Nach dem rechtsextremistischen Brandanschlag auf das „Haus der Demokratie“ in Zossen in Brandenburg hat der bundesweite Verein „Gesicht zeigen!“ Bürgermeisterin Michaela Schreiber scharf angegriffen. Doch die weist die Vorwürfe entschieden zurück.
Von Tagesspiegel-Autor Alexander Fröhlich
Brandenburg ist deutschlandweit zum Vorbild im Kampf gegen Rechtsextremismus geworden, Aussetzer gibt es dennoch – zum Beispiel in Zossen. Die Kritik an Bürgermeisterin Michaela Schreiber (Listenvereinigung Plan B) wird nach dem mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Brandanschlag auf das „Haus der Demokratie“ vor mehr als einer Woche daher immer schärfer. Politische Brandstiftung wirft ihr nun der bundesweit tätige Verein „Gesicht zeigen!“ vor. Schreiber habe nicht nur die Arbeit der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ nicht unterstützt, sagte Geschäftsführerin Rebecca Weis am Dienstag in Berlin. Schreiber habe dem Betreiber des „Hauses der Demokratie“ auch mehrfach vorgeworfen, zu linkslastig und damit selbst für Auseinandersetzungen mit Neonazis verantwortlich zu sein. „Wer sich so verhält, begünstigt die Feinde der Demokratie“, sagte Weis.
Erstmals äußerte sich auch die Bürgermeisterin selbst. Schreiber bezeichnete die Vorwürfe als „abenteuerlich“. Bereits bei der ersten Ankündigung einer Versammlung von Neonazis im Dezember 2008 sei aus dem Rathaus die Idee für die Aktion „Licht aus, kein Licht für dunkle Gedanken“ gekommen. Ferner habe Zossen am 27. Januar 2009 als erste Kommune in Brandenburg aus Anlass des Holocaust-Gedenktages die Sirenen heulen lassen.
Jörg Wanke, der Sprecher der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“, widersprach dem. Die Idee für die Aktion „Licht aus“ sei bei einem Treffen der Initiative mit einem inzwischen zum Schweigen verdonnerten Rathausmitarbeiter entstanden. Sie selbst hätten die Gewerbetreibenden zur Teilnahme aufgerufen. Zudem gebe es nur in manchen Ortsteilen eine Sirene, nicht aber in der Kernstadt. Dort sorge die Kirche für Glockengeläut zum Holocaust-Gedenktag. Während des jüngsten Gedenkens habe Schreiber den Abwasserverband besucht. Zudem erneuerte Wanke den Vorwurf, Schreiber und Plan B mangele es am Willen zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Sie verfolgten eine Strategie des Wegsehens. Aus Angst um das Image der Stadt.
Ein Beispiel dafür gab am Dienstag die Listenvereinigung Plan B, mit neun Mitgliedern stärkste Fraktion im Stadtparlament. Sie sei gegen jeden Form von Extremismus, sagte Sprecher Robin Lewinsohn. Er warnte vor einem Aufbauschen des Rechtsextremismus. Im Kreis Teltow-Fläming gebe es bei mehr als 160.000 Einwohnern 70 Neonazis. Deren Wirken dürfe nicht überschätzt werden, sagte er keine zwei Wochen nach dem Anschlag. Ein anderes Plan B-Mitglied sagte dem ZDF, mit solchen Initiativen würden die Neonazis erst angezogen.
Andrea Nienhuisen vom Mobilen Beratungsteam sprach dagegen von verstärkte Aktivitäten von Neonazis in der Region. Die freien Nationalisten seien gut vernetzt – auch mit der NPD. Tatsächlich zählen die „Freie Kräfte Teltow Fläming“ zu den stärksten Gruppierungen in Brandenburg und obendrein als extrem gewaltbereit. Zu ihnen hatte, wie er der Polizei sagte, der geständige 16-jährige Neonazi mit dem Brandanschlag auf das „Haus der Demokratie“ in der Nacht zum 23. Januar Anschluss gesucht. Seit der Eröffnung im September 2009 war das Haus mehrfach Ziel von Anschlägen, auch auf Mitglieder der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ gab es Attacken.