Den stadtbekannten Neonazis wird vorgeworfen, am 17. Oktober 2012 Monique L. und Ronny S. bedroht und beleidigt zu haben. Am Tatabend versammelten sich etwa 15 dunkel gekleidete, teilweise vermummte Personen vor dem Mietshaus. Sie beginnen aggressiv zu klingeln, der Strom in der Etage wird abgedreht und die Rechtsextremen versuchen die Wohnungstür aufzubrechen. Das Paar ist durch das Entfernen von rechten Stickern in das Visier der Neonazis geraten. Die Anklage stand in der Kritik, der Anwalt der Nebenkläger, Klaus Bartl, sieht den Tatbestand des Landfriedensbruchs erfüllt.
Schon vor der Verhandlung wurden zwei Dinge klar: Das öffentliche Interesse an der Strafsache übersteigt die Kapazitäten des Amtsgericht deutlich. Der Saal war restlos gefüllt, einige Journalisten hatten Probleme, einen Platz zu finden. Linke Gruppierungen hatten aufgerufen, den Prozess zu beobachten, Sympathisanten der Angeklagten waren ebenfalls vor Ort. Die Stimmung war dementsprechend angespannt. Zweitens: Der Plan von Richter Michael Goebel, den Prozess an nur einem Tag zu bewältigen war sehr ambitioniert. 14 Zeugen hatte er geladen, schon die Verlesung der Anklageschrift verzögerte sich um Stunden, da ein Beschuldiger nicht erschienen war. Er musste aus Bautzen vorgeführt werden.
Nur drei der Angeklagten äußerten sich zum Fall. Sie gaben an, im alkoholisierten Zustand vor Ort gewesen zu sein und unter erheblichen Erinnerungslücken zu leiden. Sven R. behauptete, die Lampe im Hausflur herausgeschraubt zu habe, da diese ihn blendete. Kai P. bestritt, das Haus betreten zu haben. In einer polizeilichen Vernehmung soll eine Zeugin diesen allerdings an seiner Frisur erkannt haben.
Die beiden Geschädigten und Nebenkläger äußerten übereinstimmend, dass sie bis heute unter den Folgen des Angriffs leiden. Ronny S. berichtete von vorangegangenen Drohungen über eine Chat-Plattform und betonte, er sei kein Mitglied eines Vereines oder einer politischen Organisation, der Staatsanwalt ordnete Ronny S. in der Anklageschrift der Antifa. Am Tatabend skandierten laut ihm die Täter „Zeckensau“ und drohten an, ihn fertig zu machen und seine Wohnung „leerzuräumen“. Sie sollen ebenfalls „Wir sind der nationale Widerstand“ gerufen haben. Die Beleidigungen wären in Anwesenheit der Polizei weitergeführt worden – was die Beamten während ihren Vernehmungen bestritten.
Während Monique L. unter Tränen beschrieb, wie einer der Angeklagten ankündigte, sie vergewaltigen zu wollen, bewies ein Nazi-Sympathisant auf den Zuschauerbänken die grenzenlose Respektlosigkeit der Neonazis: Er spielte mit seinem Handy einen lachenden Sound ab, hörbar für alle Beteiligten. Richter Goebel zog aus diesem Vorfall keine Konsequenzen.
In den folgenden Vernehmungen war die Äußerung eines Polizeibeamten interessant: Er gab an, die ehemalige Lebensgefährtin eines Angeklagten sprach in einer vorausgegangen Vernehmung davon, dass „alle von denen“ Mitglieder der ANH (Autonome Nationalisten Hoyerswerda) seien. Die Angeklagten bestritten vehement, Mitglieder einer rechtsextremen Vereinigung zu sein.
Insgesamt hatte man den Eindruck, der Richter habe das Geschehen im Saal nicht im Griff. Die Angeklagten lachten während der Beweisaufnahme und nahmen den Prozess in keiner Weise ernst. Während der Vernehmung von Monique starteten einige Zuschauer eine rege Diskussion darüber, dass die Aussage ja wohl kaum stimmen könnte.
Bundesweite Aufmerksamkeit erhielt der Fall durch das Verhalten der Polizei während und nach der Tat: Man legte den Betroffenen nahe, die Stadt zu verlassen, ein Polizeisprecher erklärte damals: „Es ist einfacher, zwei Personen von einem Ort zu einem anderen sicheren Ort zu verbringen, als 30 Personen zu bewachen oder permanent fünf Funkstreifen vor ein Haus zu stellen“. Die Einsatzkräfte nahmen vor dem Haus keine Personalien auf und erteilten keine Platzverweise.
Am 27.01 (11 Uhr) wird der Prozess fortgesetzt. Anwalt Bartl lässt neue Zeugen laden, darunter 2 Polizisten.