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Untergang der Gustloff: „Eine deutsche Tragödie“ – Wohl wahr!

 

Seit Wochen feiert Deutschlands Rechte Korrekturen im kollektiven Gedächtnis: Vor wenigen Tagen zelebrierte das ZDF erneut einen großen TV-Film. Nach „Flucht“ und „Dresden“ ging es diesmal um den Abschuss des KdF-Schiffes „Wilhelm Gustloff“ durch ein russisches U-Boot in den letzten Wirren des „Zweiten Weltkriegs“. Neben 1.000 Soldaten kamen auch etwa 9.000 Zivilisten, darunter vor allem Frauen und Kinder, ums Leben.

Ein Film dieser Art ist nichts, wovor man sich fürchten muss, geht es doch nicht um die Leugnung oder Verharmlosung der Nazi-Verbrechen, sondern um das Gedenken an zahlreiche Tote, die vielleicht sogar als Sozialdemokraten, Kommunisten, Konservative oder Christen Gegner des NS-Systems waren. Warum sollte man einem zweijährigen ostpreußischen Mädchen, das in den kalten Fluten der Ostsee ertrinkt oder erfriert, nicht den Respekt entgegen bringen, den wir ansonsten bei Toten für selbstverständlich halten? Etwa weil sie in Zeiten des Nationalsozialismus gelebt hat und „deutsch“ war? Das wäre nichts anderes als die Form eines dummen, völkischen Rassismus von „links“.

Der Chefredakteur der „Jungen Freiheit“ feierte denn dieses Fernsehereignis auch als den wohl „beste(n) deutsche(n) Film“ zum Thema Zweiter Weltkrieg der letzten Jahre. Sollte der deutsche Film tatsächlich nicht mehr zu bieten haben als das, wäre das in der Tat „eine deutsche Tragödie“, wie das Hauptinterview der „Jungen Freiheit“ (10/08) mit dem Gustloff-Überlebenden Heinz Schön betitelt ist.

Insgesamt hätte es dem Stoff sicher nicht schlecht getan, auf 90 Minuten eingedampt zu werden. Der Zweiteiler war langatmig, die Liebesgeschichte zwischen Kapitän und Marinehelferin einfältig, die Charaktere waren plump gezeichnet. Zu einer Ersatzhandlung zur Beruhigung des schlechten Gewissens avancierte bspw. der NSDAP-Ortsgruppenleiter, der sich stets in Feierlichkeiten mit Alkoholgenuss und Sexorgien ergab und so den Nationalsozialismus als gesellschaftsbestimmende Ideologie des „Dritten Reiches“ geradezu im Sinne eines Blitzableiters aus der Geschichte katapultierte.

Insofern muss man glatt wieder dankbar sein, dass das ZDF passend zum Fernsehfilm eine zweiteilige Knopp-Dokumentation ausstrahlte, die vom Publikum überraschend gut angenommen wurde. Vilsmaiers Werk „Die Gustloff“ hat es hierdurch zumindest geschafft, Zuschauer für eine authentische und sensible Dokumentation zu mobilisieren. Damit wurde auch ein tiefgreifender Bruch im Kriegsgeschehen des 20. Jahrhunderts veranschaulicht: Kriege und deren Folgen sind seit dem Industriezeitalter nicht mehr vorwiegend auf Soldaten beschränkt, sondern ziehen tiefe Furchen auch in die zivile Gesellschaft hinein. Der Gustloff-Überlebende Heinz Schön brachte dies mit der Bemerkung auf den Punkt, dass die Versenkung der Gustloff eigentlich 1933 begonnen hätte.

Doch eben dieser Heinz Schön, der auch Berater Vilsmaiers während der Dreharbeiten war, gab der „Jungen Freiheit“ vor Ausstrahlung des Gustloff-Films sein insgesamt drittes Interview. Was er in diesem Interview mit Moritz Schwarz zum Besten gab, klang etwas anders als in der Dokumentation des Guido Knopp. Gegenüber der JF bezeichnete Schön es geradezu als „ärgerlich“, dass sich Vilsmaiers Werk der Logik beuge: „Selbst schuld, auf uns fiel nur zurück, was wir angefangen haben.“

Insofern bleiben zwei Fragen offen: Ist Heinz Schön ein flexibler Interviewpartner oder hat Guido Knopp den Gustloff-Überlebenden für seine Dokumentation zurecht geschnibbelt?