Die schlechten Nachrichten für die NPD reißen nicht ab. Anfang kommender Woche werde die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen Parteichef Udo Voigt, Bundessprecher Klaus Beier und Vorstandsmitglied Frank Schwerdt erheben, teilten Sicherheitskreise dem Tagesspiegel mit. Den Spitzenfunktionären wird vorgeworfen, in einem „WM-Planer“ zur Fußballweltmeisterschaft 2006 den dunkelhäutigen Nationalspieler Patrick Owomoyela rassistisch diskriminiert zu haben. In dem WM-Planer, den die NPD im Frühjahr 2006 als Flugblatt und im Internet verbreitete, wurde – wie tagesschau.de am 30. März 2006 exklusiv berichtete – unter der Überschrift „Weiß! Nicht nur eine Trikotfarbe! Für eine echte National-Mannschaft“ ein Trikot mit der Nummer 25 gezeigt. Die Nummer trug Owomoyela im Nationalteam. Der Bremer Fußballer erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die NPD, die Polizei beschlagnahmte 70.000 Exemplare des Planers. Owomoyela und der Deutsche Fußball-Bund stellten zudem Strafanzeige. Die NPD brachte jedoch einen neuen WM-Planer heraus, in dem nach Ansicht der Ermittler ebenfalls gegen dunkelhäutige Nationalspieler gehetzt wird.
Kampagne kopiert
Nach Informationen des Tagesspiegels liegt den Strafverfolgern auch eine Bilddatei der NPD vor, in der Owomoyela als „Kunta Kinte“ bezeichnet wird, in höhnischer Anspielung auf eine Sklavenfigur im Roman „Roots“ von Alex Haley. Die NPD hatte sich ihre Attacken auf Owomoyela allerdings nicht wirklich selbst ausgedacht. Die Partei kopierte damit eine Kampagne gegen den Nationalspieler des FC Schalke 04, Gerald Asamoah, die bereits von anderen Neonazis betrieben worden war. Das Motto der Neonazis vom „Schutzbund Deutschland“ auf einem Plakat mit einer Abbildung von Asamoah lautete: „Nein Gerald, Du bist nicht Deutschland – Du bist BRD!?“. Nach der Androhung juristischer Konsequenzen wurde das Foto Asamoahs durch wechselnde Karikaturen von ihm ersetzt.
Partei der Rechtschaffenden: Bald alle Funktionäre vorbestraft?
Mit der erwarteten Anklage gegen Voigt, Beier, der auch den Landesverband Brandenburg führt, und Schwerdt, zugleich Parteichef in Thüringen, setzt sich die Serie von Verfahren gegen führende NPD-Mitglieder fort. Erst vor zwei Wochen wurde Bundesschatzmeister Erwin Kemna inhaftiert, der Parteigelder in Höhe von 627 000 Euro veruntreut haben soll.Gegen den Hamburger NPD-Vorsitzenden und Rechtsanwalt Jürgen Rieger erhob die Staatsanwaltschaft Mannheim im September 2007 Anklage, weil er den Holocaust geleugnet hatte. Rieger soll zudem mit einem Berufsverbot belegt werden. Zudem steht ein Freispruch gegen NPD-Bundesvorstandsmitglied Jens Pühse auf der Kippe.Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise hat ebenfalls ernsthafte Probleme mit der Justiz. In Sachsen wurde Mitte Februar ein JN-Kreisvorsitzender verurteilt. Gegen den sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Klose laufen Ermittlungen. Im Januar 2008 wurde Udo Sieghart – der Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Hof-Wunsiedel – zu einer siebenmonatigen Haftstrafe verurteilt. Gegen den NPD-Multifunktionär Jörg Hähnel wurde im Dezember 2007 Anzeige erstattet, auch Hessens NPD-Chef Wöll hat immer wieder Probleme mit der Justiz, muss möglicherweise ins Gefängnis.
Die NPD erntet nun also die Früchte für ihre Radikalisierung in den vergangenen Jahren. Möglicherweise erübrigt sich das Problem bald dadurch, dass sich die Partei selbst zerlegt und durch Unfähigkeit in die Pleite manövriert. An den rechtsextremen Einstellungen in den Köpfen ändert das zwar nichts – aber die professionelle Strukturen könnten so zumindest wieder verschwinden.
Zur Dokumentation weitere vorbestrafte NPDler:
Patrick Wieschke, NPD-Funktionär aus Thüringen, zwischenzeitlich Praktikant in der NPD-Fraktion in Schwerin – verurteilt wegen eines Sprengstoffanschlags auf einen Döner-Imbiss. Stefan Köster, NPD-Landtagsabgeordneter in Schwerin, verurteilt wegen Körperverletzung, weil er auf eine am Boden liegende Frau eintrat. Thorsten Heise, NPD-Bundesvorstand, diverse Delikte, unter anderem Körperverletzung, aktuell wegen Volksverhetzung. Norman Bordin, Vize-Chef der Jugendorganisation JN, diverse Delikte, unter anderem wegen Körperverletzung. Jürgen Rieger, NPD-Chef Hamburg, diverse Delikte. Marcel Wöll, NPD-Chef Hessen, diverse Delikte, laut ddp unter anderem wegen Körperverletzung. Heinrich Förster, NPD-Kandidat bei der Bundestagswahl 2005, Vorbestraft wegen versuchten Mordes. Christian Hehl, NPD-Funktionär in Rheinland-Pfalz, diverse Vorstrafen, unter anderem wegen schwerer Körperverletzung. Maik Spiegelmacher, langjähriger NPD-Funktionär in MVP, laut NDR vorbestraft wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes. Ingo Stawitz, NPD-Funktionär aus Schleswig-Holstein, vorbestraft wegen Körperverletzung. Michael Thalheim, NPD-Funktionär Brandenburg, musste jüngst ein Schmerzensgeld zahlen, er stand wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung vor Gericht. Philipp Valenta, ehemals JN-Landesvorsitzender und stellvertretender NPD-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz, nun JN-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, Vorstrafen, unter anderem wegen Körperverletzung. Peter von der Born, NPD-Kandidat in Schleswig-Holstein, diverse Vorstrafen, unter anderem wegen Körperverletzung. Thomas `Steiner` Wulff, NPD-Bundesvorstand, mehrere Verurteilungen. Alexander Neidlein, in Südafrika wegen illegalen Waffenbesitzes zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Hier ging er ebenfalls in Haft, da er sich seine Reise nach Südafrika durch einen Überfall auf ein Postamt finanziert hatte, ehemaliger Söldner in Kroatien.