Ein militanter Kameradschafter aus der sächsischen Provinz und der frühere Bundesvorsitzende der DVU – sie vermag auf den ersten Blick nichts zu verbinden und dennoch besteht zwischen ihnen eine praktische Beziehung. Derzeit kursiert in diversen neonazistischen Blogs ein Spendenaufruf für das indizierte Portal „mittelsachsen.org“. Die Spendenseite liegt auf dem Serverplatz des mittlerweile stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Matthias Faust. Wie kommt es dazu?
Wie bereits im Jahr 2009 bekannt wurde, beauftragte die inzwischen mit der NPD fusionierte Neonazi-Partei DVU einen sächsischen Kameradschafter, das Partei-Portal „Europa wehrt sich“ zu gestalten. Es handelt sich dabei um Fabian Spanuth aus Mittweida in der Nähe von Chemnitz. Auch sonst ist Spanuth eifrig dabei, der rechten Szene im Internet einen modernen Anstrich zu verpassen. Er bezeichnet sich selbst als Freiberufler im Bereich Mediendesign und schlägt sich überdies mit Nebenjobs als Security und mit anderen körperlichen Arbeiten durch. Der Verdacht liegt nahe, dass Spanuths finanzielles Wohl von seiner Auftragslage als Webdesigner abhängt und diese setzt sich vor allem aus Arbeiten für die bundesweite Neonaziszene zusammen.
Spanuth, der viele Jahre in Rostock als Schüler verbrachte, zeichnete sich dort schon verantwortlich für den Internetauftritt der Kameradschaft „NS Rostock“. Später zog er zurück nach Mittweida, den Ort seiner Kindheit. Dort betrieb er zusammen mit drei weiteren Mitstreitern lange Zeit die Internetseite „mittelsachsen.org“. Unter den Autoren befand sich unter anderem auch Tony Gerber, NPD-Kandidat aus Zwickau.
Beflügelt von mehr als 4000 Besuchern, erneuerte er bald das Design mehrerer Web-Präsenzen Freier Kameradschaften aus Sachsen, welche sich 2007 unter dem Label „Freies Netz“ zusammenschlossen. Ende 2009 wurde „mittelsachsen.org“ allerdings von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert. Spanuth als Betreiber wurde verpflichtet, den Inhalt für Minderjährige unzugänglich zu machen. Das Portal musste vom Netz genommen werden, ein Gerichtsprozess des Landkreises Mittelsachsen gegen Spanuth folgte.
Zur gleichen Zeit im fernen Hamburg: Der Vorsitzende der sich in Auflösung befindenden DVU, Matthias Faust, betreibt im Stadtteil Barmbek eine Selbstbedienungsvideothek. Kunden vertrauen dem unbekannten Betreiber, ist die Videothek doch günstig und 24 Stunden am Tag geöffnet. Doch eines Tages stehen die Kunden vor verschlossenen Türen, Faust hat sein Geschäft aufgegeben. Noch nachdem in dem Geschäft in einer belebten Einkaufsstraße bereits ein anderer Betreiber ein Lebensmittelgeschäft eröffnet hat, kommen überraschte Kunden Fausts in den Laden und beschweren sich, dass sie im Voraus bezahlt haben und nun keine Videos mehr ausleihen können. Die Verkäuferin erzählt, der Vermieter habe nun nach einem zuverlässigeren Nachmieter gesucht. Auf so einen wie Faust wollte er nicht noch mal reinfallen.
Zurück in Mittweida: Der schriftliche Gerichtsprozess gegen Fabian Spanuth ist beendet. Der Angeklagte wird zu einer Zahlung von über 4000 € verpflichtet, Anwaltskosten kommen noch dazu. Bezahlen kann er das von seinen Einkünften nicht, deshalb setzt er eine Seite auf, auf der er um Spenden bittet. Er streut die Nachricht über zahlreiche neonazistische Blogs aus dem gesamten Bundesgebiet.
Die Spendenseite mit einem Scan des Prozessverlaufes lädt er auf den Serverplatz von Fausts Videothek. Auf dessen Domain ist bislang kein weiterer Inhalt zu finden, schließlich betreibt der Parteivorsitzende sein Geschäft schon über ein Jahr nicht mehr. Und wofür Spanuth keinen Auftrag bekommt, das kann er wenigstens für andere Zwecke einsetzen. Nun muss er auf die Solidarität der Volksgemeinschaft setzen. Ob diese viel aufrichtiger ist als Videothekbetreiber Faust, bleibt fraglich. Bisher sind von erbetenen 8000 Euro gerade einmal 370 Euro eingegangen.