Nach der offenbar rechtsextremistisch motivierten Messerattacke auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl sprach der bayerische Innenminister Joachim Herrmann von einer „völlig neuen Dimension“ des Rechtsextremismus und brachte ein NPD-Verbot ins Gespräch. Alois Mannichl befinde sich nach Angaben der Behörden wieder außer Lebensgefahr. Nach dem unbekannten Täter ist eine Ringfahndung eingeleitet worden. Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, sieht eine immer stärkere Bedrohung der Polizeibeamten durch Rechtsextreme.
Polizeichef Mannichl, der für sein konsequentes Vorgehen gegen Neonazis bekannt ist und deswegen in der Szene als Hassfigur gilt, ist am Samstag gegen 17.30 Uhr aus seinem Haus in Fürstenzell geklingelt und mit einem Messer niedergestochen worden. Der flüchtige Täter soll nach Angaben des „Focus“ das Herz um nur zwei Zentimeter verfehlt haben. Nach dem Täter, der etwa 1,90 Meter groß ist, bayerischen Dialekt eventuell mit österreichischer Einfärbung spricht und eine Glatze oder sehr kurzes Haare trägt, wird in Deutschland und Österreich gefahndet. Zur Aufklärung der Tat ist eine 20-köpfige Sonderkommission eingerichtet worden.
Auf der heutigen Pressekonferenz sprach der leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch von einem heimtückischen Mordversuch, im Höchstfall werde dieser mit lebenslanger Haft bestraft. Nach Angaben des Oberstaatsanwalts gegenüber „Focus“ habe der Täter bei dem Angriff gesagt: „Viele Grüße vom nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer Kameraden herum.“ Innenminister Joachim Herrman sagte, es sei eine „völlig neue Dimension, einen führenden Polizeibeamten anzugreifen, für sein Agieren gegen Rechtsextreme zu bestrafen oder einzuschüchtern“. Der Innenminister kündigte an, dass mit aller Härte und Konsequenz vorgegangen werden soll.
Bei dem versuchten Mord könnte es sich um Rache für die Öffnung des Grabes des bekennenden Nazis Friedhelm Busse handeln. Bei dessen Beisetzung Ende Juli dieses Jahres, wurde der Neonazi Thomas „Steiner“ Wulff dabei beobachtet, wie er eine Hakenkreuzfahne über dem Sarg ausbreitete. Das Grab wurde daraufhin auf Anweisung der Passauer Staatsanwaltschaft wieder geöffnet. Am Rande der Beerdigung kam es zu zahlreichen Festnahmen.
Der feige Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef ist indes kein Einzelfall. Auch in Mecklenburg Vorpommern ist die Polizei längst kein Tabu mehr für rechtsextreme Schläger, wie die Ausschreitungen in der Teterower Innenstadt, wo eine Gruppe offenbar Rechtsextremer einen Polizeiwagen angriffen und erst durch einen Warnschuss in Gewahrsam genommen werden konnte, zeigten. Bereits Monate zuvor konnten Polizeibeamte nur durch den Einsatz ihrer Dienstwaffen den Übergriff Rechtsextremer aus dem Wismarer Szeneladen „Werwolf-Shop“ auf linke Teilnehmer einer Demonstration in Wismar verhindern.
Und auch der Angriff auf Polizeibeamte und Vertreter der Presse durch Rechtsextremisten am Rande der 1.-Mai-Demonstration in Hamburg reiht sich ein in die Kette der Vorfälle, die mit der Messerattacke ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Die vom Innenminister angesprochene „neue Dimension“ der rechtsextremen Gewalt zeichnete sich also ab und macht mittlerweile auch vor Polizeibeamten keinen Halt.
Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sieht eine immer stärkere Bedrohung der Polizei durch Rechtsextremisten: „Die Rechten werden immer frecher, immer dreister, immer gewalttätiger. Und die Polizisten geraten immer mehr ins Visier der rechten Gewalt“, so Freiberg gegenüber „MDR Info“.
In der Politik werden unterdessen Stimmen laut, die sich empört und erschüttert zeigen über den Angriff. Claudia Roth (Bündnis 90/die Grünen) forderte ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das dem Rechtsextremismus den Kampf ansagt. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) regte gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ an, erneut über ein Verbot der NPD nachzudenken. Wenn es sich bei dem Täter tatsächlich um einen Rechtsextremisten handele, so Herrman, „dann wird man in der Tat über ein Verbot der NPD neu nachdenken müssen“.
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