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Neonazistisches „Heldengedenken“ in Thüringen

 

Der Sonntag zwei Wochen vor dem ersten Advent gehört fest in den Veranstaltungskalender der extrem rechten Szene: Zeitgleich zum Volkstrauertag gedenken Thüringer NPD-Abgeordnete gemeinsam mit örtlichen Kameradschaften ihrer soldatischen »Helden«.

Vom Redaktionskollektiv »NIP-Thüringen«

Diese Verehrung geht direkt zurück auf den Nationalsozialismus. 1934 wurde der Volkstrauertag in einen »Heldengedenktag« umbenannt, mit dem nicht mehr das friedliche Erinnern und die Mahnung an die Opfer des ersten Weltkriegs einherging, sondern nunmehr die Verehrung der Soldaten als »Helden« im Mittelpunkt stand.

In Thüringen findet jährlich die größte Veranstaltung dieser Art in Friedrichroda im Landkreis Gotha statt. Zu weiteren Versammlungen mit wehrmachtsverherrlichendem Charakter kam es am 14.11.2010 beispielsweise in Eisenach und Weimar. Oftmals werden die Versammlungen von NPD-Funktionären angemeldet, die dann auch für einen Redebeitrag zur Verfügung stehen. So sprachen lt. der Websites der NPD-Kreisverbände Gotha und des Wartburgkreises Sebastian Reiche (NPD-Abgeordneter Kreistag Gotha) und Patrick Wieschke (NPD-Abgeordneter Stadtrat Eisenach) .

Festes Ritual stellt eine anschließende Kranzniederlegung an Kriegsgräbern oder an anderen, für diesen Zweck instrumentalisierten Orten dar, wie zum Beispiel einem Mahnmal für Vertriebene in Weimar. Hier gedachten der REP-Landesverband Thüringen ausschließlich dem Leid und der Entbehrung deutscher Schicksale in den Kriegswirren. Deren Ursachen, wie die Expansionspolitik des NS-Regimes, wurden ausgeblendet.

Eine Überschneidung von parteipolitischem Personal mit der parteiungebundenen Kameradschaftsszene wird bei einem Blick auf die Kränze deutlich: In Weimar steuerte die NPD Weimar den Kranz bei, in Eisenach jedoch ist auf der Kranzschleife zu lesen »Nationaler Widerstand Eisenach«. Dies zeigt auch der gemeinsame Aufruf von NPD und freien Kräften, der dazu auffordert, sich am »Heldengedenken« in Friedrichroda zu beteiligen .

Direkt am Rennsteig gar, in der Nähe von Lauscha, in dessen Stadtrat zwei DVU-Vertreter sitzen, findet im November 2009 ein Augenzeuge auf dem dort niedergelegten Kranz die »Kameradschaft Lauscha« in friedlicher Koexistenz zu DVU und NPD, wobei sowohl eine Flagge der BRD als auch eine Reichsflagge mit der Farbkombination schwarz-weiß-rot den Kranz schmückten. Niedergelegt wurde er am Denkmal für die Opfer des ersten Weltkrieges, in dessen unmittelbarer Umgebung sich noch zwei Bänke mit den Aufschriften »Wie sie starben so wollen wir leben« und »Nichts ist zu kostbar für das Vaterland« befinden. Sicher kann hier eine Parallele hergestellt werden zum »Verein zur Pflege deutscher Denkmäler in Thüringen« e.V., der in Lauscha seinen Sitz hat.