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NPD-Hamburg – mit Gewalt in den Wahlkampf

 

Nazikader Wulff ist seit Jahrzehnten in der Naziszene aktiv © Matthias Zickrow

Die rechtsextreme NPD schreckt bei ihrem Wahlkampf für die Hamburger Bürgerschaftswahlen am 20. Februar offenbar nicht vor Gewalt zurück. Am Mittwochvormittag attackierte Neonazi-Funktionär Thomas „Steiner“ Wulff einen Ladenbesitzer, der sich über das vor seinem Geschäft aufgehängte NPD-Plakat beschwerte.

Wulff war mit zwei „Kameraden“ im Stadtteil Billstedt unterwegs um Wahlplakate aufzuhängen. Der Eigentümer eines Tattoostudios forderte Wulff auf das Poster zu entfernen. Im Laufe des Streits soll Wulff den Mann mit dem Knie in die Genitalien getreten und bespuckt haben. Anschließend habe er aus dem NPD-Bus eine Axt geholt und den Ladeninhaber massiv bedroht. Wie die Polizei gegenüber dem Störungsmelder bestätigte, stoppten die Beamten die drei Tatverdächtigen nach kurzer Verfolgung in der Nähe und stellten die Axt sicher. Wulff droht jetzt ein Verfahren wegen Bedrohung und Körperverletzung.

Das Portal Netz gegen Nazis schreibt über Wulff:

Thomas Wulff (geb. 1963), Szene-Name „Steiner“, ist einer der bundesweit prominentesten Neonazis. Er war 2005 als „persönlicher Referent“ von NPD-Chef Voigt im Parteivorstand für die „Koordination freie Kräfte“ zuständig und sitzt derzeit im Bundesvorstand der NPD.

Thomas Wulff aus Hamburg-Bergedorf übernahm Mitte der 80er Jahre den Landesvorsitz der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), die 1995 verboten wurde. Die Gruppe um Wulff traf sich damals zu Kameradschaftsabenden, meist in Kneipenhinterzimmern, und an den Wochenenden führten sie in den nahegelegenen Besenhorster Sandbergen Wehrsportübungen durch. Thomas Wulff wurde ebenso wie sein langjähriger Hamburger Kamerad Christian Worch zum engen Weggefährten des inzwischen verstorbenen Anführers Michael Kühnen. Kühnens Vision von der Legalisierung der NSDAP, seine politischen Konzepte aus den 70er Jahren, sowie dessen Provokations- und Propagandataktik haben bis heute Einfluss auf die Szene.

1991 gründete Wulff gemeinsam mit Worch – dem Konzept von Kühnens Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) folgend – die Nationale Liste (NL) als legale Organisation für die konspirative Struktur. Die NL wurde 1995 verboten. Wesentlich enger als zu Kühnen und Worch wurde Wulffs Zusammenarbeit mit Jürgen Rieger, einem der einflussreichsten Drahtzieher der Szene. Der arbeitslose Kfz-Mechaniker und sein finanzkräftiger Mentor teilen nicht nur die Leidenschaft für alte Wehrmachtsfahrzeuge, beide bereiteten auch ihren späteren Aufstieg innerhalb der NPD sorgfältig und langfristig vor.

2004 zählt der ehemalige NPD-Kritiker Wulff zu denjenigen freien Kameradschaftsanführern, die spektakulär in die Partei eintreten und so eine neue gemeinsame „nationale Volksfront“ proklamieren. Der Einfluss radikaler Kräfte ist seitdem gestiegen und die NPD sei, so Wulff, der „parlamentarische Arm der Bewegung“. 2007 unterstützte Wulff Rieger bei Übernahme des Landesvorsitz’ der NPD in Hamburg.

Wulffs gibt sich demonstrativ kameradschaftlich. Als Markenzeichen trägt er eine lederne Arbeitermütze. Er bezeichnet sich selbst als „nationalen Sozialisten“. Sein Spitzname „Steiner“ soll an einen General der Waffen-SS erinnern, der Eliteeinheiten zu Stoßtruppen ausbildete.

Thomas Wulff war zeitweise Angestellter bei der NPD und „persönlicher Referent“ des Parteivorsitzenden Udo Voigt. Er lebt mit seiner Frau, drei Söhnen und der befreundeten Familie eines Kameraden in einem 2000 gekauften Gutshaus in Amholz bei Boizenburg.