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Gedenkaktion für Todesopfer rechter Gewalt

 

Ein Bündnis aus Initiativen gegen Rechts und Antifagruppen fordert einen Gedenkstein für den in Berlin von Neonazis ermordeten Dieter Eich. Am 24. Mai findet  dazu eine Gedenkveranstaltung im Berliner Ortsteil Buch statt. Dieter Eich ist eines von 137 Todesopfern rechter Gewalt seit 1990, deren Schicksale der Tagesspiegel gemeinsam mit ZEIT ONLINE recherchiert hat. Nach Informationen von ZEIT ONLINE, soll der Haupttäter Matthias K. 2013 aus der Haft entlassen werden.

Hier der Aufruf vom Bündnis „Niemand ist vergessen!“:

„In der Nacht vom 23. Auf den 24. Mai 2000 ermordeten vier Bucher Neonazis den damals 60 Jährigen Dieter Eich. Eich musste sterben, weil er erwerbslos und damit in den Augen seiner Mörder ein „Assi“ war. Wenn mensch „so einen aufklatschen würde , täte man etwas fürs Volk“ [1] gaben die Täter später vor Gericht zu Protokoll. Der zu dreizehn Jahren verurteilte Haupttäter Mathias Kowalik sitzt derzeit noch seine Haftstrafe ab (voraussichtlich bis 2013). Die anderen Täter Rene Rost, Andreas Ibsch und Thomas Schwalm wurden bereits entlassen.

In Buch – und nicht nur dort – hat es auch elf Jahre nach dem Mord, trotz der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema, leider wenig Auseinandersetzung mit der Tat statt gefunden.
„Im letzten Jahr mussten wir uns über Dieter Eich in Buch immer wieder Sprüche anhören wie »Der war hier doch als Säufer bekannt gewesen«, so Martin Sonnenburg vom Bündnis „Niemand ist vergessen!“.
Das Bündnis wird sich darum ab diesem Jahr für einen Gedenkstein am ehemaligen Wohnhaus von Dieter Eich stark machen. Ein entsprechender Antrag wird noch im Mai bei der Pankower Gedenktafelkommission eingereicht.

Das Bündnis versteht das Gedenken am 24. Mai als Teil des Kampfes um die Anerkennung aller Opfer rechter Gewalt. Angeblich wurden laut Bundesinnenministerium “nur” 47 Menschen von Neonazis ermordet – die tatsächliche Opferzahl liegt dagegen weit höher. Opferberatungsstellen und Journalist_innen kommen auf rund 138 Tote [2]. Dabei bleibt die Dunkelziffer unberücksichtigt. Dieter Eich ist einer dieser „verschwiegenen Toten“.

„Die Gewalt trifft oft Wohnungslose, Bettler_innen oder Suchtkranke, also Menschen die keine Lobby und somit auch keine Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen.“, so auch die Journalistin Heike Kleffner auf einer Podiumsdiskussion des Bündnisses am vergangenen Montag. Dass Ablehnung gegenüber Erwerbslosen in weiten Teilen der Gesellschaft Zuspruch findet, belegte der jüngste Übergriff auf einen Obdachlosen am 20. Mai. Ein Jugendlicher hatte einen Mann auf Grund seiner Wohnungslosigkeit am Bahnhof Alexanderplatz erst beschimpft und anschließend brutal zusammengeschlagen [3]. Mitschuld an dieser Entwicklung tragen derzeit vor allem Ausgrenzungs-Debatten, wie sie unter anderem durch Sarrazin und andere Teile einer politischen Elite fociert wurden.

Martin Sonnenburg: „Uns ist es egal ob jemand ein sogenannter Säufer war oder nicht. Dieter Eich war in erster Linie ein Mensch, der brutal ermordet wurde. Darum geht es uns.“. Weiterhin sagte Sonnenburg „Mit dem Gedenkstein möchten wir ein Zeichen gegen jede Form von Rassismus und Sozialchauvinismus setzen, das dauerhaft sichtbar ist – nicht nur ein Mal im Jahr, am Todestag von Dieter Eich.“ Das Bündnis „Niemand ist vergessen!“ ruft alle Menschen, die sich gegen die menschenverachtende Ideologie und Handlungsweise von Neonazis und die wachsende soziale Ausgrenzung einsetzen, dazu auf, am 24. Mai um 17.30 Uhr zur Demonstration am S-Bhf. Buch zu kommen. Vor dem ehemaligen Wohnhaus Dieter Eichs in der Walter-Friedrich-Straße 52 wird es eine Kundgebung geben. Im letzten Jahr beteiligten sich rund 400 Menschen an der Demonstration durch Buch.“

Quellen/Verweise:
01 Beglaubigter Urteilsspruch des Landgericht Berlin, Seite 11
02 Tagesspiegel, 16.09.2010, (Ergänzung: Kamal K. wurde im Oktober 2010 in Leipzig ermordet) hier lesen
03 Blaulichtatlas, 20.05.2011, hier lesen