Nicht jeder Musiker aus Hessen hat das Glück reich und berühmt zu werden wie der Sohn Mannheims, Xavier Naidoo. Nun liegt Mannheim bekanntlich auch nicht in Hessen sondern in Baden-Württemberg und der junge Darmstädter Rapper um den es hier geht, hat den steinigen und schweren Weg zum Superstar eher noch vor sich. Hinter ihm liegt dafür ein mindestens genauso beschwerlicher Weg, Papierloser in Deutschland zu sein. Wenn aber alles gut geht, ist die Odyssee von Afro Hesse im Frühjahr zu Ende. Er wird seine Freundin heiraten, er besorgt seine Papiere, er bekommt einen Aufenthalt zunächst für drei Jahre und danach vielleicht dauerhaft.
„Wer sich engagiert und integriert, ist willkommen – unabhängig von seiner Herkunft“, so und ähnlich lauten die Angebote, die von der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer, aber auch – Innenministern formuliert werden.
Die Realität der etwa eine Millionen Papierlosen in Deutschland sieht anders aus. Sie leben in ständiger Angst entdeckt zu werden; wer sich integrieren will und dafür Kontakt mit den Behörden aufnimmt, droht entdeckt, denunziert und abgeschoben zu werden. Ein besonders krasses Beispiel dafür ist Afro Hesse: Er hat Musik gemacht, bei vielen Events geholfen, mitorganisiert, mitgemacht und ein paar Platten produziert und er hatte Erfolg. Wegen eines gestohlenen Portemonnaies vor zehn Jahren wird gegen ihn eine Jugendstrafe verhängt. Afro Hesse erhält im Gegensatz zu seiner Familie, mit der 1990 vor dem Bürgerkrieg aus Algerien geflohen ist, keine Aufenthaltserlaubnis und geht in den Untergrund. 2008 wird er dann in Berlin unschuldig in Untersuchungshaft genommen, nachdem er freigesprochen wurde, sollte er abgeschoben werden. Mit einer Petition in letzter Minute, konnte seine Abschiebung verhindert werden.
Was sucht diese Geschichte in diesem Blog? Es geht doch um „Neonazis, wo sie auftreten, was sie dabei sagen und vor allem: Was man gegen sie unternehmen sollte.“ Und was Neonazis mit Ausländern machen würden und was ihre Vorgänger gemacht haben ist in keinem Punkt mit dem heutigen Ausländer- und Aufenthaltsrecht zu vergleichen. Aber das deutsche Aufenthaltsrecht unterstützt Vorurteile, der fruchtbare Boden wird von Neonazis geschickt genutzt: Denn im Aufenthaltsrecht gilt „der Ausländer“ in erster Linie als Gefahr, weniger als Mensch und schon gar nicht als hoffnungsfroher Künstler. Er genießt keine Bewegungsfreiheit, kein Zugang zu Bildung, Gesundheit, kein Recht auf bezahlte Arbeit. Die neonazistische Denke von minderwertigen Menschen spiegelt sich in einer abgeschwächten Form wider: Die dürfen, sollen und wollen nicht arbeiten, die wollen nur Sozialhilfe. Der Fall von Afro Hesse zeigt uns, dass deutsches Recht sich gegen Integration, gegen Weltoffenheit und Vielfalt wendet. Und auch dieser Weg zu einem diskriminierungsfreien und menschenfreundlichen Aufenthaltsrecht wird steinig, schwer und er wird noch lange dauern.
Wer wie ich diesen Weg von Afro Hesse aus nächster Nähe verfolgt hat und gesehen hat, wie viel Behördenstaub er auf unendlich lang scheinenden Amtsfluren geschluckt hat, kann vor dem aktuellen Solidaritätskonzert mit P.R. Kantate und anderen Künstlern im Berliner Rauchhaus nur sagen: Er ist jung, talentiert, hat Schulden wegen zu strenger deutscher Aufenthaltsvorschriften und braucht das Geld!
Also falls ihr in Berlin seid kommt vorbei:
Samstag 09.01.2010
Auf der Bühne:
Rebel One
P.R Kantate
Kritische Distanz
Afro Hesse
Tim Taylor
New Style
J.R Pepsi
Da Nubian Don Pon Microphone
Einlass 20:30, Beginn 21:30 Uhr, Eintritt: 5 Euro
Rauchhaus, Mariannenplatz 1a, Kreuzberg 36, 10997 Berlin