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Politik mit Fantasie – NPD bietet imaginären Unterstützern Zusammenarbeit an

 

Bei der Wahl zum sächsischen Ministerpräsidenten hat der NPD-Kandidat Johannes Müller elf Stimmen erhalten. Die NPD verfügt derzeit über acht Abgeordnete, bei ihrem Einzug in den Landtag im Jahr 2004 waren es noch 12. Doch drei Parlamentarier verließen die Fraktion, einer wurde nach zahlreichen Skandalen und Ermittlungen ausgeschlossen. Dennoch erscheint es naheliegend, dass die ehemaligen NPDler ihre Stimme Müller gaben. Ein Ex-NPD-Abgeordneter fehlte allerdings bei der Abstimmung. Das ergäbe genau elf.

Andererseits ist dies alles hauptsächlich Stochern im Nebel – denn die Abstimmung war geheim. Für die NPD kein Grund, sich nicht öffentlich als großen Sieger darstellen zu wollen. In einer Pressemitteilung heißt es: „Erneut hat ein NPD-Kandidat bei der heutigen Wahl des sächsischen Ministerpräsidenten für eine faustdicke Überraschung gesorgt.“

Weiter die NPD: „Stanislaw Tillich wurde mit 66 Stimmen zum neuen sächsischen Ministerpräsidenten gewählt. Die die Koalition bildenden Fraktionen von CDU und SPD stellen im Sächsischen Landtag 68 Abgeordnete. Da der CDU-Abgeordnete Georg Hamburger verhindert war, waren am heutigen Tag 67 Abgeordnete der Koalition bei der Wahl des Ministerpräsidenten anwesend. Auch dieser Umstand deutet auf „etablierte” Stimmen für den NPD-Abgeordneten Dr. Johannes Müller hin.“ Das aber nur, wenn man ignoriert, dass Abgeordnete sich schlicht und ergreifend enthalten haben könnten.

Doch die NPD spekuliert munter weiter: „Eine der 3 Stimmen, die nicht aus der eigenen Fraktion stammen, kann möglicherweise von dem partei- und fraktionslosen Abgeordneten Klaus Menzel gekommen sein. Mit diesem gibt es zwar keine Abstimmung in politischen Fragen, allerdings hat er bei bisherigen Abstimmungen meist mit der NPD-Fraktion gestimmt. Weiterhin geht die NPD davon aus, daß die weiteren zwei „überzähligen” Stimmen nicht von den drei „Aussteigern” Klaus Baier, Mirko Schmidt und Jürgen Schön stammen, die die NPD-Fraktion im Dezember 2005 verließen. Klaus Baier fehlte zum Zeitpunkt der Wahl noch unentschuldigt und nahm somit gar nicht an der Wahl teil. Mirko Schmidt traf sich noch zu seiner Zeit als Mitglied der NPD-Fraktion viele Male mit Kontaktleuten des sogenannten „Verfassungsschutzes”, was nach einer Kleinen Anfrage der NPD vom Innenministerium bestätigt wurde. Außerdem gründete Schmidt im Jahr 2006 die „Sächsische Volkspartei” erklärtermaßen mit dem Ziel, einen Wiedereinzug der NPD in den Landtag zu verhindern. Es kann also ausgeschlossen werden, daß er heute Dr. Johannes Müller gewählt hat.“

Aha, nach NPD-Logik kann dies ausgeschlossen werden. Warum? Weil er 2006 die SVP mitgegründet hatte. Naja. Die NPD meint aber unbeirrt: „Somit haben mindestens zwei, möglicherweise aber auch drei Abgeordnete der etablierten Fraktionen Dr. Johannes Müller ihre Stimme gegeben.“

QED – oder eben auch nicht. Aber die NPD hat immer noch einen auf Lager. „Dr. Johannes Müller“ erklärte zu dem heutigen Wahlergebnis: „Es freut mich sehr, daß mich heute zwei Abgeordnete der etablierten Fraktionen, höchstwahrscheinlich der sächsischen CDU unterstützt haben. Dies ist um so bemerkenswerter, als es sich vermutlich um die gleichen Abgeordneten handelt, die vor dreieinhalb Jahren auch Uwe Leichsenring unterstützt haben.“ Dies in der Tat bemerkenswert, hatte die NPD doch weiter oben im Text dargelegt, dass es aus der Regierungskoalition an diesem Tag 66 von 67 Stimmen für Tillich gab, nun haben aber plötzlich schon zwei Abgeordnete der CDU für die NPD gestimmt, mutmaßen die Rechtsextremisten. Da diese Behauptung nun vollends unlogisch ist, spart sich die NPD gleich eine weitere hanebüchene Erklärung.

Übrigens: Uwe Leichsenring, der im August 2006 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, hatte als Gegenkandidat von Ministerpräsident Milbradt am 10. November 2004 in zwei Wahlgängen zwei Stimmen mehr erhalten, als die damalige NPD-Fraktion Abgeordnete stellte.

Zurück zu der heutigen NPD-Pressemitteilung: „Das heutige Ergebnis ist ein Indiz dafür, daß es innerhalb der anderen Fraktionen eine kleine, aber stabile Opposition von NPD-Sympathisanten gibt. Unsere Fraktion bietet diesen politisch heimatlos gewordenen Abgeordneten die parlamentarische Zusammenarbeit an.“

Wie es aus gut informierten Kreisen hieß, gebe es noch weitere unsichtbare Unterstützer der NPD im sächsischen Landtag und darüber hinaus – Watch out!

NPD-BLOG.INFO über die Abgänge in der NPD-Fraktion in Sachsen.

NPD-BLOG.INFO über den vermeintlichen „NPD-Eklat“ bei BILD.de und Spiegel Online.