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Wem gehört der 9. November?

 

Auch wenn es schon eine Woche her ist: mir geht es immer noch durch den Kopf, wie unterschiedlich der 9. November als historisches Datum wahrgenommen wird. Als ich vor einer Woche das heute journal sah, eröffnete der Moderator seinen Beitrag mit dem Verweis auf die „historische Bedeutung“, die der 9. November für uns habe. Daraufhin gab es einen ausführlichen Bericht über den Fall der Mauer am 9.November 1989 und die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten.

Diesem Bericht folgte nun nicht – wie ich es erwartet hätte – ein Bericht über den 9. November 1938, also dem Tag der Reichspogromnacht. Die organisierte Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, das Stürmen jüdischer Geschäfte und Wohnungen, das Verbrennen und Zerstören jüdischer Synagogen an diesem Tag in ganz Deutschland fand in der Berichterstattung über den 9. November als „historischen Tag für uns Deutsche“ keine Erwähnung mehr. Das hat mich schockiert, zumal die Reichspogromnacht als vorläufiger Höhepunkt der systematischen Entrechtung der jüdischen Menschen in Deutschland auf dem Weg zur systematischen Vernichtung (Holocaust, Shoah) gesehen wird.

Ich halte die Erinnerung an die Verfolgung jüdischer Menschen angesichts des zunehmenden Antisemitismus in unserem Land für ungemein wichtig. Nach dem heute journal hatte ich das Gefühl, dass diese wichtige Erinnerung ins Vergessen geraten ist.