Die umstrittene Modemarke Thor Steinar wird wohl weiter mit Spott und Häme leben müssen. Bei einer mündlichen Verhandlung erklärte das Landgericht Nürnberg am Mittwoch, dass es den Verkauf der Satire-Marke Storch Heinar wahrscheinlich nicht verbieten werde. Die bei Rechtsextremen beliebten Pullover, T-Shirts und Jacken von Thor Steinar werden von der Firma Mediatex aus Mittenwalde südlich von Berlin vertrieben. Mediatex fühlte sich durch die Persiflage Storch Heinar angegriffen, letzteres Label hatte die Initiative „Endstation rechts“ aus Mecklenburg-Vorpommern entworfen. Mediatex sieht sich durch Kleidungsstücke mit Storch-Heinar-Motiven in seinen Markenrechten verletzt und forderte an diesem Mittwoch vor dem Landgericht Nürnberg eine Unterlassung. Der Streitwert des Zivilverfahrens um einen möglichen Verstoß gegen Wettbewerbs- und Markenrecht liegt bei 100 000 Euro.
Von Tagesspiegel-Autor Hannes Heine
Das Gericht empfahl Mediatex, ihre Klage zurückzuziehen, was die Firma vorerst verweigern wollte. Die beiden Modemarken seien deutlich unterscheidbar, teilte das Gericht mit. Eine „Verballhornung“ falle unter die Kunstfreiheit. Das Urteil folgt am 11. August dieses Jahres.
Da Storch-Heinar-Motive über das Internet vertrieben werden und der etwaige Tatort deshalb potenziell überall ist, konnte sich die Klägerfirma das Nürnberger Gericht als Verhandlungsort aussuchen. Beklagter ist der Schweriner SPD-Landtagsabgeordnete und Miterfinder der Persiflage, Mathias Brodkorb. Das Motiv von Storch Heinar ist ein zerrupfter, trauriger Storch mit strengem Seitenscheitel und Oberlippenbärtchen – ähnlich wie bei Adolf Hitler.
Unterstützung kam von Mecklenburg-Vorpommerns ehemaligem Ministerpräsidenten Harald Ringstorff (SPD), der 2000 Euro zur Finanzierung der Prozesskosten gespendet haben soll. Die umstrittene Kleidungsmarke aus dem brandenburgischen Mittenwalde dürfte finanziell gut ausgestattet sein. Wie viel Geld man verdiene, wollte die Firma nicht mitteilen. Während Richter und Politiker mit Urteilen und Kampagnen seit Jahren gegen Thor Steinar vorgehen, baute der frühere Chef der rechten Modemarke südlich von Berlin vor zwei Jahren eine 650-Quadratmeter-Villa. Vor rund einem Jahr war der arabische Großinvestor Faysal al Zarooni bei Thor Steinar eingestiegen. Das Unternehmen aus dem Nahen Osten beteiligte sich vor allem an Immobiliengeschäften und residiert in bester Innenstadtlage im Hamarain-Center in der Millionenmetropole Dubai. Fragen, wer bei Mediatex die Geschäfte führt, wurden von der Firma ebenso wenig beantwortet, wie der aktuelle Prozess kommentiert: Ob man sich in Mittenwalde vor dem Nürnberger Gericht noch Chancen ausrechne, war nicht zu erfahren.
Schon 2004 hatten brandenburgische Staatsanwaltschaften Kleidungsstücke der Marke beschlagnahmen lassen – wegen des Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Runen ähnelten Nazi-Symbolen, hieß es damals. Das neue Markenlogo wird von Gerichten als „strafrechtlich unerheblich“ betrachtet. Seit 2002 ist Thor Steinar bei den Behörden als Marke registriert.