Im Januar beginnt in Berlin der Prozess gegen vier Rechtsextreme, die einen Studenten fast getötet haben sollen. Der Angriff war derart brutal, dass selbst erfahrene Sicherheitsexperten tief durchatmen mussten. In der Nacht zum 12. Juli gerieten in Friedrichshain nahe der Diskothek „Jeton“ vier Rechtsextremisten mit Linken aneinander. Die Neonazis sollen auch Unbeteiligte attackiert haben. Als die von Zeugen alarmierte Polizei eintraf, lag ein 22 Jahre alter Student bewusstlos und lebensgefährlich verletzt am Boden. Wie der Tagesspiegel jetzt erfuhr, soll Anfang Januar der Prozess gegen den braunen Trupp beginnen.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Die Staatsanwaltschaft hat in dieser Woche, wie berichtet, Anklage gegen die Neonazis erhoben. Der Hauptvorwurf lautet versuchter Mord. Bei einer Verurteilung droht drei Angeklagten eine Haftstrafe bis maximal lebenslänglich. Der jüngste Tatverdächtige könnte mit einer Jugendstrafe davonkommen. Das Gesetz sieht hier höchstens zehn Jahre vor.
Nach Ansicht von Ermittlern hatte das Opfer unglaubliches Glück, die extreme Misshandlung überlebt zu haben. Die Angeklagten Oliver K. (26) und Michael L. (22) hätten dem der linken Szene zuzurechnenden Studenten zunächst ins Gesicht geschlagen, bis er am Boden lag. Die Rechtsextremisten hätten dann gegen den Kopf des Mannes getreten. Drei zum Tatort eilende Polizisten sahen, wie Oliver K. dem Opfer einen „Stampfkick“ versetzte – der Rechtsextremist trat mit voller Wucht von oben auf den Kopf des Linken. Für die Ermittler steht außerdem fest, dass dieser Stampfkick nicht der einzige war. Oliver K. und Michael L. sollen mehrmals ein Knie bis zur Brust gehoben und dann den Kopf des Opfers getreten haben. Oliver K. oder der Angeklagte Marcel B. (20) hätten dem Studenten zugebrüllt, „du Zecke wirst nicht mehr aufstehen“. Das Wort „Zecke“ ist die Hassvokabel der rechten Szene für Linke.
Das Opfer erlitt ein Schädelhirntrauma mit Blutungen im Gehirn, eine Jochbogenfraktur und weitere Verletzungen. Knapp zwei Wochen lag der Student auf der Intensivstation des Klinikums in Friedrichshain. Es gehe ihm inzwischen besser, heißt es im Umfeld des Mannes. An den Angriff hat er keine Erinnerung.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt allerdings auch gegen das Opfer. Oliver K. behauptet, der Linke habe ihn geschlagen. Für die Ermittler ist aber nur bewiesen, dass Michael L. Schläge bekam – von wem, ist jedoch unklar.
In einem ähnlich grausigen Fall machen die Ermittlungen Fortschritte. Im September hatten zwei Männer und eine Frau auf dem U-Bahnhof Rehberge zwei Iraner angegriffen. Ein Opfer erhielt Tritte gegen den Kopf. Für die Ermittler seien die Aufnahmen der Überwachungskameras der BVG „sehr hilfreich“, hieß es in Sicherheitskreisen.