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Bunter Protest gegen „Pro Deutschland“

 

Rassismus unter Polizeischutz - die Rechtspopulisten von "Pro Deutschland" bei einer Pressekonferenz 2009 © Matthias Zickrow

Hunderte protestierten am Freitagabend gegen das Treffen der rechtspopulistischen „Pro Deutschland“ in Zehlendorf. Es blieb weitgehend friedlich. Lediglich ein Blumentopf drohte sich zu „verirren“.

Von Tagesspiegel-Autor Hannes Heine

Fast 500 Menschen haben am Freitagabend in Zehlendorf gegen ein Treffen von „Pro Deutschland“ protestiert. Weiträumig hatte die Polizei den Eingang des Rathauses Zehlendorf abgesperrt, Spürhunde beschnüffelten sogar Büsche und Bänke vor dem Gebäude, um drinnen im Bürgersaal die Mitgliederversammlung der rechtspopulistischen Islamgegner zu schützen. Dabei blieb es bis zum späten Abend friedlich, ein Mann soll lediglich versucht haben, einen Blumentopf auf das Auto des „Pro Deutschland“-Landeschefs Patrik Brinkmann zu werfen. Der Werfer wurde in Gewahrsam genommen.

Linke und Grüne sowie Sozial- und Christdemokraten hatten zu den Protestkundgebungen mobilisiert. Auch Beschäftigte des Rathauses und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) demonstrierten vor ihrem Arbeitsplatz gegen die 60 drinnen tagenden „Pro Deutschland“-Mitglieder. „Diese Leute sind einfach nicht willkommen“, sagte der Zehlendorfer Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux.

Die in Berlin noch wenig bekannte Partei hat in der Hauptstadt rund 200 Mitglieder und gründete am Freitag in Steglitz- Zehlendorf – wie zuletzt in Neukölln – einen Kreisverband. Außerdem wurden Kandidaten für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung im September aufgestellt. Ferner bereiten sich die Rechtspopulisten auf die Abgeordnetenhauswahl vor. Der in einer Zehlendorfer Villa lebende deutsch-schwedische Millionär Patrik Brinkmann gilt Verfassungsschützern als treibender Mann hinter „Pro Deutschland“, nicht zuletzt, weil er schon in Schweden in einschlägigen Kreisen politisch mitmischte und über viel Geld verfügt.

Nach den Rathäusern von Schöneberg und Neukölln tagen die Rechtspopulisten in Berlin nun ein drittes Mal in einem Bezirksamt. Das Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ warnte davor, „Zivilcourage zur bloßen Worthülse verkommen zu lassen“ und kritisierte, dass das Rathaus für „Pro Deutschland“ offen gehalten worden ist, Gegenveranstaltungen aber aus den Räumen verbannt wurden. So hatte am Freitagnachmittag das Berliner Verwaltungsgericht entschieden: Die klagende Linkspartei könne keine Räume im Bezirksamt verlangen, „Pro Deutschland“ hatte sein Treffen zuerst angemeldet, außerdem drohten zwischen Linken und Rechten einer Lageeinschätzung der Polizei zufolge Auseinandersetzungen.

Gerichte hatten Rechten immer wieder Treffen in öffentlichen Gebäuden zugestanden. So habe nicht nur „Pro Deutschland“, sondern auch die rechtsextreme NPD wie jede Partei einen Anspruch auf Bezirksräume, entschied das Verwaltungsgericht 2010. Im Juli traf sich „Pro Deutschland“ nach einem zähen Rechtsstreit unter Polizeischutz im geschichtsträchtigen Rathaus Schöneberg.

Die Rechtspopulisten begannen vor sechs Jahren als „Pro Köln“, bei den dortigen Kommunalwahlen 2009 zogen sie mit 5,4 Prozent in den Stadtrat ein. MitWarnungen vor Einwanderern, insbesondere Muslimen, und Forderungen nach härteren Strafen gegen Kleinkriminelle sollen sowohl Rechtsradikale als auch Nationalkonservative gewonnen werden. Dabei distanziert sich „Pro Deutschland“offiziell von Extremisten. Man wolle aber „Recht und Ordnung“, die Strafmündigkeit auf 12 Jahre senken und „das preußische Erbe“ stärken.