Das Motto ihrer Demonstration in Erfurt „Wir bleiben hier“ ist für die NPD in Thüringen am 1. Mai Realität geworden – aber in anderer Form, als sich die Neonazis dies vorgestellt hatten. Nur 500 Meter nach dem Beginn der Demonstration stoppte die Polizei den Aufmarsch und ließ die 400 Neonazis in einem Kessel etwa zwei Stunden lang warten. Anschließend wurden die Rechtsextremen geschlossen zurück zum Bahnhof geleitet. An Aktionen gegen den Aufmarsch beteiligten sich in Erfurt insgesamt rund 1.000 Personen. Sie folgten damit dem Aufruf eines breiten Bündnisses, in dem sich Initiativen, Parteien und Organisationen zusammengeschlossen hatten. Unterstützt wurden die Demonstranten auch von Landtagsabgeordneten der Linken, der Grünen und der SPD.
Eigentlich für 11.00 Uhr angekündigt, konnte sich der Nazi-Aufmarsch erst zwei Stunden später als geplant in Bewegung setzen. Der Grund: Blockaden des breiten Erfurter Bürgerbüdnisses hatten u.a. die Anreise von zwei Bussen mit Neonazis aus Bayern behindert. Auch kurz nach dem Beginn des Aufmarsch blockierten junge Menschen die Straße und wurden von der Polizei geräumt. Doch die Rufe der Neonazis „Die Straße frei der deutschen Jugend!“ sollte sich nicht bewahrheiten.
Blockade sorgt für Aufmarschstop
Knapp 20 Minuten nach dem Auftakt blockierten rund 300 Personen die geplante 8 km lange NPD-Route. Von der Polizei mit sog. Hamburger Gittern von den Neonazis getrennt, wuchs die Zahl der Blockierer stetig an. Unter unverhohlenen Drohungen boten die Neonazis „ein kostengünstiges Räumkommando an“ – ein Durchbruch in Richtung der Blockade scheiterte jedoch wenig später am Eingreifen der Polizei. Da half auch die Rede des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt nicht weiter, der an die „Polizisten als deutsche Familienväter“ appellierte, um zu vermeiden, dass „Deutsche auf Deutsche einprügeln“. Nach den bekannten Hasstiraden auf Gewerkschaften, Parteien und die Demokratie schloss Voigt mit seiner eigenen Kapitalismustheorie: „Das Kapital hat kein Volk, das Kapital hat keine Heimat, das Kapital hat keine Familie“ schaltte es aus dem Lautsprecherwagen der NPD.
Während der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD in Thüringen, Patrick Wieschke , mit der Polizei über eine mögliche Alternativroute verhandelte, durfte auch Phillip Hasselbach von den „Freien Nationalisten München“ das Wort an die wartenden Neonazis richten.
Bayerische Neonazis gleichen Thüringen-Defizit aus
Ohnehin blieb die Zahl der Neonazis unter den erwarteten 500 Teilnehmern zurück. Die durch Streitigkeiten im Vorfeld erzeugte mangelnde Beteiligung aus Thüringen wurde mit Neonazis aus Bayern kaschiert. Als nach rund zwei Stunden des Wartens deutlich wurde, dass Alternativrouten ebenfalls durch Blockaden nicht möglich waren, löste Wieschke sichtlich genervt die Demonstration auf. Auch der Versuch, auf dem Rückweg gegen das Scheitern mit einer Sitzblockade zu protestieren und die Neonazis zu „krreativen Aktionen“ (Wieschke) zu motivieren, scheiterte.
Nach einer Polizeiaufforderung verließen immer mehr NPD-Anhänger den Platz und die Blockade wurde wegen „mangelnder Kameradschaft“ beendet.
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, Unterstützung für die Thüringer Polizei kam aus Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und von der Bundespolizei. Im Einsatz waren Hunde, Hubschrauber und Wasserwerfer. Nach dem Ende der kurzzeitigen Sitzblockade kam es am Erfurter Hauptbahnhof zu Auseinandersetzungen, als sich Neonazis den Weg durch Gegendemonstranten bahnen wollten. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein, mehrere Demonstranten und Beamte wurden dabei verletzt.