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Streit bei der Thüringer NPD

 

Grund zum Jubeln hatten die Rechtsextremisten auf dem NPD-Landesparteitag wenig © Getty

Am 18. Juni 2011 veranstaltete die NPD Thüringen zum dritten Mal ihren Landesparteitag im „Fachwerkhof Kutz“, der sogenannten „Erlebnisscheune“ in Kirchheim zwischen Erfurt und Arnstadt. Unter dem Motto „Landtag 2014 fest im Blick“ berieten die Delegierten der Neonazi-Partei dort die inhaltliche und strategische Ausrichtung der Thüringer NPD. Dazu hatte der Landesvorstand neben einem Leitantrag („Volk und Land erhalten – Thüringer Identität schützen. Neue Alleinstellungsmerkmale etablieren!“) sieben weitere Anträge vorgelegt. Doch das Interesse und das Engagement der Delegierten hielten sich offenbar in Grenzen, denn nur etwas mehr als die Hälfte der geladenen Mandatsträger (34 von 56) nahm laut Presseberichten teil.

Ein Gastbeitrag vom Redaktionskollektiv nip-thüringen

Dass die NPD in Thüringen Probleme hat, Personen für ihre Arbeit zu rekrutieren, ist nicht neu. Doch diese geringe Teilnahme am Parteitag zeigt, dass auch die Qualität des Personals der Neonazi-Partei fragwürdig ist. Diese Einschätzung untermauert die NPD selbst mit ihren Anträgen. Denn darin zeigt sich ganz offen, wie unzufrieden der Landesvorstand mit seinen Aktiven ist. Nicht einmal den eigenen Anforderungen werden alle Mandatsträger der NPD in den Kommunalparlamenten gerecht. Es herrsche oftmals die Arbeitshaltung „Dienst nach Vorschrift“ und es mangele an dem Bewusstsein, dass die Mandatsträger das kommunalpolitische Fundament der NPD in Thüringen bilden, um der NPD 2014 möglicherweise in den Thüringer Landtag zu verhelfen. Deshalb fordert der Landesvorstand nun mehr Engagement und Verantwortungsbewusstsein von seinen aktiven Mitgliedern. Vor dem Hintergrund von zersetzenden parteiinternen Streitigkeiten lässt er nicht unerwähnt, dass sich in der Partei erst noch „eine richtige Diskussionskultur“ entwickeln müsse und dass der Vorstand sich nicht scheuen werde, „destruktiven Aktionen mit konsequenten Maßnahmen zu begegnen“. Angesichts der dünnen Personaldecke der Partei in Thüringen eine riskante Ankündigung. Auch der noch immer nicht juristisch sauber vollzogene Zusammenschluss von NPD und DVU konnte die Personaldecke der Partei in Thüringen merklich stärken. Nur 30 der 120 DVU Mitglieder seien im Freistaat zur NPD gewechselt. Nach Presseberichten habe die Partei derzeit 350 Mitglieder.

Weiter müsse es darum gehen, „Alleinstellungmerkmale“ der Partei zu behalten und auszubauen, wie etwa ihr Image als „zuwanderungsfeindliche“ Partei, die eine konsequente Rückführung „krimineller“ und „gefährlicher“ Zuwanderer fordert. Aber auch die Forderung nach einer drastischen Verschärfung der Gesetze für organisierte Kriminalität, Rauschgifthandel und -konsum, sowie Sexualdelikte müsse in der politischen Arbeit stärker herausgestellt werden. Was das konkret bedeutet, lässt sich sowohl im Programmentwurf des Kreisverbandes Eichsfeld, als auch im Parteiprogramm der NPD selbst („Arbeit. Familie. Vaterland.“ Bamberg 2010) nachlesen. Während im Entwurf die Einführung der „Todesstrafe für besonders schwere Verbrechen“ gefordert wird, soll sie laut Parteiprogramm per Volksentscheid eingeführt werden. Im Zusammenhang mit der NPD-Kampagne „Todesstrafe für Kinderschänder“ und vor dem Hintergrund der durchaus wenig sachlichen, aber emotional besetzten Diskussionen in der Öffentlichkeit mit dem Thema, gewinnt dieses Ziel besondere Brisanz.

Da die etablierten Parteien nach Ansicht der NPD keine aktive Bevölkerungspolitik als Reaktion auf den demographischen Wandel praktizieren, müsse die NPD in dieses Vakuum vordringen und verschiedene Maßnahmen, wie etwa Geburtenförderung oder Transferleistungen für deutsche Kinder, in den Fokus rücken. Dieses „Alleinstellungsmerkmal“ gelte es ebenso auszubauen, wie die Forderung nach einem Rückzug aus globalisierten Wirtschaftsstrukturen und die Etablierung eines geschlossen Wirtschaftssystems. Schließlich stehe keine andere Partei so umfassend für die Idee eines Nationalstaates, behauptet die NPD. Dadurch soll eine klare Abgrenzung zu anderen Parteien vollzogen werden und die NPD an Profilschärfe gewinnen.

Finanziell habe die Partei von den deutlich gestiegenen staatlichen Zuschüssen nach der Landtagswahl 2009 profitiert, berichtet die „Thüringische Landeszeitung“. Pro Jahr erhalte die Partei demnach 22.725,20 Euro. Nach eigenen Angaben plant die Nazipartei dieses Jahr zudem, 7.800 Euro aus Mitgliedsbeiträgen einzunehmen und erwartet weitere 10.000 Euro aus dem parteiinternen Finanzausgleich sowie 2.500 Euro Spenden. Bis zu den nächsten Landtagswahlen im Jahr 2014 will die Thüringer NPD Rücklagen für den Wahlkampf von 60.000 Euro bilden.