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Wahlniederlage frustet Berliner Neonazi-Szene

 

Viel Provokation, wenig Erfolg - die NPD verlor 0,5 Prozent © Getty

Fraktionsübergreifend hat Berlins Neonaziszene den NPD-Wahlkampf gestemmt. Egal ob NPD-Kader, Aktivist aus dem Spektrum der Autonomen Nationalisten (AN), Rechtsrocker oder ehemalige Mitglieder der NPD-Abweichler vom Frontbann 24: Alle waren sie in den letzten Monaten auf Berlins Straßen als Plakataufhänger und Flugblattverteiler unterwegs. Auffallend ist, dass es in der Wahlkampfzeit kaum nächtliche Anschläge auf den „politischen Gegner“ gab. Offenbar hat der anstrengende Wahlkampf die Szene so beschäftigt, dass keine Zeit für Angriffe blieb.

Beinahe in der ganzen Stadt war NPD-Propaganda zu sehen. Das Ergebnis war für die stattliche Mühe blieb mit 2,1 Prozent aber bekanntlich mager. Die NPD musste 0,5 Prozent Verluste hinnehmen und verlor einige Mandate in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Im Bezirk Neukölln flog sie ganz aus der BVV. Der Frust in der Neonazi-Szene sitzt tief.

Jetzt, wo der Wahlkampf vorbei ist, setzen die AN der „Freien Kräfte“ offensichtlich wieder auf ihre altbekannten Mittel, um sich selbst zu inszenieren. Im Schutz der Nacht werden neuerdings wieder Scheiben eingeworfen und Parolen gesprüht. Ziel der Attacken sind alternative Cafés, Jugendzentren und Parteibüros.

Erst vor wenigen Tagen traf es erneut die Geschäftsstelle der Linken im Bezirk Berlin-Lichtenberg. Farbbeutel flogen, ein Oberlicht wurde beschädigt und auf den Gehweg mit Teer „Solidarität“ und „HNG“ aufgetragen. „HNG“ ist das Kürzel, der vor einigen Tagen verbotenen „Hilfsgemeinschaft nationalpolitischer Gefangener“. In mehren Bundesländer war das Verbot mit Hausdurchsuchungen umgesetzt worden. In Berlin schritt die Polizei nicht gegen HNG Strukturen ein, obwohl es auch in der Hauptstadt eine Ortsgruppe geben soll. So fand in der Kneipe „Zum Henker“ im vergangenen Jahr eine Solidaritätsveranstaltung für die HNG statt.

Attacken wie die vom Wochenende gibt es in Berlin seit 2009 regelmäßig. Die Polizei konnte noch keine Täter ausfindig machen. Opfer sind neben Büros der Linken und der Grünen vor allem alternative Projekte, die als „Linke Läden“ auf Berlins wichtigsten Neonaziportal veröffentlicht wurden. Während der heißen Phase des Wahlkampfs war es auffällig ruhig gewesen. Obwohl in dieser Zeit das für die Szene bedeutende Datum, des Selbstmords vom Rudolf Heß fiel. Nun scheinen Berliner Neonazis wieder zu versuchen ihre gesellschaftliche Irrelevanz in der größten Stadt Deutschlands mit nächtlichen Angriffen wett machen zu wollen.