In diesem Jahr finden eine Reihe von Wahlen statt: Von der Europawahl, diversen Kommunalwahlen, über die Landtagswahlen in Saarland, Sachsen, Thüringen und Brandenburg bis hin zur Bundestagswahl Ende September. Auch die Nazis werden die Wahlkämpfe für menschenverachtende Propaganda nutzen und hoffen natürlich gerade in Zeiten der Finanzkrise auf Stimmenzuwachs.
Aus diesem Grunde empfiehlt sich die Lektüre der Broschüre „Wir haben die Wahl – Empfehlungen zum Umgang mit rechtsextremen Organisationen im Wahlkampf“.
Auch wenn die Broschüre schon vor einiger Zeit erschienen ist, hat sie nicht nur in Bezug auf die dargestellte Wortergreifungsstrategie der Nazis nichts an ihrer Aktualität verloren. Hier ein Auszug aus dem Vorwort:
Immer häufiger besuchen Rechtsextreme öffentliche Veranstaltungen zu gesellschaftlich relevanten Themen, Wahlkampfveranstaltungen der demokratischen Parteien oder werden im Vorfeld von Wahlen sogar eingeladen zu Podiumsgesprächen und Politiker/innenrunden. Die Jungen Nationaldemokraten (JN) boten sich offensiv für Podiumsdiskussionen an Schulen an und forderten Schüler/innen auf, sie als Diskussionspartner/innen einzuladen, damit nicht über sie, sondern mit ihnen diskutiert werde.
Durch zumeist moderates Auftreten versuchen die rechtsextremen Besucher/innen das Bild zu vermitteln, sich im »ganz normalen, demokratischen Meinungsspektrum« zu bewegen. Indes verfolgen sie mit ihren Veranstaltungsbesuchen und Teilnahmen an Podien ein strategisches Ziel: Die Teilnahme erfolgt vornehmlich mit der Absicht, die Meinungsführerschaft in der Diskussion zu übernehmen, die aktuellen gesellschaftlichen Themen durch eigene, zumeist umfangreiche Wortbeiträge rechtsextrem zu besetzen und den Verlauf der Veranstaltung zu bestimmen. Kurz: NPD, JN und Kameradschaften gehen systematisch und geschult nach der Strategie der »Wortergreifung immer und überall« vor.
»Drängen wir ihnen unsere Gedanken auf, ja zwingen wir sie dazu, sich mit uns, unseren Forderungen und Zielsetzungen zu beschäftigen.«
NPD-Vorsitzender Udo Voigt, 2004
»In der direkten Konfrontation mit dem Gegner soll dieser nicht mehr in der Lage sein über die Nationalisten, sondern nur noch mit ihnen zu diskutieren.«
Grundsatzbeschluss der JN, 2006
Dieses Vorgehen der Rechtsextremen zeigt Wirkung. Geben sich im Verlauf einer Veranstaltung Personen als Rechtsextreme zu erkennen und dominieren sie im Publikum oder auf dem Podium mit ihren Parolen die Diskussion, macht sich Unbehagen breit. Nicht selten stehen die anwesenden Demokrat/innen einer solchen Situation unsicher, wenn nicht gar hilflos gegenüber.
Wortergreifungsstrategie
Die Strategie der Wortergreifung verfolgen geschulte Kader, um den politischen Gegner verbal zu attackieren, zu provozieren und möglichst bloßzustellen, potentielle Gegner schon allein durch die Präsenz von Nazis einzuschüchtern und Kontakt zu neuen (politisch interessierten) Personengruppen herzustellen.
Ebenso sollen Veranstaltungen (oder auch Internetforen) des politischen Gegners oder parteipolitisch neutrale Versammlungen kosten- und auflagenfrei zu Propaganda- bzw. Werbeveranstaltungen für Versatzstücke der NS-Ideologie umfunktioniert werden. Gezielt wird versucht, durch umfangreiche Wortbeiträge und Darstellungen der eigenen Positionen öffentliche Veranstaltungen und deren Verlauf zu bestimmen – diese Strategie ist auch hier im Störungsmelder häufig zu entdecken.
Ein für die Nazis hilfreicher Nebeneffekt der Strategie der Wortergreifung ist es zudem, dass die Gemeinsamkeiten der demokratischen, antifaschistischen Kräfte in der Ablehnung der extremen Rechten und deren Meinungen unterhöhlt oder gar gespalten werden.
Es gibt also nach wie vor viele gute Gründe, den Nazis die Bühnen, Foren und Plattformen zu nehmen. Abschließend sei in diesem Zusammenhang auf den lohnenswerten Beitrag von Wolfgang Nacken im Störungsmelder verwiesen, in dem dieser deutlich macht, warum eine Diskussion mit denjenigen, die freie Diskussionen abschaffen wollen, nicht zu empfehlen ist…