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Rassistische Hetze: NPD-Vize Schwerdt verurteilt

 

Auf der Liste von Vorstafen gegen NPDler gibt es einen weiteren Eintrag: NPD-Vize Frank Schwerdt ist nun rechtskräftig wegen eines NPD-Wahlplakats verurteilt worden. Darauf war ein schwarzer CDU-Politiker rassistisch diffamiert und als “falscher Thüringer” bezeichnet worden. Die Parole selbst kommt allerdings nicht von der NPD – sondern dem CDU-Nachwuchs.

Auf der Liste von Vorstafen gegen NPDler gibt es einen weiteren Eintrag: Der thüringische Landesvorsitzende Frank Schwerdt ist nun rechtskräftig wegen eines NPD-Wahlplakats verurteilt worden. Die Revision des NPD-Bundesvizes gegen eine vom Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt verhängte Geldstrafe sei in letzter Instanz abgelehnt worden, teilte das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) am 11. Juli 2011 laut Presseberichten mit. Schwerdt war im Juli 2010 wegen Beleidigung zu 60 Tagessätzen verurteilt worden.

Die NPD setzte in ihrem Wahlkampf auf Hetze gegen den schwarzen CDU-Politiker Schall

Die NPD setzte in ihrem Wahlkampf auf Hetze gegen den schwarzen CDU-Politiker Schall 

  

Nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt

Die NPD hatte in ihrem aggressiven Wahlkampf zur Landtagswahl 2009 auf einem Wahlplakat den Integrationsbeauftragten der Thüringer CDU neben einer Bratwurst abgebildet und als “falschen Thüringer” tituliert. Die Richter in Jena sahen laut Thüringischer Landeszeitung den Beleidigungstatbestand als erfüllt an, da – so heißt es demnach in den Beschlussgründen – “die Plakatdarstellung die Erklärung impliziere, dass der Geschädigte als Mensch mit dunkler Hautfarbe deswegen in Thüringen nichts zu suchen habe, also eine Äußerung, die ihm einen nicht vorhandenen Mangel an personalem Geltungswert nachsage”. Die Diffamierung des Geschädigten und nicht etwa die sachliche – im Wahlkampf legitime – politische Auseinandersetzung mit der CDU und deren Ausländerpolitik stünde im Vordergrund, weshalb sich der Angeklagte auch nicht auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen politischer Meinungsbildung berufen könne. Bei der Bewertung der Verunglimpfung des Geschädigten, “mit dem Ziel, ihn wegen seiner Hautfarbe als Person zu entwerten”, hat der Senat auch die dem Wahlplakat vorangegangene Pressekampagne der NPD berücksichtigt, in der Schall als “CDU-Quotenneger” bezeichnet worden war, den man “animieren wolle, in seiner Heimat Angola ein neues Leben zu beginnen”. (Aktenzeichen: 1 Ss 25/11)

Von Mitte 1998 bis Mai 1999 hatte Schwerdt eine neunmonatige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Tegel wegen Volksverhetzung, Herstellung und Verbreitung von NS-Propagandamaterial sowie Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen zu verbüßen. Das Urteil stand im Zusammenhang mit der neonazistischen Publikation NS-Schulungsbriefe; dem Organ eines internen Zirkels der „Nationalen“ mit dem Namen Völkischer Freundeskreis.

Vom 30. November 1999 bis Juli 2000 hatte Schwerdt erneut eine sechsmonatige Haftstrafe im offenen Vollzug in der JVA Plötzensee abzusitzen, da er Ende Oktober 1998 für schuldig befunden worden war, als Geschäftsführer des rechtsextremen Verlages Vortrag-Buch-Reise (VBR) die gewaltverherrlichende CD Unsere Einigkeit macht uns zur Macht der thüringischen Naziskinheadband Volksverhetzer produziert und den Verkauf von etwa 2.500 Exemplaren organisiert zu haben. (Quelle: Wikipedia)

Für den “Quotenneger” ernetete die NPD ebenfalls rechtsliche Konsequenzen: So war der NPD-Funktionär Patrick Wieschke einem Bericht des blick nach rechts zufolge im März 2010 vom Amtsgericht Eisenach wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro verurteilt worden. Wieschke, stellvertretender NPD-Landesvorsitzender in Thüringens sowie Landessprecher und Landesgeschäftsführer, hatte demnach am 11. August 2009 eine Pressemitteilung verbreitet, in welcher Schall als „Quotenneger“ diffamiert wurde, der die „multikulturellen Zukunftsvorstellungen“ der Regierungspartei für den Freistaat verkörpern solle.

Schall unter Personenschutz

Frank Schwerdt und Patrick Wieschke (Foto: K. Budler)

Frank Schwerdt und Patrick Wieschke (Foto: K. Budler) 

Schall berichtete Monate nach der Kampagne der NPD gegenüber dem Tagesspiegel, er stünde nun nicht mehr unter Personenschutz mehr. Allerdings sei er noch öfter bedroht worden. “Kurz nach der Geschichte mit der NPD kam es noch zu anonymen Drohanrufen”, so Schall, “einige der Anrufer konnten inzwischen von der Polizei ermittelt werden. Sie gehörten wohl auch zur NPD.” Er sei “sehr froh, dass diese Zeit vorbei ist. Derzeit fühle ich mich sicher.” Rassisten hatten sich dem Wohnhaus von Schall nähern wollen, die Polizei verhängte Platzverweise. Schall lebt seit mehr als 20 Jahren in Deutschland und ist deutscher Staatsbürger. Die NPD bezeichnet Bundesbürger, die nicht ihrem völkischen Weltbild entsprechen, gerne als “Plastedeutsche”.

Wer hat`s erfunden?

Die TLZ liefert zu der Hetze gegen Schall noch einen interessanten Aspekt, die rassistische NPD-Kampagne hatte nämlich eine Vorgeschichte. Auf die Idee mit der “echten Thüringer” (Bratwurst) war demnach zuvor die CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union gekommen. Als “falscher Thüringer” musste in der JU-Kampagne der Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow herhalten. Der frühere Gewerkschaftsfunktionär war 1990 aus Hessen nach Thüringen gekommen. Auch er empfand laut TLZ die Aussage der JU beleidigend, ging aber dagegen nur presserechtlich vor, bis der CDU-Nachwuchs die Kampagne einstellte. “Kein Wunder”, sagte Ramelow nun im Gespräch mit der Zeitung, “dass die NPD den boshaften Kern der Botschaft eins zu eins übernahm”.

Damals verantwortlich bei der Jungen Union: Mario Voigt , heute CDU-Generalsekretär und Landtagsabgeordneter. Die “eigentlich originelle Wahlkampfaktion” der JU sei mit den rassistischen Plakaten der NPD nicht gleichzusetzen, lautete Voigts Kommentar zum OLG-Urteil. Das wisse auch Herr Ramelow. Der Linke-Landtagsfraktionschef will Voigt auffordern, er möge nun eine Spende leisten. In Höhe von Schwerdts Geldstrafe, “am besten für ein Projekt gegen Rechtsextremismus”.   

Ziel verfehlt, Geld knapp

Die NPD in Thüringen diskutiert derweil ebenfalls noch über Geld, denn die finanzielle Lage in dem Landesverband war zwischenzeitlich miserabel. Nach den hohen Ausgaben für den Kommunal- und Landtagswahlkampf 2009 befand sich Ende 2009 in der Kasse des NPD-Landesverbandes nur noch etwa 3000 Euro. Das wurde auf dem Landesparteitag der NPD am 21. November 2009 in Kirchheim bei Erfurt bekannt. Demnach hat die Partei für die Wahlkämpfe insgesamt rund 120.000 Euro ausgegeben und Kredite und Darlehen in Höhe von rund 40.000 Euro aufgenommen. Diese sollten durch Einnahmen aus der Wahlkampfkostenerstattung beglichen werden, hieß es. Bei der Landtagswahl in Thüringen 2009 hatte die neonazistische Partei 4,3 Prozent der abgegbenen Stimmen bekommen. Insgesamt konnte die NPD – trotz oder wegen ihres aggressives Wahlkampfes – aber deutlich zulegen, vor fünf Jahren lag sie nur bei 1,6 Prozent der Stimmen.

Kaum Personal, aber Geld vom System

Davon profitiert die NPD nun. Am 18. Juni 2011 veranstaltete die NPD-Thüringen zum dritten Mal ihren Landesparteitag im „Fachwerkhof Kutz“, der sogenannten „Erlebnisscheune“ in Kirchheim zwischen Erfurt und Arnstadt. Unter dem Motto „Landtag 2014 fest im Blick“ berieten die Delegierten der Neonazi-Partei dort die inhaltliche und strategische Ausrichtung der Thüringer NPD. Doch das Interesse und das Engagement der Delegierten hielten sich laut “Nazis in Parlamenten“ offenbar in Grenzen, denn nur etwas mehr als die Hälfte der geladenen Mandatsträger nahm laut Presseberichten teil (34 von 56). Dass die NPD in Thüringen Probleme habe, Personen für ihre Arbeit zu rekrutieren, sei nicht neu, schreibt NiP. Doch diese geringe Teilnahme am Parteitag zeige, dass auch die Qualität des Personals der Neonazi-Partei fragwürdig sei. Diese Einschätzung untermauerte demnach die NPD selbst mit ihren Anträgen. Denn darin zeige sich ganz offen, wie unzufrieden der Landesvorstand mit seinen Aktiven sei. Nicht einmal den eigenen Anforderungen werden alle Mandatsträger der NPD in den Kommunalparlamenten gerecht. Es herrsche oftmals die Arbeitshaltung „Dienst nach Vorschrift“ und es mangele an dem Bewusstsein, dass die Mandatsträger das kommunalpolitische Fundament der NPD in Thüringen bilden, um der NPD 2014 möglicherweise in den Thüringer Landtag zu verhelfen.

Deshalb forderte der Landesvorstand laut NiP mehr Engagement und Verantwortungsbewusstsein von seinen aktiven Mitgliedern. Finanziell habe die Partei jedoch von den deutlich gestiegenen staatlichen Zuschüssen nach der Landtagswahl 2009 profitiert, berichtet die „Thüringische Landeszeitung“. Pro Jahr erhalte die Partei demnach 22.725,20 Euro. Nach eigenen Angaben plant die Nazipartei dieses Jahr zudem, 7.800 Euro aus Mitgliedsbeiträgen einzunehmen und erwartet weitere 10.000 Euro aus dem parteiinternen Finanzausgleich sowie 2.500 Euro Spenden. Bis zu den nächsten Landtagswahlen im Jahr 2014 will die Thüringer NPD Rücklagen für den Wahlkampf von 60.000 Euro bilden.

Siehe auch: NPD-Hetze gegen schwarzen CDU-Politiker: Das Ende der Ignoranz in Thüringen?