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Alle Müller oder was?

 

Graffiti an der Herrnmühle

In Heiligenstadt im thüringischen Eichsfeld will die NPD eine historische Mühle ersteigern, um dort ein „nationales Zentrum“ einzurichten. Die Stadt setzt beim Erwerb auf ihr Vorkaufsrecht und will damit verhindern, dass das Gebäude an die extrem rechte Partei fällt.

Mühlenschild der Herrnmühle

„Mühle geschlossen!“: die Botschaft auf dem vergilbten Zettel im Schaukasten der Heiligenstädter „Herrnmühle“ ist ebenso schlicht wie eindeutig: nach der Insolvenz des Vereins „Herrnmühle Kornspeicher e.V.“ ist das Gebäudeensemble aus dem 13. Jahrhundert

verlassen und steht leer. Der Verein hatte die Mühle im Jahr 2003 erworben und sich ehrenamtlich um ihren Erhalt bemüht – nun stehen die historischen Gebäude mit dem rund 500 m² großen Hof und einem Mühlengraben vor der Zwangsversteigerung. Auch die NPD hat bereits Interesse angemeldet: der Kreisverband Eichsfeld will dort ein sog. „nationales Jugend- und Kulturzentrum“ einrichten. Neben einem Veranstaltungsraum und Wohnräumen soll die Herrnmühle künftig auch ein NPD-Bürgerbüro beherbergen.

Rechtes Zentrum als Kampfansage

Bei der Ausrichtung eines solchen rechten Zentrums nimmt die Partei kein Blatt vor den Mund und spricht von einer „Kampfansage“ an die „Villa Lampe“, dem einzigen Anlaufpunkt für nicht rechte Jugendliche in der Hauptstadt des Eichsfeldkreises. Die Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft geriet immer wieder ins Visier der Rechtsextremen wie beispielsweise im Februar 2009, als vor der Eröffnung einer Ausstellung zu Opfern rechter Gewalt das Tor versperrt wurde. Ein Transparent ließ keinen Zweifel über die Urheber der Aktion: „Wegen Lügen geschlossen, Freier Widerstand Eichsfeld“. Auch die NPD versucht vor Ort ihre Arbeit auszubauen. Während die Partei auf Landesebene mit ihrer

Niederlage in der Landtagswahl und einem Mitgliederrückgang kämpfen muss, setzt sie vor Ort auf die Erfolge der Kommunalwahlen vom vergangenen Jahr. Dabei war die rechtsextreme Partei in jedem Wahlkreis in die kommunalen Parlamente eingezogen, in dem sie sich zur Wahl gestellt hatte. Auch das Projekt der sieben flächendeckend erscheinenden Regionalzeitungen verweist auf die Graswurzelstrategie der NPD in Thüringen, mit der sie ihre kommunalpolitische Rolle verankern will. Da kommen ihr eigene Gebäude nur recht, denn trotz Orten wie der äußerst beliebten „Erlebnisscheune“ in Kirchheim oder dem Schützenhaus in Pößneck hat es die NPD bei der Suche nach größeren Veranstaltungsorten in Thüringen nicht leicht.

Stadt will mit Vorverkaufsrecht NPD-Zentrum verhindern

Die Stadt Heiligenstadt hat angekündigt, sie wolle auf jeden Fall verhindern, dass die rechtsextreme Partei den Zuschlag erhält. Ein städtisches Gebot von 71.000 Euro liegt für das Ensemble vor, auch von anderen Bietern ist die Rede. Bürgermeister Bernd Beck

ist davon überzeugt, dass die Stadt den Zuschlag erhält, immerhin habe sie aufgrund der Lage im städtischen Sanierungsgebiet das Vorkaufsrecht für das Gebäude. Um sicher zu gehen, sollen noch einmal alle rechtliche Fragen abgeklopft werden. Derweil gibt sich der NPD-Abgeordnete im Eichsfelder Kreistag und mehrfach vorbestrafte Neonazi Thorsten Heise mit Blick auf die Versteigerung „am Montag, den 21. Juli 2010“ vollmundig. Beim zuständigen Amtsgericht stößt die Ankündigung jedoch auf Verwunderung, denn für den 21. Juli sind dort keine Zwangsversteigerungen von Immobilien vorgesehen. Und auch bei der Wahl des Datums hat Heise sich wohl um einen Monat vertan, schließlich handelt es sich bei dem betreffenden Tag um einen Mittwoch.