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Berliner Thor Steinar-Geschäft wird zwangsgeräumt

 

Bunter Protest gegen fragwürdige Mode, hier in Berlin-Friedrichshain © Matthias Zickrow

Die umstrittene Modemarke Thor Steinar aus Brandenburg, die besonders in der Neonaziszene beliebt ist, muss eine weitere Schlappe hinnehmen. Nach einem langwierigen Rechtsstreit wird das Thor Steinar-Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße in den nächsten Wochen vom Gerichtsvollzieher zwangsgeräumt.

„Wir haben den Mieter Protex aufgefordert das Geschäft bis zum 30. 9. zu räumen“, sagte Christian Verstege, der Anwalt des Hausbesitzers. Doch die Betreiber des Geschäfts ignorierten das Schreiben offensichtlich. Am 4.  Oktober schickte die Anwaltskanzlei daraufhin einen Räumungsauftrag an das Amtsgericht. Dort wird jetzt ein Gerichtsvollzieher mit der Räumung des Ladens beauftragt. Falls nötig, wird dazu die Polizei zur Amtshilfe angefordert. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe vor wenigen Wochen. Die Richter gaben den Räumungsklagen der Vermieter in Berlin und eines weiteren Thor Steinar-Geschäfts in Magdeburg statt. Inhaltlich urteilte der BGH, dass Mieter von Gewerberäumen auch ohne Nachfrage „außergewöhnliche Umstände“ mitteilen müssen, die für den Vermieter „offensichtlich von erheblicher Bedeutung sind“. Konkret ging es darum, dass die Vermieter nicht wussten, dass Neonazis laut Verfassungsschutz in der Marke ein „identitätsstiftendes Erkennungsmerkmal“ sehen.
Seit der Eröffnung im Jahr 2008 hatten Bürgerinitiativen, Antifagruppen und Politiker gegen die Marke protestiert und darauf hingewiesen, dass durch den Laden gewaltbereite Neonazis in die Straße gelockt würden. Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) schaltete sich in den Konflikt ein und bot dem Vermieter persönlich seine Unterstützung an. Nur fünf Tage nach der Eröffnung hatte die Hamburger Impala Immobilien der für Thor Steinar auftretenden Protex GmbH gekündigt.

„Im Falle dieses Thor Steinar Ladens wurden kreativer zivilgesellschaftlicher Protest und juristisches Vorgehen erfolgreich miteinander verbunden“, sagte Bianca Klose, Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. „Die Bekämpfung rechtsextremer Infrastruktur ist langwierig, sie bedarf der Partnerschaft verschiedener demokratischer Akteure und eines langen Atems.“

Die wegen des Thor Steinar-Geschäfts gegründete Anwohnerinitiative „Mitte gegen Rechts“ wurde mehrfach von Neonazis bedroht. Im Juni 2009 stand der frühere Thor Steinar-Geschäftsführer und Mieter des Ladens, Uwe Meusel, vor Gericht. Der Vorwurf: Hausfriedensbruch. Im Sommer 2008 soll er mit einer Begleiterin die Galerie der damaligen Sprecherin von „Mitte gegen Rechts“ betreten und auch nach Aufforderung nicht verlassen haben. Bevor Meusel die Räume schließlich doch verließ, soll er die Anwesenden bedroht haben. „Er sagte mir, ich solle in Zukunft lieber auf meine Gesundheit achten“, sagte eine Zeugin am Rande der Gerichtsverhandlung. Obwohl die Richterin die „Strafwürdigkeit“ des Hausfriedensbruchs ausdrücklich bestätigte, konnten Meusels Anwälte noch vor der eigentlichen Verhandlung hinter geschlossenen Türen einen Deal mit der Staatsanwaltschaft aushandeln. Weder Meusel noch die Zeugen mussten vor Gericht eine Aussage machen. Gegen eine Zahlung von 4.000 Euro wurde das Verfahren eingestellt. Meusels Begleiterin muss 1.400 Euro zahlen.

Im Deutschen Bundestag, vielen Berliner Klubs und einigen Fußballstadien in ganz Deutschland ist das Tragen der Marke schon lange verboten. Neben dem Geschäft in Mitte gibt es noch einen Thor Steinar-Laden in der Petersburger Straße in Friedrichshain. Mehrfach wurde die Fassade seit der Eröffnung mit Farbbeuteln beworfen.