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Vorwurf gegen NPD-Kandidaten – Extrem explosiv

 

Stellte der NPD-Spitzenkandidat Bombenanleitungen ins Netz?

Matthias Heyder, NPD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, steht im Verdacht, im Internet eine Anleitung zum Bombenbau verbreitet zu haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn.

Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen

Berlin – Der NPD-Spitzenkandidat gibt sich betont bürgerlich, doch nun lastet ein schwerer Verdacht auf Matthias Heyder. Wenige Tage vor der Wahl in Sachsen-Anhalt sind menschenverachtende Äußerungen eines „Junker Jörg“ im Internet bekannt geworden, darunter eine Anleitung zum Bombenbau. „Sollte sich bestätigen, dass sie echt sind, wären sie Heyder zuzuschreiben“, sagte der Staatssekretär im Landesinnenministerium, Rüdiger Erben (SPD), am Dienstag dem Tagesspiegel. Das Landeskriminalamt hat Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet.

Veröffentlicht wurden die Einträge, die „Junker Jörg“ in das von Rechtsextremisten genutzte interne Forum „Freunde der Freiheit“ stellte, jetzt auf der Website der ARD-„Tagesschau“.

In einem Text vom August 2006 beschreibt er detailliert die Herstellung eines Sprengstoffs, der weit stärker sei als TNT, „und viel leichter zur Explosion zu bringen“. Im November 2005 verfasste „Junker Jörg“ einen sexistischen Beitrag über weibliche Mitglieder der damals noch PDS heißenden Linkspartei. Der Schlusssatz lautet: „Schändet ihre Frauen, ihr tapferen Nationalisten!“ Darunter wird zudem der belgische Ex-Kommandant der SS-Division „Wallonien“, Leon Degrelle, mit den Worten zitiert: „Es gibt nur eines, was ich am Krieg bedauere: Dass wir ihn verloren haben.“

Das Innenministerium begründet den Verdacht, „Junker Jörg“ könnte Heyder sein, unter anderem mit einem Eintrag vom August 2008. „Ich denke, ich bin jetzt Landesvorsitzender der Partei in Sachsen-Anhalt“, heißt es da. Im September 2008 übernahm Heyder die Leitung des Landesverbandes der NPD. Im Oktober 2009 schrieb „Junker Jörg“ zudem über seine Probleme mit dem Bundesvorstand der Partei und nannte als Grund den im Monat zuvor publizierten Text „Matthias Heyder: Bundestagswahl – (K)ein Grund zum Klagen“.

Screenshot aus dem inzwischen gelöschten Forum © NPD-Blog.info

Der NPD-Politiker dementierte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, im Internet zum Bau von Bomben und zur Schändung linker Frauen animiert zu haben. „Das habe ich nie geschrieben“, sagte Heyder und sprach von „hanebüchenem Unsinn“. Er gab allerdings zu, in einem Forum unter dem Namen „Junker Jörg“ Einträge verfasst zu haben, „aber nur zeitweise“. Heyder kündigte Strafanzeige und eine zivilrechtliche Klage an, außerdem beschwerte er sich über „Datendiebstahl“.

Die NPD kommt in Umfragen auf fünf Prozent. Staatssekretär Erben warnte, angesichts der Parolen im Internet sei zu befürchten, „dass am Sonntag eine Bürgerkriegspartei in den Landtag kommt“. Er hoffe, „dass möglichst viele Menschen in Sachsen-Anhalt noch rechtzeitig mitbekommen, welche Geisteshaltung hinter der bürgerlichen Fassade der NPD-Kandidaten steckt“.