Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Zerstörte Kunstaktion bleibt als Mahnung gegen Rassismus

 

Eine der umgeworfenen 600 Kilo schweren Stelen liegt auf der Prager Straße © dpa

Unbekannte haben in Dresden Teile der Kunstaktion „18 Stiche“ zum Gedenken an den Mord an Marwa El-Sherbini und gegen Alltagsrassismus umgeworfen. Der Organisator, der Verein Bürger Courage, glaubt an eine „politisch motivierte“ Zerstörungsabsicht.

18 Messer aus Beton will der Verein in der Dresden Innenstadt verteilt aufstellen. Zehn davon stehen bereits, aber letzte Woche wurden drei der Betonstelen umgeworfen. An den Stelen festgeschraubte Infotafeln, die auf die antirassistische Intention des Projekts hinweisen, wurden abmontiert und gestohlen. Christian Demuth, Vorsitzender von Bürger Courage, geht deshalb davon aus, dass die Messer aus politischen Motiven umgeworfen wurden. „Zur Mahnung gegen Alltagsrassismus werden wir die zerstörten Installationen bis zum Ende des Projekts nicht wieder aufrichten. Wir werden das Projekt aber fortführen“, sagte er dem Störungsmelder.

Die Messer sollen erinnern. Zum einen an den Mord an Marwa El-Sherbini. Ein Mann tötete die Ägypterin vor rund einem Jahr in einem Gerichtssaal aus rassistischen und islamfeindlichen Motiven mit 18 Messerstichen. Zum anderen soll die Installation des Künstlers Johannes Köhler auf die „vielen kleinen Stiche und Verletzungen“ aufmerksam machen, die Rassismus im Dresdner Alltag verursacht. Während der brutale Mord an Marwa El-Sherbini Entsetzen auslöste, scheint Alltagsrassismus als Thema noch nicht im Bewusstsein von Politik und Bürgern angekommen. Christian Demuth kann von vielen positiven Reaktionen auf die Kunstaktion berichten. Jedoch habe er auch E-Mails bekommen, die Bürger Courage auffordern, doch auch „Morde von Ausländern an Deutschen“ zu dokumentieren. Mit spontanen Kundgebungen versuchten rund 30 Leute am Wochenende erneut auf die Zerstörung der Betonmesser und auf Rassismus im Alltag aufmerksam zu machen: Sie kritisierten die Gesellschaft, die bei Rassismus wegsehe und ihn damit erst ermöglichen würde. Die Stadt Dresden verspreche Weltoffenheit, setze sie aber nicht um.

Ähnliches prangert auch Demuth an: „Es scheint auch so, dass oft zwischen ‚nützlichen‘ und ‚nicht nützlichen‘ Migrantinnen und Migranten unterschieden wird. Es sollte für die Behandlung von Menschen in unserer Stadt aber nicht maßgeblich sein, inwiefern sie unserer Wirtschaft und Wissenschaft nutzen. Wenn Menschen aus ihrer Heimat flüchten müssen, weil sie sich bedroht fühlen, ist es vollkommen egal, ob sie einen Doktortitel haben oder nicht.“ Die Stadt Dresden habe bisher nicht auf die Zerstörung reagiert, sagt Demuth. Bürger Courage hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Dresdner Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung. Sie geht nicht von einer politisch motivierten Tat aus: „Zum Motiv der Täter liegen keine Anhaltspunkte vor.“ Laut einer Sprecherin haben die Ermittlungen bisher nichts Neues ergeben. Die Kunstaktion konnte inzwischen verlängert werden, sodass die Messer noch bis Mitte August in Dresden stehen und liegen werden.