Was bleibt nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland? Die sächsische NPD zeigt eine besondere Form des Rechtsextremismus – und hatte damit Erfolg.
Um die NPD-Ergebnisse bei den Landtagswahlen am Wochenende einzuordnen, sollte man fünf Jahre zurückblenden. Damals, im Sommer 2004, auf dem Höhepunkt der Anti-Hartz-VI-Stimmung, holte die rechtsextremistische Partei in Sachsen 9,2 Prozent. Etliche Beobachter und Politiker erklärten danach, dies sei einmaliger Sonderfall. Die NPD habe Proteststimmen einsammeln können. Im Parlament würden sich die Nazis schon selbst zerlegen, im Übrigen seien das alles zugereiste Westler. Nun ist die NPD in Sachsen mit 5,6 Prozent der Stimmen erneut in den Landtag eingezogen, das erste Mal überhaupt in der 45-jährigen Parteigeschichte. Selbst ohne verbreitete Proteststimmung und trotz der Querelen der bisherigen Fraktion, kam die Partei locker über die Fünf-Prozent-Hürde. Es ist ihr gelungen, im Land eine Stammwählerschaft an sich zu binden.
Vor allem in den ländlichen Regionen, in der Lausitz, der Sächsischen Schweiz, dem Erzgebirge und dem Leipziger Umland, gibt es Gemeinden, wo bis zu 20 Prozent der Leute NPD wählten – und das tun sie stabil seit zehn Jahren. Die NPD ist in Sportvereinen präsent und stellt ehrenamtliche Schöffen, flächendeckend sitzen ihre Abgeordneten in Kreistagen und Gemeinderäten. Die rassistische und nationalistische Partei wird vielerorts als normal empfunden, sogar CDU-Bürgermeister lassen sich mit NPD-Stimmen wählen. Wenn man den alten und neuen Landtags-Fraktionschef Holger Apfel im Wahlkampf begleitete, konnte man beobachten, wie ihm Mütter mit Kinderwagen freundlich zunickten, junge Männer Autogramme erbaten.
Die NPD ist also angekommen in Ostdeutschland – aber auch nur dort. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen kam holte sie am Sonntag bloß 0,3 Prozent und eine Handvoll Mandate. Bei der Landtagswahl im Saarland (wo sie 2004 noch auf vier Prozent gekommen war) rutschte sie auf anderthalb Prozent; interessanterweise verlor sie etwa genauso stark wie in Sachsen, nur dass eben dort der Stammwählersockel für den Wiedereinzug ausreichte. Auch in Thüringen war übrigens die Fünf-Prozent-Hürde in Reichweite.
Die sächsische NPD ist typisch für den relativ gemäßigten Flügel der Partei: Anders als etliche West-Landesverbände gibt sie sich bürgerlich, zumindest im Äußeren. „Sachsens starke Rechte“ war Apfels Wahlslogan, von Systemopposition nicht mehr die Rede. Aus der gewohnten NPD-Forderung „Arbeit zuerst für Deutsche“ hatten man das „zuerst“ gestrichen – und klang so weniger rabiat. In einigen Punkten hat sich Apfels NPD dem ostdeutschen Mainstream angepasst: Das einst strikte Nein zur Abtreibung (weil so ja der Nachwuchs im Rassenkampf verloren gehe) und die Forderung eines mehrgliedrigen Schulsystem (um die Elite des Volkes aussieben zu können) waren im sächsischen Wahlprogramm plötzlich verschwunden. Und während sich die NPD-Spitze um Udo Voigt und Jürgen Rieger auf soziale Randgruppen konzentriert, haben die Sachsen auch den Mittelstand im Blick – so wie es die frühe NPD der sechziger Jahre tat, und auch die NSDAP verdankte ihren Aufstieg einst maßgeblich dem Kleinbürgertum. Apfels NPD sprach nun von „einem sozial verpflichteten Unternehmertum“ und nicht mehr von üblichen „nationalem Sozialismus“.
Im Frühjahr hatten sich Holger Apfel und Kameraden nach verlorener Kraftprobe gegen Militante und offene NS-Nostalgiker aus der Bundespartei zurückgezogen. Gut möglich, dass der Machtkampf bald wieder aufflammt.