In den letzten Wochen war es um die mittelfränkische Neonaziszene sehr ruhig geworden. Bis gestern. Am Samstagabend versammelten sich knapp 30 Neonazis, aus den Reihen des „Freien Netzes Süd“ (FNS), in der Fürther Innenstadt, um eine Kundgebung abzuhalten. Nazigegner waren schnell vor Ort und störten die rechte Versammlung massiv.
Am Samstagnachmittag meldete der Fürther Neonazikader Matthias Fischer vom Freien Netz Süd (FNS) die spontane Kundgebung für 21-22 Uhr an. Als Kundgebungsort war ursprünglich das alte Marktkaufareal in der Gabelsbergerstraße vorgesehen. Da schon kurz vor 21 Uhr über hundert Nazigegner diese Stelle besetzten, war es nicht mehr möglich die Kundgebung dort abzuhalten. Als sich die eintreffenden Neonazis in Richtung Gegendemonstranten aufmachten, wurden sie von Nazigegnern vor der Geschäftsstelle der Fürther Nachrichten gestoppt und eingekesselt. Die Polizei hatte Mühe, die verfeindeten Gruppen auf Abstand zu halten. Die Neonazis stellten sich auf, entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Keine Kugel stoppt eine Idee, deren Zeit gekommen ist“ mit dem, an ein Hakenkreuz angelehntes Parteisymbol, der griechischen Neonazipartei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte).
Gegen die Partei läuft aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“, da Parteimitglieder den linken griechischen Rapper Pavlos Fyssas auf offener Straße ermordeten und die griechische Bevölkerung mit Prügeltruppen regelrecht terrorisieren. Medienberichten zufolge bezieht sich die Partei auch positiv auf den deutschen Nationalsozialismus, erkennbar unter anderem daran, dass der, in Deutschland verbotene Hitlergruß, zum Standardrepertoire der Anhängerschaft gehört. Auch nach Mittelfranken hat die Partei beste Kontakte. Im November 2012 besuchte eine deutsche Delegation, der unter anderem Matthias Fischer und der Nürnberger Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) Sebastian Schmaus beiwohnten, die Goldene Morgenröte im griechischen Parlament und ließen sich mit deren Chef, Nikolaos Michaloliakos, ablichten.
Die Neonazis um die FNS-Kader Matthias Fischer, Norman Kempken (Nürnberg) und Tony Gentsch (Oberprex) versuchten mehrmals Reden zu halten, wurden aber durch die anwesenden Bürger im wahrsten Sinne des Wortes niedergebrüllt. Als die Neonazis ihre Kundgebung beendeten, war ein großes taktisches Manöver der Polizei erforderlich um die Neonazis wieder abfahren zu lassen. So wurde der komplette Parkplatz der „kleinen Freiheit“ gesperrt, vor dem ehemaligen Marktkaufgelände wartete ein Bus der infra Fürth und fuhr die Neonazis Richtung Nürnberg.
Die Antifaschistische Linke Fürth (ALF) spricht in einer Pressemitteilung von einem „großen Erfolg“, kritisiert aber im gleichen Atemzug auch die Vorgehensweise von Stadt und Polizei: „Durch die Tatsache, (..) dass sich das FNS mit Faschisten aus Griechenland solidarisiert, die in den vergangen Monaten mehrere Menschen ermordete, ist es äußert unverständlich, dass solche Veranstaltungen zum wiederholten Male mit allen Mitteln durchgesetzt werden.“
Laut einer Pressemitteilung der Polizei wurden drei Beamte im Einsatz verletzt, unter anderem auch Fürths Polizeichef Peter Messing, der mittlerweile wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte. Ein Stein hatte ihn am Kopf getroffen, ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wurde eingeleitet. Das Fürther Bündnis gegen Rechts bedauert diesen Vorfall in der Presseeklärung, spricht aber von einem „positiven Zeichen – Nazis sind weder in Fürth noch sonst wo zu keiner Tages- und Nachtzeit erwünscht!“.
In Aachen griffen am selben Abend mehrere Neonazis eine Solidaritätsdemonstration gegen Rassismus an. Nach vorliegenden Informationen, haben die Neonazis dabei ein Transparent des Freien Netz Süd mit dem Emblem der Goldenen Morgenröte gezeigt. Bekannte Neonazis der Bürgerinitiative Ausländerstopp München und der Kameradschaft München waren am gleichen Tag nach Aachen gereist.
Dieser Artikel wurde am 04.11.2013 um 22:23 Uhr aufgrund der Pressemitteilung des Fürther Bündnis gegen Rechts aktualisiert.