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Bezirksgeschäftsführer „schließt“ Oberpfalz-NPD für den „Parteienverkehr“

 

In der Kritik vieler bayerischer Neonazis: NPD-Landeschef Ralf Ollert © Johannes Hartl

Langsam aber sicher könnte es eng werden für den derzeitigen bayerischen NPD-Landesschef Ralf Ollert, der seit einiger Zeit mit einer regelrechten Austrittswelle bayerischer Neonazis zu kämpfen hat. Nachdem mit Daniel Weigl, Robin Siener und Simon Preisinger bereits drei führende Funktionäre der Oberpfalz-NPD der Partei den Rücken gekehrt haben, zog nun auch der Bezirksgeschäftsführer Karsten Panzer nach und „schließt“ die „Geschäftsstelle“ der NPD-Oberpfalz für den „Parteiverkehr“. Ein Ende der neonazistischen Aktivitäten in der Oberpfalz ist damit jedoch nicht erreicht.

Begonnen hatte alles mit den Austritten der drei Oberpfälzer Nazi-Funktionäre Daniel Weigl, Robin Siener und Simon Preisinger im Mai dieses Jahres. In einem Offenen Brief hatten sie erklärt, dass es für sie nicht hinnehmbar sei, dass an den „Grundprinzipien der NPD herumgefeilt“ werde und das Rechtsterroristen wie Karl-Heinz-Hoffmann und Martin Wiese seitens der Partei ein Auftrittsverbot bekommen haben. Außerdem bemängelten sie, dass sich die NPD zusehends zu einer sogenannten „Systempartei“ entwickle und übten heftige Kritik am derzeitigen NPD-Landeschef Ralf Ollert.

Infolge dessen kam es bayernweit zu einer regelrechten Welle des Austritts, vielerorts taten es Neonazis Weigl, Siener und Preisinger gleich – und kehrten der NPD ebenfalls den Rücken. Neben Matthias Bauerfeind und Roy Asmuß verließ auch Sebastian Schmaus, der sich in Nürnberg zusammen mit Ollert das Stadtratsmandat für die NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ teilt, die rechtsextreme Partei.
Und jetzt gibt auch noch Karsten Panzer, bislang Bezirksgeschäftsführer und Schatzmeister der Oberpfalz-NPD, seine Ämter ab und „schließt“ die „Geschäftsstelle hier in der Oberpfalz für den Parteiverkehr“. Damit verliert die Bayern-NPD vorerst praktisch einen gesamten Bezirksverband, der ihnen bei der letzten Landtagswahl mit 1,7 % der Gesamtstimmen ein Ergebnis eingebracht hat, dass über dem bayernweiten Wert von 1,2 % lag.

In einem Schreiben, dass auch das bayernweit agierende Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ veröffentlicht hat, beklagt sich Panzer, dass nicht „auf dem aufgebaut“ werde, „was andere erfolgreich aufgebaut haben“, sondern alles „mit Wonne eingerissen“ werde und das man sich „sinnfrei von Leuten distanzieren“ würde, „ohne auch nur den geringsten Nutzen davon zu haben“. Zudem prangerte er an, dass „Themen wie Bankenkriese oder Atomausstieg in einer Wortwahl verfasst“ werden würden, „die kein normaler Mensch mehr versteht, nur um einen intellektuellen Eindruck zu erwecken“. Ein anderes Problem in den Augen Panzers sei weiterhin, dass die Partei für Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr attraktiv sei, da sich diese vor allem den Kameradschaften zuwenden würden. Ebenso kritisierte er, dass das Geld der Partei nicht für „kommunale Wahlantritte“ aufgewendet werde, sondern es eher „verjubelt“ werde. Panzer schrieb außerdem, dass er den Eindruck habe, dass die NPD „unter keinen Umständen Erfolge einfahren“ wolle.

Für die Austritte seiner „Kameraden“ äußerte Panzer Verständnis. Der Grund, warum nun auch er seine Ämter aufgebe, sei, dass er sich „nicht länger dafür hergeben“ möchte, das „unvermeidliche zu verhindern“. Deshalb schließe er die „Geschäftsstelle hier in der Oberpfalz für den Parteiverkehr“.

Dass das aber keineswegs seine Abkehr bedeutet, lässt Panzer am Ende seines Schreibens durchblicken. „Unter einer neuen Parteiführung, die auch den echten Willen zum Erfolg hat, bin ich gerne bereit, mich wieder einzubringen“, betont Panzer.

Wenngleich die NPD in der Oberpfalz damit vorerst Geschichte ist, bedeutet dies keineswegs ein Abklingen der neonazistischen Aktivitäten. Denn sowohl Weigl als auch Siener und Preisinger waren bereits im Vorfeld vermehrt beim „Freien Netz Süd“ aktiv und bleiben dies offensichtlich auch weiterhin. Überdies gründeten Neonazis aus der Oberpfalz erst kürzlich die „Bürgerinitiative Soziale Alternative Oberpfalz“, mit der sie versuchen, „seriös“ aufzutreten sowie „bürgernah und wählbar“ erscheinen wollen, wie „Bayern gegen Rechtsextremismus“ zusammenfasst. Presserechtlich verantwortlich für die „Bürgerinitiative“ ist beispielsweise Robin Siener.