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Konkurrenzkampf? FNS und NPD-Veranstaltung am gleichen Tag

 

Neonazis beim "Nationalen Frankentag" © Robert Andreasch | www.aida-archiv.de

Am zweiten Samstag im September konkurrieren im bayerischen Oberfranken gleich zwei rechtsextreme Veranstaltungen miteinander: Neben dem „5. Nationalen Frankentag“ des „Freien Netz Süds“ in Schwarzach will nämlich auch die NPD-Oberfranken ein Sommerfest abhalten, bei dem ein neuer „JN-Stützpunkt“ gegründet werden soll.

Es scheint bald so, als ob die Machtdemonstration zwischen der freier Neonazi-Szene und der NPD in Bayern in eine neue Runde geht. Denn sowohl die Neonazis des Kameradschaftsdachverbands „Freies Netz Süd“ (FNS) als auch die Angehörigen der NPD-Oberfranken haben sich für eine geplante Veranstaltung nicht nur den gleichen Tag, sondern auch noch den gleichen Regierungsbezirk ausgesucht. Am 8. September will das „Freie Netz Süd“ in Schwarzach seinen „5. Nationalen Frankentag“ abhalten – und am selben Tag möchte die NPD irgendwo im Landkreis Coburg (der genaue Ort ist derzeit noch nicht bekannt) ein sogenanntes „Sommerfest“ feiern.

Ähnlich sind dabei vom Prinzip her auch die Programme. So wirbt das „Freie Netz Süd“ auf seiner Homepage beispielsweise mit drei Bands, „Spaß für Groß und Klein“ und „Informationsständen“, aber auch mit den Auftritten einiger Redner. Angekündigt sind unter anderem Matthias Fischer (gilt als einer der Führungsfiguren des FNS), Sebastian Schmaus (Anti-Antifa-Aktivist des FNS und Stadtrat der NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in Nürnberg) und Dieter Riefling sowie „ein freier Nationalist aus Dortmund“, der von den Neonazis namentlich nicht benannt wird. Der „Frankentag“ fand bislang jedes Jahr statt – und geriet zuletzt in die Schlagzeilen, als der Rechtsterrorist Martin Wiese Journalisten mit dem Tod bedroht hatte. Später wurde Wiese vor einem Gericht in Gemünden zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die Berufungsverhandlung steht aktuell noch aus.

Nicht viel anders sieht das Programm der NPD aus. Als Redner angekündigt sind dort derzeit der Landesvorsitzende der bayerischen NPD, Ralf Ollert, der stellvertretende Landesvorsitzende, Sascha Roßmüller, und Sven Diem, Leiter des „JN-Stützpunkts Franken/Oberpfalz“. Um die „Kameraden“ bei Laune zu halten, werden auf dem offiziellen Flyer der Partei außerdem der Auftritt des rechtsextremen Liedermachers „Torstein“ sowie „sportliche Wettkämpfe“ und „abends geselliges Beisammensein am Lagerfeuer“ versprochen. Zudem wird die Gründung eines neuen „JN-Stützpunkts“ für Oberfranken angekündigt. Erst im Januar dieses Jahres wurde der „JN-Stützpunkt Franken/Oberpfalz“ gegründet, nachdem es in Bayern über eine lange Zeit hinweg sehr ruhig um die Jugendorganisation der neonazistischen Partei gewesen ist. Den Rückstand, den die bayerische NPD dadurch entstehen ließ, versucht sie offenbar derzeit aufzuholen, denn zuletzt war zu beobachten gewesen, dass die NPD viele junge Anhänger an die militanten Kameradschaften verliert, die mit ihrem Aktionismus vielen Jugendlichen wohl interessanter erscheinen mögen als eine Parteimitgliedschaft.

Interessant an diesen beiden Terminen ist, dass die NPD und das „Freie Netz Süd“ damit in direkte Konkurrenz treten. Hintergrund dürften Differenzen sein, die es in Bayern zwischen der Partei und den freien Kameradschaften bereits seit längerer Zeit gibt. Denn der NPD-Landesschef Ralf Ollert versucht derzeit – ganz im Stile des Kurses von Holger Apfel – sich eher von den radikaleren Kameradschaften zu distanzieren, um sich ein „seriöseres, bürgerliches Image“ zu verpassen. Dieses Vorgehen führte zu heftiger Kritik von Seiten einiger Kameradschafts-Nazis, die auch in der NPD aktiv waren und mündete letzten Endes in einem Zerwürfnis. Infolge dessen gaben einige führende FNS-Kader ihre NPD-Parteimitgliedschaften auf, um sich fortan nur noch bei den Kameradschaften einzubringen. Beispielsweise bemängelten die Kameradschafts-Nazis, dass die NPD Rechtsterroristen wie Martin Wiese oder Karl-Heinz Hoffmann ein Auftrittsverbot erteilt hat, was die Neonazis des FNS ebenso störte, wie der in ihren Augen zu sanfte Kurs der NPD. War das Verhältnis untereinander zuvor zumindest angespannt, so gibt es seither mehr oder minder einen Bruch zwischen NPD und FNS.

Die parallelen Veranstaltungen können deshalb auch als Machtdemonstration der beiden Organisationen verstanden werden. Allerdings dürfte davon auszugehen sein, dass das FNS – das die NPD in Bayern in ihrer Bedeutung ohnehin längst überholt hat – deutlich mehr Mitglieder mobilisieren können wird, als die rechtsextreme Partei, die momentan sowieso eher desolat aufgestellt ist.