Am Quitzdorfer See bei Niesky (Sachsen) veranstaltet die NPD am kommenden Wochenende zum wiederholten Mal das sogenannte Pressefest ihrer Parteizeitung „Deutsche Stimme“. Neu ist die Dimension: Erstmals läuft die Nazi-Versammlung über zwei Tage, und mobilisiert werden soll offensichtlich nicht nur die deutsche, sondern auch die europäische Naziszene. Hier findet eher unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit eine Entwicklung statt, deren Ziel augenscheinlich die Etablierung eines neuen festen Großereignisses für Europas rechte Szene in Sachsen ist. Ein breites Bündnis organisiert jetzt eine bunte Protestaktion.
Die zunehmend erfolglose Instrumentalisierung des 13. Februars in Dresden durch die Nazis ist der Erfolg einer mutigen Bürgerschaft und engagierter Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Umso wichtiger ist es, dass nun auch eine breite Öffentlichkeit ihre Aufmerksamkeit auf den Quitzdorfer See richtet, wo sich Nazis fernab der Großstädte und im idyllischen Schutz von Wasser und Wald versuchen, ein neues Großevent zu etablieren.
Dafür sprechen auch Bemühungen, neben den klassischen NPD-Anhängern die offen nazistischen und gewaltbereiten „Freien Kräfte“ einzubeziehen, die nur lockere Organisationsstrukturen haben und nicht im engeren Einflussbereich der NPD stehen. Denn das Nazi-Fest am Quitzdorfer Stausee ist eine Mischung aus parteipolitischer Podiumsveranstaltung der NPD und Rechtsrock-Festival mit Zeltlager. Dies ist als Versuch zu werten, zwei unterschiedliche Lager zu bedienen: einerseits die so genannte Freie Szene, die in ihren Kleinstzusammenhängen neue Netzwerke vor allem über Musikveranstaltungen herstellten, und andererseits die klein- und spießbürgerliche Kientel der NPD.
Nicht zuletzt soll die Veranstaltung natürlich über die erheblichen Eintrittsgelder und eine Reihe von Nazi-Merchandising-Ständen frisches Geld in die immer mehr unter Druck geratenden NPD-Kassen spülen.
Das „Pressefest“ samt Zeltlager findet auf privaten Grundstücken rund um den Stausee statt. Verwalterin und Besitzerin ist die Familie Redeker, die vom DDR-Naherholungsgelände des „Kombinates Industrielle Mast“ – heute „Niederschlesisches Feriendorf“ – aus in den vergangenen Jahren ihre Immobilieninteressen ausgebaut und durch Grundstückszukäufe und Pachtverträge erweitert hat. Obwohl die Familie ihre Grundstücke in den vergangenen Jahren mehrfach für Neonaziveranstaltungen zur Verfügung stellte, gab es keine öffentlich wahrnehmbare kritische Diskussion. So konnten die Redekers ihren wirtschaftlichen Interessen unbehelligt weiter nachgehen.
Ein breites gesellschaftliches Bündnis lädt nun ein, am kommenden Samstag nach Quitzdorf / OT Steinölsa zu kommen und die Nazi-Versammlung lautstark und kritisch zu begleiten. Unter dem Motto „Bunter Schall als Widerhall“ wird allen Interessierten Gegenkultur zum „Pressefest“ geboten: Reden und Musik werden sich den ganzen Tag über abwechseln; neben dem Auftritt verschiedener Bands werden auch die Besucher aktiv: „Mit mitgebrachten Trommeln, Vuvuzelas und anderen Instrumenten, können sich alle an selbst gemachter Musik laut und fröhlich erfreuen“, heißt es in der Pressemitteilung des Bündnisses.
Die Teilnehmer von Workshops und einer Ideenwerkstadt werden gemeinsam Strategien für den zukünftigen Umgang mit solch rechtsradikalen Großveranstaltungen in der Region entwickeln. Kurzfilme zum Thema gehören ebenfalls zum Rahmenprogramm, und für das leibliche Wohl ist gesorgt.
„Die Region rund um den Quitzdorfer See hat es schwer genug in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung. Es kann nicht in unserem Sinne sein, dass die Gegend, die sich jetzt langsam touristisch entwickelt, nun durch die Vereinnahmung einer verfassungsfeindlichen, intoleranten und menschenverachtenden Organisation in Verruf gerät.“
Zeit: Samstag, 2. Juli, 12:30 – 19:00 Uhr
Ort: Indianistik- und Westernverein – „Crazy Horse“
Kollmer Str. 24
02906 Quitzdorf am See / Ortsteil Steinölsa
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