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Müde stapft das Reich

 

Die Partei wollte ihre Marke polieren. Das Ergebnis ist trist. Braune Reden, schräge Metaphern, dumpfe Gedanken – wie die NPD sich in Bamberg präsentiert.

Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen

Ab und zu zeigt sich die NPD gnädig. Nachdem einem halben Dutzend Journalisten der „Systemmedien“ die Teilnahme am Programmparteitag in Bamberg verweigert worden war, durften alle anderen Reporter bleiben. Eine knappe Mehrheit der Delegierten lehnte am Freitag einen Antrag auf kollektiven Rauswurf ab. Auch die Beschimpfungen waren vergleichsweise moderat. Wurden die Journalisten im vergangenen Jahr beim Parteitag in Berlin noch als „Geschmeiß“ tituliert, war diesmal nur die Vokabel „Bagage“ zu hören. Die atmosphärischen Details kündeten vom Versuch der NPD, in Bamberg zwei Tage lang Markenpolitur zu betreiben. Doch das Ergebnis ist trist.

Schon der Mangel an Redetalent, den Parteichef Udo Voigt häufig demonstriert, war auch in Bamberg ein Indiz für schlichte Strategien – gepaart mit bräunlichem Fanatismus. „Wir werden die Stapfen des Reiches in diese Republik tragen“, rief der ergraute, bereits 14 Jahre amtierende Vorsitzende den knapp 200 Delegierten zu. Sie belohnten das schiefe Deutsch mit kräftigem Beifall, war doch der für die NPD hochemotionale Begriff „Reich“ herausgeflutscht. Welches Reich gemeint ist, teilten die Delegierten auf ihre Weise schon zu Beginn des Parteitags mit. Es gab tosenden Applaus, als eine Funktionärin der „Hilfsorganisation für nationale Gefangene“ deklamierte, „wir fordern die Abschaffung aller Anti-NS- und Gesinnungsparagrafen“.

Dabei hatte die NPD auf dem Programmparteitag ein „politikfähiges“ und weniger rückwärtsgewandtes Profil zeigen wollen. Doch vom Potenzial einer Freiheitlichen Partei Österreichs oder einer der anderen, bei Wahlen so erfolgreichen rechtspopulistischen Parteien in Europa, bleibt die NPD weit entfernt. In Bamberg hielt sie sich beispielsweise lange mit einer Debatte auf, ob im Programm stehen sollte, Zinsen seien abzuschaffen. „Der Zins gehört weg, brecht die Zinsknechtschaft, Freiheit für den deutschen Arbeiter“ dröhnte ein bayerischer Delegierter. Kerniger Beifall.

Das Programm selbst, das die Leitlinien von 1996 ablösen soll, basiert auf einem Entwurf des Parteivorstands, der Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ und „Schuldkult beenden“ bietet. In der Präambel, den „Grundgedanken“, heißt es, „die Systemparteien wollen sich durch Austausch des Volkes an der Macht halten, im Gegensatz dazu strebt die NPD den Austausch der Herrschenden an“. In Kapitel 17, „Reform des Rechtssystems“, wird gefordert, im Strafgesetzbuch unter anderem die Paragrafen 130 (Volksverhetzung) und 86a (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) zu streichen. Demnach bliebe straflos, wer öffentlich den Hitlergruß zeigt oder eine Hakenkreuzfahne schwenkt.

Für Voigt war Bamberg jedoch ein Erfolg. Der NPD-Chef setzte sich wieder gegen interne Opposition durch, außerdem konnte er die „Verschmelzung“ mit der DVU verkünden. Aber womöglich geht die siechende DVU vorher zugrunde. Hochrangige Funktionäre wollen den verschmelzungswilligen Parteivorsitzenden Matthias Faust absetzen.