Der aus der CDU ausgeschlossene „Islamkritiker“ René Stadtkewitz hat heute zur Pressekonferenz geladen. Thema: Gründung einer neuen Partei. Doch fand diese nicht wie ursprünglich geplant im Berliner Abgeordnetenhaus, sondern im Hinterzimmer eines gewöhnlichen Italieners gegenüber statt. An der Wand provisorisch befestigt, ein blaues Schild mit der Aufschrift „Die Freiheit – Partei für mehr Freiheit und Demokratie“. Dicht gedrängt warteten die Journalisten auf den entscheidenden Coup: Thilo Sarrazin? Necla Kelec? Fehlanzeige!
Am Tisch saßen drei Männer. Neben Stadtkewitz, der vor allem über den Moscheekonflikt in Pankow-Heinersdorf Bekanntheit errang, Marc Doll, CDU-Mitglied aus Berlin-Mitte, sowie Aaron König, ehemaliges Bundesvorstandsmitglied der Piraten. Der Ausschluss von Stadtkewitz aus der CDU-Fraktion gilt als der Auslöser, diese neue „Anti-Parteien-Partei“ zu gründen. Dabei erhofft sich die noch in Gründung befindliche Vereinigung, dass Spektrum all jener 18 Prozent abzudecken, die nach Umfrage der Bild-Zeitung eine politische Kraft unter Führung von Thilo Sarrazin wählen würden.
„Die Freiheit“ versteht sich als „Befreiungsbewegung“, proklamierte der Ex-Pirat König. Mittels der Ausdehnung von Volksentscheiden, welche in Berlin durch Rot-Rot eingeführt wurden, wolle man insbesondere die Nichtwähler erreichen. Man sei liberaler als die FDP, aber nicht eine „Partei der Besserverdienenden“. Zugleich stehe „Die Freiheit“ für Sicherheitspolitik. Marc Doll betonte das Ausufern linksextremer Gewalttaten und forderte hartes durchgreifen. Ähnlich bezog auch Stadtkewitz Stellung. Bei „Integrationsverweigerern“ dürfe es keine Kompromisse geben, sagte das Bundesvorstandsmitglied der rechtskonservativen Vereinigung „Pax-Europa“. Es wirkt vieles noch sehr provisorisch bei der „Freiheit“. Während König im Interview mit dem 3Sat-Magazin Kulturzeit äußerte, der Anti-Terror-Kampf spiele den Islamisten in die Hände, betonten Doll und Stadtkewitz die kompromisslose Haltung gegenüber „dem Islam als politisches System“.
Es bleibt abzuwarten, wie insbesondere die „Islamkritiker“-Szene auf die Parteigründung reagiert. Schon seit langem wurde auf dem neu-rechten Informationsportal „Politically Incorrect“ darüber diskutiert, wie man das Spektrum rechts der CDU parteipolitisch abbilden kann. Auch die Initiative „Linkstrend Stoppen“, ein rechtskonservatives Netzwerk von CDU-Mitgliedern und Sympathisanten, so auch Stadtkewitz, bereitet sich auf eine politische Alternative vor. Deren Initiator, Friedrich-Wilhelm-Siebeke, hat einst in CDU-Kreisen für sein Sondervotum im Fall Hohmann Aufsehen erregt. Es bleibt abzuwarten, ob die aktuelle Debatte in der Causa Steinbach zur Mobilisierung dieses Lagers für eine neue Partei beiträgt. Stadtkewitz äußerte sich hierzu eher indirekt. Die CDU habe in der Vergangenheit viel zu oft die Meinungsfreiheit unterbunden. Marc Doll, momentan noch Vorstandsmitglied der CDU Bernauer Straße sieht dies genauso und hat bereits Vorstandskollegen Michael Wittkowski mitgenommen.
Es wird sich jedoch zeigen, wie „Die Freiheit“ im rechtskonservativen Milieu angenommen wird. Eins ist klar: Wo eine Tür geöffnet wird, verirren sich auch viele Verrückte. So ist auch die Vereinigung „Pax Europa“, welche von dem „Islamkritiker“ Udo Ulfkotte einst für das Ziel, der Gründung einer neuen Partei, ins Leben gerufen wurde, nach seiner Meinung von „rechtsradikalen Radaubrüdern“ unterwandert. Zwar haben König und Stadtkewitz mehrfach darauf hingewiesen, keine „Extremisten“ in der Partei zu dulden, doch dürfte der Spaltpilz auch „Die Freiheit“ heimsuchen. Obgleich ein Ableger der Geert Wilders „Partei für die Freiheit“ auch in Deutschland auf fruchtbarem Boden fällt, doch dürften die programmatischen Widersprüche in Hinblick auf die Abgeordnetenhauswahl schwer zu beseitigen sein. Gerd Wilders Vorteil ist, dass er seine eigene Partei ist und seine Unterstützer netzwerkartig um ihn gescharrt werden. „Die Freiheit“ hingegen organisiert sich, wenn auch gegen die „political correctness“, als „normale Partei“, mit den üblichen Streitigkeiten um Macht und Einfluss. Drei Männer saßen auf dem Podium mit sicherlich unterschiedlichen Ambitionen. Insbesondere der Widerspruch zwischen dem eher modern und liberal auftretenden König und den konservativen Hardlinern Doll und Stadtkewitz könnten auf Dauer zu groß werden. Das Ziel, die 5-Prozent-Hürde bei der Abgeordnetenhauswahl zu knacken, könnte auch durch äußere Gegner bedroht werden. Schärfster Konkurrent: Die rechtspopulistische Vereinigung Pro-Berlin, welche mit Patrik Brinkmann einen vermeintlich finanzstarken Unterstützer im Rücken haben.
Auf die abschließende Bemerkung eines Journalisten, dass eine solche Partei ja eine charismatische Führungsfigur brauche und ob er, Stadtkewitz, denn eine solche darstelle, lachte der halbe Raum. Stadtkewitz antwortete verlegen und König bemerkte, dass die Partei weniger auf Prominenz, mehr auf Quereinsteiger setze. Doch Auslachen sollte man die „Die Freiheit“ nicht, bleibt doch die Dynamik der aktuellen Debatte um Integration, Islam und der Rolle der „politischen Klasse“ im Allgemeinen unberechenbar.