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Japaner und ihre Dienstmädchen

Wenn ich mir den Beitrag bei CNN über die „Maid Cafés“ in Tokio ansehe, frage ich mich, wie sich dieser „Freizeitspaß“ auf das wahre Geschlechterverhältnis in Japan auswirkt.

In einem dieser Cafés gehen die Mädchen auf die Knie, während sie dem Gast Milch und Zucker in den Kaffee rühren, in einem anderen ist auch ein wenig Körperpflege inklusive Ohrenputzen (iiiuuhhh!) vorgesehen, in einem dritten wird der Kunde sogar mit dem Löffel gefüttert. (Was jetzt wieder nach einem anderen Fetisch klingt.)

Kann man das noch optimistisch mit unserem spaßhaften Umgang mit Zimmermädchenuniformen (Karneval, Schatzi eine Geburtstagsfreude machen) vergleichen? Ist das nicht besonders beunruhigend, da sich diese Cafés laut CNN in jenem Stadtviertel befinden, das bislang für seine Computerspielhallen bekannt war und jetzt als Zentrum für „Nerd-Kultur“ gilt? Sprich: Nicht 50jährige Geschäftsmänner, die den ganzen Tag im Büro buckeln müssen (5 Euro in die Klischee-Kasse) frequentieren die Maid Cafés, sondern 20jährige Videospiel-Junkies, in deren Köpfen sich damit vielleicht auch ein klein bisschen festsetzt, dass das mit dem Knien und Ohrenputzen ganz normal ist?

Und das Schlimmste: Vermutlich schwingt bei den meisten Gästen nicht mal ein bisschen sexueller Unterton mit.

Auf der gleichen Seite findet sich übrigens auch die Meldung, dass ganz Japan total aufgeregt ist, weil Prinzessin Kiko schwanger ist und wieder einmal die „Chance“ besteht, endlich einen (vorgeschrieben) männlichen Thronfolger zu bekommen.

 

Wie versprochen: zerschredderte Penisse

Charlotte Roche und Christoph Maria Herbst lesen eine Doktorarbeit über Verletzungen bei Masturbationsversuchen mit Staubsaugern. (MP3, ca. 3,8 MB.) Für Zartbesaitete vielleicht nicht unbedingt auf nüchternen Magen zu genießen.

Die Pausen werden übrigens gern mal durch Bilder der damaligen Unfallopfer verursacht, die während der Lesung gezeigt werden. Ähm, nein, keine Portraitaufnahmen …

Dies ist ein Ausschnitt aus einer Lesung vom Mai 2004 – und wenn ich das sagen darf: Die beiden sind mittlerweile noch viel besser geworden. (Oder das mitternächtliche Hamburger Publikum war an dem Abend, an dem wir waren, entfesselt.)

Wie auch immer: Sobald die Zwei in Ihrer Nähe sind – hingehen! Termine stehen hier.

 

Fassungslos

Tut mir leid wegen des harten Themenwechsels, aber mir ist gerade eine Meldung über weibliche Genitalbeschneidung untergekommen. In Wien wurde eine Umfrage unter Gynäkolog/inn/en, Kinderärzt/inn/en und Hebammen durchgeführt, um deren Kenntnisse über und Erfahrungen mit „Female Genital Mutilation“ (FGM) zu erfragen. 54 Prozent der Befragten hatten schon einmal mit Betroffenen zu tun.

Was bei diesem ohnehin schon unglaublichen Thema aber so richtig fassungslos macht, ist folgender Absatz:

62 Prozent der Patientinnen hätten auf Grund ihrer Beschneidung medizinische Komplikationen zu beklagen. Dennoch gaben elf Prozent der FGM-Betroffenen gegenüber Arzt oder Hebamme an, auch ihre Tochter beschneiden lassen zu wollen.

Der ganze Artikel steht hier.

 

Treffer, versenkt

Und noch was zum Lachen. (Was tu ich nicht alles für das allgemeine Stimmungsbild!)

(mpg, ca. 5 MB).

Dieses Video kreist seit ein paar Tagen im Netz. Wenn jemand Quelle und Kreative dahinter nachliefern kann, bitte gern!

PS: Herzlichen Dank an Frau Lö! Und an Herrn Be aus Ö.!

 

Rund, praktisch, gut?

Valentinstag, der Tag, den Blumenhändler, Schokoherzenhersteller und Fitnessstudios vor vielen, vielen Monden in einem konspirativen Meeting erfunden haben, wirft seine Schatten voraus. Diesen hier zum Beispiel,

ein … hm … Höschen? für ihn mit praktischem Durchsteckloch, aus feinster belgischer Schokolade.

Gibt’s natürlich auch für Sie:

Und zwar hier.

Und wenn Sie mich fragen, ist das schlimmster Schindluder mit Schokolade! Wusste ja, wieso mir Valentinstag immer schon suspekt war.

 

Vom Lustigmachen und Verstehenwollen

Vielleicht war es meine (gute) Erziehung, die mir schon früh abgewöhnt hat, mich über „eigenartige“, „andersartige“, „besondere“ Menschen lustig zu machen. Vielleicht hat sich das aber auch im Laufe der Buchrecherchen entwickelt. Im Bereich der Sexualität gibt es einfach zu viele Neigungen, Fetische, Liebhabereien, besondere Vorlieben, als dass man sich über die Menschen, die all dies praktizieren, lustig machen könnte oder sollte. Dann hätte man nämlich nichts anderes mehr zu tun.

Im Gegenteil: Ich bewundere Menschen, die nicht nur für sich herausgefunden haben, dass sie beispielsweise irre darauf abfahren, Windelhosen zu tragen und einen Schnuller im Mund zu haben. Sondern die auch den Mut finden, diese Vorliebe auszuleben. Die gemerkt haben, dass sie von Latex erregt werden, von Seide oder von Plüsch. Männer, die sich einmal pro Woche dem Gespött der Ignoranten, die ihnen auf der Straße begegnen, aussetzen, um ihr Faible für Frauenkleidung in der Öffentlichkeit ausleben zu können. Frauen, die unter dem Rollkragenpulli ein Hundehalsband tragen – als Zeichen für ihren Liebsten.

Die Gedankenwelt des Menschen ist faszinierend, reichhaltig und strotzt nur so vor Fantasie. Kollegen, die einem bei Tag als dröge, einfallslose Buchhalter oder Supermarktarbeiter erscheinen, können bei Nacht in eine andere Persönlichkeit wechseln, die bei vielen von uns die Grenzen unseres Vorstellungsvermögens sprengen würde.

Das ist wunderbar, vor allem angesichts des Umstandes, dass vermutlich nur ein Bruchteil von uns jemals das Glück hat, diese (eine?) besondere Vorliebe abseits vom Blümchensex kennenzulernen. Manche Fantasien sind schon im Kopf, manche werden aber auch erst durch eine Berührung, einen Partner ausgelöst, der mit einer neuen Welt bekannt macht.

Und das ist nur der erste Schritt. Der zweite ist der schwierigere: dieses Neue auch zulassen zu können. Auf Ponyspiele zu stehen oder sich gern schlagen zu lassen, ist sicher für viele eine Entdeckung, die ganz schnell wieder verdrängt wird.

Je mehr Menschen mit außergewöhnlichen sexuellen Vorlieben ich kennengelernt habe, umso größer wurde meine Neugier, was diese Menschen antreibt, was ihnen den Kick gibt. Was sie geil daran finden, sich in einen Latexsack zu legen, die ganze Luft rauspumpen zu lassen und nur noch durch einen Schlauch atmen zu können. Warum sie zwei Mal pro Woche in einen Swingerclub gehen, um dort erst recht wieder „nur“ mit ihrer eigenen Ehefrau Sex zu haben. Was eine Frau dazu bewegt, sich von 20 Männern mit Freude ins Gesicht spritzen zu lassen – und was ihren Mann, dabei zuzusehen.

Ich habe mir sehr schnell abgewöhnt, etwas als „krank“ oder „pervers“ oder „gestört“ abzuklassifizieren. Sagen Sie mir die abgefahrenste sexuelle Neigung, von der Sie jemals gehört haben, und meine erste Reaktion wird sein: „Interessant. Warum macht er das? Was findet sie toll daran?“

Nicht immer klappt das. Es gibt Dinge, die ich nie verstehen werde, weil ich sie nicht verstehen will. Vielleicht auch, weil ich Angst davor habe, sie zu verstehen und damit dem Mann, der kleine Kinder missbraucht, eine menschliche Seite zuzugestehen.

Kein anderer Bereich unseres Lebens macht uns so verletzlich und so gefährdet für Spott wie unsere Sexualität. Ich könnte öffentlich sagen, Dieter Bohlens Musik zu mögen oder FDP zu wählen – alles peinlich, aber kein Problem. Aber auch nur irgendeine Fantasie zuzugeben, würde gleich ganze Bilderbatterien in den Köpfen meiner Umgebung abfeuern.

Zugegeben, nicht immer klappt das mit dem Verstehen auf Anhieb. Aber das wird schon.

In diesem Sinne: Darf ich Ihnen String-Emil (NSFW!) vorstellen?