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Öffnet sich die bayerische NPD bald wieder für radikale Neonazi-Kameradschaften?

 

Soll neuer NPD-Landeschef werden: Karl Richter © Johannes Hartl

Der rechtsextremen NPD in Bayern steht demnächst ein Führungswechsel bevor. Angaben der Partei zufolge soll Karl Richter dem bisherigen Landesvorsitzenden Ralf Ollert nachfolgen. Damit ist eine Radikalisierung der bayerischen NPD und eine Öffnung gegenüber den Kameradschaften zu erwarten.

Bislang ist die bayerische Neonazi-Szene gespalten. Auf der einen Seite die rechtsextreme NPD, auf der anderen Seite das militante Neonazi-Netzwerk „Freie Netz Süd“. Seit längerem herrscht zwischen beiden Fraktionen ein erbitterter Streit. Während die NPD dem „Freien Netz Süd“ vorwirft, keine politischen Ambitionen zu verfolgen, wirft das „Freie Netz Süd“ der NPD im Gegenzug vor, zur „Systempartei“ zu verkommen und keinerlei Erfolge verbuchen zu können. Dieser langwährende Streit spitze sich im Mai 2011 schließlich zu – und führte zu einer Eskalation. Damals legten mehrere führende Kader des „Freien Netzes Süd“ ihre Ämter innerhalb der Partei nieder und griffen diese in einem „Offenen Brief“ massiv an. Maßgeblich störten sich die Neonazi-Aktivisten an einem angeblich zu laschen Kurs, um den sich der Landesvorsitzende Ollert ganz im Stile von Holger Apfels „seriöser Radikalität“ bemüht. Infolge der Parteiaustritte war es um einige Bezirksverbände zwischenzeitlich schlecht bestellt gewesen, die desolate Lage der Partei schien sich dadurch abermals zu verschärfen.

Tritt nicht mehr an: Der bisherige NPD-Landeschef Ralf Ollert © Johannes Hartl

Doch längst nicht alle NPDler sind beim „Freien Netz Süd“ deshalb verhasst. Einer, der bei der Kameradschaft nach wie vor willkommen ist, ist Karl Richter – der selbst auch kein Problem mit einer Zusammenarbeit mit radikaleren Kräften zu haben scheint. Richter ist Mitglied im Bundesvorstand der Partei, leitetet die Parteizeitung „Deutsche Stimme“ als Chefredakteur und ist zudem Stadtrat für die NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in München. Und nun soll Richter, der Ollert bereits früher massiv kritisiert hatte, den Posten des NPD-Landesvorsitzenden übernehmen. Aufgrund „seiner beruflichen Verpflichtung und seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Nürnberger Stadtrat“ wolle der bisherige Landeschef dieses mal nicht wieder antreten, heißt es offiziell. Allerdings kündigte Ollert, der insgesamt 11 Jahre der rechtsextremen Partei in Bayern vorsaß, auch an, „dem neuen Landesvorstand weiterhin zur Verfügung stehen“ zu wollen. Als Richters neue Stellvertreter „vorgeschlagen“ worden sind Sascha Roßmüller und Sigrid Schüssler, berichtete die rechtsextreme Partei.

Während dies bei Teilen der NPD – insbesondere bei den „Jungen Nationaldemokraten“, die sich sehr an Ollert gehalten haben – womöglich für wenig Begeisterung sorgen könnte, dürfte die Freude beim „Freien Netz Süd“ umso größer sein. Dementsprechend reagierte das „Freien Netzes Süd“ auch auf seiner Homepage. In einem dort publizierten Artikel heißt es, „nationale Beobachter“ würden Richter „mehr politische Kompetenz“ zutrauen, bezweifeln zugleich aber, ob es ihm gelingen wird, die NPD aus dem „Stimmungstief“ zu füren. Diese Reaktion überrascht nicht, denn im Gegensatz zu Ollert ist Richter gegenüber der Kameradschaftsszene durchaus aufgeschlossen. Beispielsweise lief er auch schon bei einem Aufmarsch des „Freien Netzes Süd“ mit, wie zuletzt am 21. Januar dieses Jahres in München. Nachdem ein Neonazi dort das „Paulchen Panther“-Lied abgespielt hatte, mit dem der NSU sein Bekennervideo untermalt hatte, geriet der Aufmarsch bundesweit in die Schlagzeilen.

Wird Richter auf dem anstehenden Landesparteitag gewählt werden, ist demnach eine Radikalisierung der Partei ebenso zu befürchten, wie eine enge Zusammenarbeit mit dem „Freien Netz Süd“. Diese könnte für die Partei im Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf für die Landtagswahlen im Jahr 2013 auch einige Vorteile bieten. Insbesondere als Helfer für den Wahlkampf – zum Beispiel zum Anbringen von Plakaten oder ähnlichem – könnte die NPD vom „Freien Netz Süd“ profitieren. Wie sich die Situation in der extrem rechten Szene Bayerns weiterentwickeln wird, gilt es derzeit abzuwarten. Eine neuerliche Öffnung gegenüber dem „Freien Netz Süd“ halten Experten aber unter Richter für wahrscheinlich.