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Nazis tarnen sich als harmlose Vereine

 

Antifagruppen und Initiativen gegen Rechts protestieren im Kiez gegen den von dem Nazitarnverein angemieteten Treffpunkt

 

Berlins Neonaziszene schafft sich mit Tarnvereinen ein zweites legales Standbein neben der NPD. Hinter unverdächtig klingenden Vereinsnamen wie „Sozial engagiert in Berlin e. V.“ oder „Pro Berlin-Lichtenberg e. V.“ stecken in Wirklichkeit organisierte Neonazis.

Fabian Kunow

Mit zwei Vereinen tritt das neonazistische Spektrum im Berliner Bezirk Lichtenberg auf. Ziel, der beim Vereinsregister registrierten Zusammenschlüsse „Sozial engagiert in Berlin e. V.“ und „Pro Berlin-Lichtenberg e. V.“ ist es, neben der NPD eine juristische Person zum Verträge abschließen zu besitzen. Mit diesen Vereinen können beispielsweise Räume angemietet werden, ohne dass die Vertragspartner direkt wissen, wer ihnen gegenüber sitzt.

Viele Vermieter oder Besitzer von Gaststätten überlegen es sich zweimal, wenn die NPD oder andere eindeutigen erkennbare extrem rechte Gruppierung beziehungsweise Einzelpersonen, an sie herantreten. Bei den beiden Vereinen reicht nicht ein Blick auf den Namen oder ins Internet, um zu wissen, aus welcher politischen Ecke diese kommen.

Beide genannten Vereine treten nicht an die Öffentlichkeit. So finden sich deren Namen nicht auf Veröffentlichungen, im Internet oder tauchen im Zusammenhang mit Demonstrationsanmeldungen auf. Obwohl „Pro Berlin-Lichteberg“ sogar dieses in der Satzung unter „§ 2 – Zweck des Vereins“ anführt. Die Vereine stellen nur das organisatorische Rückgrat, um sich im Lichtenberger Kiez weiter festzusetzen.
So schuf das Spektrum der Berliner Autonomen Nationalisten den Verein „Sozial engagiert in Berlin e.V.“. Als Vorsitzende treten die bekannten Rechtsextremisten Sebastian Thom und David Gudra auf.

Thom ist ein Beispiel für die enge Verknüpfung von des aktivistischem Spektrums mit der NPD. So war er bei der letzten Wahl nicht nur Kandidat im Bezirk Neukölln. Er warb auch mit seinem Gesicht für die braune Partei. Eine Unterschrift die, der von Thom gleicht, findet sich auch unter einem Vereinsprotokoll von „Pro Berlin-Lichtenberg e. V.“

David Gudra aus Berlin-Lichtenberg hingegen tritt nicht für die NPD auf. Er ist aber fast immer anwesend, wenn sich Berlins Neonazispektrum präsentiert. Meistens führt er eine Kamera mit sich, um potenzielle Gegner abzulichten. Zu seinem Aktionsrepertoire gehört neben dem Fotografieren, das Beleidigen und körperliche Attackieren von politischen Gegnern. Er wurde dafür schon mehrfach verurteilt. Auch die anderen Mitglieder von „sozial engagiert in Berlin e. V.“ gehören zum engsten Kreis der Berliner Neonaziszene. Fast alle sind in Berlin-Lichtenberg ansässig. Hier wurde über den Verein in der Lückstraße 58 ein ehemaliges Gardinengeschäft angemietet und zum rechten Treffpunkt ausgebaut. Seitdem kommt es im Lichtenberger Weitlingkiez wieder vermehrt zu Schmierereien und Sachbeschädigungen der Autonomen Nationalisten. In der Zeit vor der Eröffnung des „Nationalen Jugendzentrum“ in der Lückstraße war es in der rechten Hochburg deutlich ruhiger geworden.

Auch die Aktivisten aus dem Kreisverband der Lichtenberger NPD haben mit „Pro Berlin-Lichtenberg e. V“ einen Tarnverein gegründet. Als Vereinszweck wird „die Stärkung kommunalpolitischen Interesses und Engagements der Bürgerinnen und Bürger von Berlin-Lichtenberg“ angeben. Der Verein ist laut Satzung überparteilich. Alle Funktionen sind aber von Personen aus dem Dunstkreis des dortigen NPD Kreisverbands besetzt.
Vereinsvorsitzende ist Manuela Tönhardt. Sie ist auch Vorsitzende des Kreisverbandes der NPD und sitzt als Verordnete in Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die zweite NPD Verordnete Cornelia Berger wurde auf der ersten Sitzung von „Pro Berlin-Lichtenberg e. V.“ zur Stellvertreterin von Frau Tönhardt gewählt.

Der Aktivist des Lichtenberger Kreisverbandes Danny Matschke ist Kassenwart. Matschke war NPD Kandidat in Berlin-Lichtenberg und schrieb regelmäßig vermeintlich lustig verpackte Hetzartikel auf der Homepage der örtlichen Gliederung der Partei.

Die Vereinsmitglieder von „Pro Berlin-Lichtenberg , welche eine Personalunion mit den Kadern der Lichtenberger NPD stellen, sind deutlich älter und kulturell unterschiedlich, als die Mitglieder von „sozial engagiert in Berlin e.V.“ Dies hindert sie aber nicht gemeinsame Sache zu machen. So laufen beide Spektren gemeinsam in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung auf, um die beiden Verordneten Tönhardt und Berger zu unterstützen und einschüchternd auf die demokratischen BVV-Verordnete zu wirken.