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Veranstaltungstipp: Der vergessene Terrorismus?

 

In Göttingen findet am 19. Januar eine interessante Podiumsdiskussion zum Thema „Der vergessene Terrorismus? Rechte Morde, die Bedeutung der NPD und die Rolle des Verfassungsschutzes.“ statt. Organisiert wird die Veranstaltung vom Institut für Demokratieforschung in Zusammenarbeit mit dem StadtRadio Göttingen.

Ein neues Gespenst geht in der bundesdeutschen Öffentlichkeit um: der Rechtsterrorismus. Nach dem Bekanntwerden der Neonazi-Zelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) im November 2011 überschlug sich die Berichterstattung über ihren rechtsextremen Terror. Dabei ist der Rechtsterrorismus keinesfalls ein neues Phänomen in Deutschland, denn die von Neonazis verbreiteten Schreckensvisionen kommen ohne Militanz und Gewalt nicht aus. Immer wieder gab es rechtsextreme Anschläge. So starben 1980 dreizehn Menschen auf dem Münchner Oktoberfest bei einem rechtsextremen Attentat. Doch inwieweit kann man von einem rechtsextremen Terror in Deutschland sprechen? Immer wieder wird als Vergleich die RAF bemüht. Doch dies verschließt wichtige Analysezugänge. Nach den Enthüllungen rund um die Taten der „Zwickauer-Zelle“ werden erneut Rufe nach einem NPD-Verbot laut. Ist dies aufgrund der Enthüllungen gerechtfertigt oder nur reiner politischer Aktionismus? Das erneute Scheitern eines Verbotsverfahrens könnte der Partei mehr nützen als schaden. Besonders die Rolle der V-Leute in der rechtsextremen Partei ist hierbei von zentraler Bedeutung. Nachdem das Ausmaß der Taten des NSU Schritt für Schritt bekannt wurde, steht auch die Arbeit des Verfassungsschutzes und seiner Neonazi V-Leute im Fokus der Öffentlichkeit. Und auch die Ermittlungsbehörden müssen sich Fragen gefallen lassen, wie sie mit einer „Soko Bosporus“ jahrelang eine Umkehr von Tätern und Opfern betreiben konnten.

Auf dem Podium diskutieren:

Dr. Gideon Botsch studierte Politikwissenschaft an der FU Berlin und promovierte bei Prof. Peter Steinbach mit einer Arbeit über „Politische Wissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz, Berlin und arbeitet am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam im Forschungsschwerpunkt Antisemitismus- und Rechtsextremismusforschung.

Dr. Jonas Grutzpalk studierte Politikwissenschaften, Soziologie und vergl. Religionswissenschaften in Münster, Oxford und Bonn und promovierte über Gewaltdiskurse deutscher und französischer Intellektueller. Er war Lehrbeauftragter an den Universitäten Bonn und Potsdam und an der HWR Berlin sowie Referent für „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ im Brandenburger Innenministerium. Aktuell ist er Professor für Soziologie und Politikwissenschaft an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bielefeld und bildet dort u.a. Polizeibeamte aus.

Jan Raabe ist Dipl. Soz. Pädagoge. Er analysiert seit Mitte der 1990er Jahre die Entwicklung des Neonazismus. Schwerpunkte bilden dabei der RechtsRock und die Entwicklung im Bereich der Jugendkulturen. Zahlreiche Buchbeiträge, u.a. 2002 zusammen mit Christian Dornbusch Hrg. des Sammelbandes „RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien“.

Stefan Schölermann ist Hörfunkredakteur bei NDR-Info und berichtet seit vielen Jahren unter anderem über die NPD und deren Umfeld. Besonders die rechtsextreme Szene in Niedersachsen gehört zu seinem Schwerpunkt. Außerdem befasst er sich mit dem Thema Innere Sicherheit – vor allem also mit Polizei und Verfassungsschutz. Er ist Mit-Autor der Publikation Rechtsabbieger: Die unterschätzte Gefahr. Neonazis in Niedersachsen.

Kutlu Yurtseven ist Musiker und Pädagoge aus Köln, seit seinem Studienabschluss ist er als Lehrkraft und Jugendprojektleiter tätig. Er setzt sich für antifaschistische Arbeit und Projekte ein und ist seit Ende der 1980er Jahre mit Rossi Pennino und Oender Bardakci als Microphone Mafia in der europäischen HipHop-Szene aktiv. Als Rapper und Musiker hat er zahlreiche Schul- und Jugendprojekte initiiert.

Podiumsdiskussion am Donnerstag, 19. Januar 2012 um 19.30 Uhr
Ort: Waldweg 26, Hörsaal ERZ N18, Göttingen