Fünf Monate nach dem rechtsextremen Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen hat die Staatsanwaltschaft Potsdam Anklage gegen zwei Jugendliche erhoben. Als Haupttäter gilt der ältere der beiden, er ist 16 Jahre alt. Nach Informationen des Tagesspiegels wirft ihm die Staatsanwaltschaft Brandstiftung vor, der mutmaßliche Mittäter, ein 15-Jähriger, soll Beihilfe geleistet haben. Das Haus der Demokratie, ein Flachbau in der Kirchstraße in Zossen, war in der Nacht zum 23. Januar komplett ausgebrannt. Dabei wurde auch die Dauerausstellung „Jüdisches Leben in Zossen“ zerstört. Die Polizei bezifferte den Sachschaden auf 100 000 Euro. Der Anschlag löste über Brandenburg hinaus Empörung aus.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Der am 28. Januar festgenommene 16-Jährige hat die Tat weitgehend gestanden. Demnach brach er am späten Abend des 22. Januar zusammen mit dem 15-Jährigen und einem 13-Jährigen in den Flachbau ein, um ihn anzuzünden. Der 16-Jährige hatte eine Flasche mit Benzin und zwei Stücke Grillanzünder dabei. Die Eindringlinge entdeckten zudem im Haus der Demokratie eine Flasche mit Flüssiganzünder. Der 16-Jährige schüttete das Benzin über ein Bücherregal und zündete es an. Der 13-Jährige soll in einem anderen Raum den Flüssiganzünder auf den Boden gekippt und sein Feuerzeug gezückt haben. Gegen den 13-Jährigen kann kein Verfahren geführt werden, er ist aufgrund seines Alters noch nicht strafmündig. Der 15-Jährige soll bei der Brandstiftung zugeschaut haben. Er gilt dennoch als tatverdächtig, da er die Bereitschaft der Brandstifter zur Tat verstärkt haben könnte.
Mit dem Brandanschlag habe der 16-Jährige offenbar einem der Anführer der rechtsextremen Szene in der Region imponieren wollen, hieß es in Justizkreisen. Auch dieser Mann zählt zum Kreis der insgesamt sechs Tatverdächtigen, das Verfahren gegen ihn wurde jedoch abgetrennt. Der etwas ältere Szeneanführer steht in Verdacht, den 16-Jährigen zum Angriff auf das Haus der Demokratie animiert zu haben. Außerdem soll er bereits im Herbst 2009 in den Flachbau eingebrochen sein.
Der Anschlag war Teil einer Serie rechtsextremer Straftaten, die Zossen und Umgebung in den vergangenen Monaten trafen. Am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, störten Neonazis eine Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Holocaust. Anfang März wurden in Zossen und Königs Wusterhausen zahlreiche Hakenkreuze geschmiert und „Stolpersteine“ geschändet, die an Juden erinnern, die das NS-Regime in Vernichtungslager deportieren ließ. Außerdem wurden Mitglieder der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ bedroht.
Gegen die rechtsextremen Angriffe in der Region protestierten Anfang Mai mehrere Prominente mit einer Veranstaltung in der Akademie der Künste in Berlin. Die Schauspielerin Iris Berben forderte bei diesem Anlass stärkeren Widerstand gegen demokratiefeindliche Umtriebe.