch das humanistische Gymnasium antasten?

Spiegel: Hamburgs schwarz-grüner Senat sagt: ja. Denn sechs Jahre gemeinsames Lernen brächte viele Vorteile gegenüber der vierjährigen Grundschule.

Baumert: Mag sein, aber belastbare empirische Evidenz für die Wirkungen einer zweijährigen Verlängerung der Grundschule kenne ich nicht.“

Das Interview enthält noch weitere interessante Passagen. Also: Spiegel kaufen, oder warten, bis das Interview ins Netz gestellt wird.

 

Primarschule Hamburg? Eine Entscheidungshilfe

Bis zum 18. Juli stimmen die Hamburger darüber ab, ob in der Hansestadt eine sechsjährige „Primarschule“ die vierjährige Grundschule ablösen soll.

Wer sich noch nicht entschieden hat, kann sich hier noch einmal informieren:

Einen zwar nicht mehr ganz aktuellen, aber instruktiven Überblick über die Reform, ihre Gegner und Befürworter bietet der Artikel “Schwarz-grüner Sprengstoff” meiner Kollegin Jeannette Otto; eine gute Ergänzung: das Pro-und-Contra am Beispiel zweier Familien.

Was die Befürworter der Reform bewegt, ist nachzulesen im Interview mit der Schulsenatorin Christa Goetsch, das mein Kollege Martin Spiewak geführt hat. Meine Meinung zur Hamburger Schulreform können Sie im Kommentar „Kurswechsel“ nachlesen.

 

Tschüß, Skandinavien-Mythos!

Sind die Schulen in den nordischen Ländern (Schweden, Dänemark, Norwegen, Island, Finnland) besser und gerechter als die deutschen? Dieser Mythos ist spätestens seit der ersten Pisa-Studie weit verbreitet und hat viele Pilgerfahrten nach Skandinavien ausgelöst.

Ein sehr interessanter Aufsatz von Bildungsforschern der Uni Kiel zerstört jetzt (jetzt im Sinne von: jetzt habe ich ihn gerade gefunden) diesen Mythos. Allein Finnland (das aber auch kaum Einwandererkinder vorzuweisen hat) liegt überall in der Spitzengruppe. Auf der Ebene der Schulen und des Unterrichts findet sich wenig, das man abgucken kann.

Genaueres im Artikel der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft.

 

Grundschullehrerinnen

Ja, sie malen überall Herzchen und Blümchen drauf und lassen sich von ihren Schülern mit Kosenamen anreden … Manchmal nervt das.

Aber wenn man zum Mutter- bzw. Vatertag dann liebevoll gebastelte Geschenke bekommt und Lobgedichte hören darf (alles von den Kindern in der Schule vorbereitet), dann freut man sich darüber, dass den Grundschullehrerinnen der Zynismus vieler Gymnasiallehrer fehlt.

 

Tipp für Deutschlehrer: Sprachpapst Wolf Schneider über Bloggen und Twittern

Hoffentlich gefällt IHM dieses Blog!

Wolf Schneider hat sich ihn bewährter Manier Blogs und Twittermeldungen vorgeknöpft. Sein Urteil: „Drei Viertel dessen, was dort produziert wird, ist trauriges Geschwätz. Geschwätz, weil es wenig Substanz hat, und traurig, weil die meisten doch wohl gelesen werden wollen! Ich habe Mitleid mit denen, die sich mitteilen wollen und so gar keine Ahnung davon haben, wie man das macht.“ Mehr dazu ist nachzulesen im Interview des Tagesspiegels mit ihm. Und in seinem neuen Buch: „Deutsch für junge Profis: Wie man gut und lebendig schreibt“.

Wolf Schneiders Bestseller „Deutsch für Profis“ ist Pflichtlektüre für jeden Journalisten. Viele Jahre lang hat er die Hamburger Journalistenschule (Henri-Nannen-Schule) geleitet. Seine scharfe, pointierte (und unterhaltsame!) Kritik am geschriebenen Wort brachte ihm die Titel  „Sprachpapst“, „Deutschlehrer der Nation“ und „Sprachoffizier“ ein.