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„Ich bin kein Held“

 

Polizeichef Mannichl setzt sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus ein  © dpa
Polizeichef Mannichl setzt sich seit Jahren gegen Nazis ein © dpa

Er war gerade aus dem Krankenhaus heraus, kurz vor Weihnachten, da kam ein Journalist bei ihm vorbei. Alois Mannichl wirkte geschwächt, aber sein Kampfgeist war intakt. „Ich lasse mich von den Rechtsradikalen nicht kleinkriegen“, sagte der Chef der Polizeidirektion Passau, „sie werden es nicht schaffen.“ Aber ein Held sei er nicht, Helden seien vielmehr die Kollegen, „die rund um die Uhr arbeiten“. Damit waren die Beamten gemeint, die sich mühten, einen der spektakuläreren Fälle der vergangenen Jahre aufzuklären. Gelungen ist das bis heute nicht.

Ein Porträt von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen

Am 13. Dezember 2008 wurde Mannichl von einem Mann mit einem Stich in die Brust verletzt, das Herz war nur knapp verfehlt. Die Tat geschah vor Mannichls Haustür, mit einem Küchenmesser, das die Familie Mannichl vergessen hatte, nachdem sie draußen mit Nachbarn bei Glühwein und Plätzchen die Adventsstimmung genossen hatte. Viel mehr weiß die Polizei auch ein Jahr danach noch nicht. Es bleibt sogar offen, ob jemals zu ermitteln ist, was sich am 13. Dezember 2008 in Fürstenzell bei Passau abgespielt hat.

Mannichl hält seine Schilderung der Tat unvermindert aufrecht: Ein Hüne mit Glatze oder sehr kurzen Haaren habe geschimpft, „du linkes Bullenschwein, du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum“ – und zugestochen. Der Täter soll auch „schöne Grüße vom nationalen Widerstand“ gesagt haben. Die Empörung war bundesweit gewaltig. In Medien und Politik wurde das mögliche Attentat eines Neonazis auf einen Polizeidirektor schon mit den Anschlägen der RAF verglichen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) änderte radikal seine Meinung zum Verbot der NPD und forderte einen neuen Anlauf beim Bundesverfassungsgericht.

Als jedoch Tatverdächtige freigelassen werden mussten, als Zeugenaussagen hinfällig wurden und die Polizei, auch aufgrund eigener Pannen, in dem Fall nicht weiterkam, wurde über eine Beziehungstat aus Mannichls Umfeld spekuliert. Beweise gab es aber auch da nicht. Der 53 Jahre alte Mannichl kann zudem eine tadellose Polizeilaufbahn vorweisen. Im Juni wurde er im neuen Polizeipräsidium Niederbayern zum Leiter der Verbrechensbekämpfung ernannt.

Vor kurzem hat Mannichl wieder mit Nachbarn vor der Haustür gestanden, zum üblichen Adventsplausch. Hinterher hat er darauf geachtet, dass draußen kein Messer liegen blieb.