Die Affäre um V-Männer beim deutschen Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klans weitet sich immer weiter aus. Jetzt wurde bekannt, dass ein Beamter aus Baden-Württemberg offenbar Dienstgeheimnisse an den Ku-Klux-Klan weitergegeben hat – und glimpflich davon kam.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Berlin – In der Affäre um dubiose Kontakte zwischen dem Verfassungsschutz in Baden-Württemberg und dem Anführer einer Gruppierung des rechtsextremen Geheimbunds Ku-Klux-Klan (KKK) hat Innenminister Reinhold Gall (SPD) ein „Sicherheitsproblem“ bestätigt. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz „steht im Verdacht, im Jahr 2002 Dienstgeheimnisse an den damaligen Leiter des ,European White Knights of the Ku-Klux-Klan’ verraten zu haben“, teilte Gall am Donnerstag in Stuttgart mit. Die Motive des Beamten „für dessen anonyme elektronische Kontakte“ zu dem KKK-Mann seien unklar, sagte Gall. Der Minister präsentierte auch einen 31-seitigen Bericht.
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass der Verfassungsschützer den Anführer des KKK, Achim S., gewarnt hatte, dessen Telefonate würden überwacht. Nach Informationen des Tagesspiegels soll S. ein V-Mann gewesen sein. Der regionale KKK löste sich 2003 auf.
Dem Bericht des Ministeriums ist zu entnehmen, dass der Beamte glimpflich davonkam. Er wurde 2003 mit dem Verdacht auf Geheimnisverrat konfrontiert und in eine andere Behörde versetzt. Doch es gab weder eine Strafanzeige noch ein Disziplinarverfahren. Als Grund nannte Gall die „Abwägung zwischen der Ahndung des Fehlverhaltens und den Sicherheitsinteressen“ des Verfassungsschutzes. Der Beamte wurde zudem von 2006 bis 2014 beurlaubt. Vor drei Wochen forderte das Ministerium den Verfassungsschutz auf, gegen den Mann ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
Wie der Staat mit dem Ku-Klux-Klan zu tun hatte und welche Verbindungen es zwischen der Gruppierung und der Thüringer Terrorgruppe gab, will nun auch der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages klären. Die Abgeordneten beschlossen drei Beweisanträge zur „Beiziehung“ von Unterlagen der Innenministerien und Verfassungsschutzbehörden Baden-Württembergs, Brandenburgs und des Bundes. Im Fall Baden-Württembergs geht es um Achim S., aus Brandenburg möchte der Ausschuss Informationen über den einstigen V-Mann Carsten S. erhalten. Der Neonazi soll Anfang der 90er Jahre an KKK-Aktivitäten beteiligt gewesen sein. Nach Informationen des Tagesspiegels war S. damals allerdings noch kein Spitzel. Vom Bund erwarten die Abgeordneten ebenfalls Auskunft über die Fälle Carsten S. und Achim S.
Unterdessen hat der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Jürgen Maurer, Fehler der Behörden nach dem Nagelbombenanschlag des NSU im April 2006 in Köln benannt. „Ein Staatsschutz-Hintergrund wurde vorschnell ausgeschlossen“, sagte Maurer am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss. Es habe dann die „fast schon fatale Folgewirkung“ gegeben, dass eine Zuständigkeit des BKA nicht mehr geprüft worden sei. Bundesinnenminister Otto Schily und sein damaliger Amtskollege in Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens (beide SPD), hatten am Tag nach der Tat verkündet, es gebe keinen terroristischen Hintergrund. Vor einem halben Jahr gab Schily gegenüber dem Tagesspiegel einen „schwerwiegenden Irrtum“ zu.