Störungsmelder war am vergangenen Wochenende zum zweites Mal mit einem Stand und einer Frage präsent. Nachdem wir auf dem Berlin08 politisch Interessierte mit der Frage konfrontiert hatten, ob man Nazis in die Talkshows holen soll, um sie zu entzaubern, waren wir gespannt, wie die MELT!-Gänger auf die Frage reagieren würden. Das Ergebnis: Ähnlich, nur emotionaler.
Das Stimmenverhältnis glich dem des Berlin08: 60 Prozent der 250 Stimmen sprachen sich dafür aus, ihnen eine gut sichtbare Plattform zu geben. „Wenn Du es nicht tust, suggerierst du, das sie nicht existieren. Man kann das Problem aber nicht mehr ignorieren“, schrieb einer. Ein anderer hielt dagegen: „Je toter man sie schweigt, desto weniger gibt es sie.“ Die Mehrheit äußerte sich aber – lag es am Alkohol? – kampflustig. „Man muss den Leuten zeigen, wie bescheuert die sind.“ Oder: „Ja. Einfach, weil es Spaß macht.“
Spannend waren die Gespräche, die wir am Stand führten. Das viele Bier, das sowohl Standbetreiber als auch Besucher dabei verzehrten, tat den Diskussionen keinen Abbruch. Im Gegenteil, hier kam alles auf den Tisch. Während die meisten aus ihren Heimatorten berichteten oder Argumente austauschten, äußerten Einige Ansichten, die sie sonst wohl für sich behalten. „Die Nazis sind übel, aber sie bringen unsere Politiker dazu, sich endlich um die Bevölkerung zu kümmern“, sagte einer. Ein Mann mit blauen Blousson sagte, er habe „keine Lust mehr, tolerant zu sein.“ Muslime und Migranten müssten sich den Deutschen anpassen. Dann gäbe es auch keine Nazis mehr. Dieser Stand hier verfolge die Falschen.
Gut, das gehört zu haben.Wir befinden immer noch in den Schützengräben, wenn es um Nazis geht. Oft werfen mir Leute vor, ich wolle ihre konservativen Ansichten diskreditieren. Dabei gibt es ziemlich klare Grenzen, die Konservative von Nazis trennen. Man kann für eine restriktive Ausländerpolitik sein und sogar von Migranten verlangen, dass sie sich einer „deutschen Leitkultur“ anpassen. Rassist ist man erst dann, wenn man Menschen aufgrund ihrer genetischen Veranlagung abspricht, integrierbar zu sein. Das heißt umgekehrt, dass man von solchen Konservativen erwarten kann, dass sie sich deutlich von Nazis abgrenzen. Der Mann mit dem blauen Blousson hat das später getan. Einige andere nicht.
Die zweite Funktion des Störungsmelder war die der Beschwerdestelle bei rechtsextremen Vorfällen. Glücklicherweise ist wenig passiert. Nur mit den Securitys scheint es nach wie vor Probleme zu geben. Wir haben mehrere Beschwerden über rassistische Kommentare und Drohungen vorliegen. Auch im MELT!-Forum gab es mehrere Berichte. Die MELT!-Veranstalter tauschen sich im Augenblick mit dem Sicherheitsdienst JAPO über die Vorkommnisse aus. Dieser wollte keine Stellungnahme abgeben, versprach aber eine Pressemitteilung in den nächsten Tagen.
Zum Schluss ein kleines Quiz. Was wählen Leute, die die Frage „Soll man Nazis in die Talkshows holen“ bejahen und so begründen:
1) Wegen Oppa
2) dt. Kultur-gut muss erhalten bleiben!
3) Fickt euch alle!
4) Ich persönlich halte einen gesunden Rassismus für durchaus gerechtfertigt
Bis bald,
Christian