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Asylbewerberheim in Hoyerswerda – eine unverhoffte Chance

 

Für Anfang Februar werden die ersten Bewohner erwartet
Für Anfang Februar werden die ersten Bewohner erwartet © Silvio Werner

Die Idee, in Hoyerswerda ein Asylbewerberheim einzurichten, erscheint im ersten Moment absurd. Die Ausschreitungen von 1991 sind in den Köpfen präsent, von einer historischen Aufarbeitung ist die Stadt weit entfernt – dass diese jemals stattfindet, ist unwahrscheinlich. 2011 wurde ein damals aus der Stadt geschaffter Ghanaer in Hoyerswerda angepöbelt. Die Aktivitäten von Neonazis sind nicht zu leugnen, erst Anfang der Woche wurden acht stadtbekannte Neonazis für die stundenlange Belagerung der Wohnung eines Paares zu Bewährungsstrafen verurteilt. Hoyerswerda steht unter starker öffenlicher Beobachtung  und versucht, weitere Fehler zu vermeiden.

Der Tag der offenen Tür im Asylberwerberheim gab einen Einblick in das zukünftige Zuhause der Asylanten – erstaunlicher war aber die Zivilcourage, die vor Ort gezeigt wurde. Die Initiative „Hoyerswerda hilft mit Herz“ setzt mit 110 ehrenamtlichen Helfern bereits vor der Ankunft der ersten Bewohner alles daran, eine Willkommenskultur aufzubauen. Kleiderspenden werden sortiert und gesammelt, Sprachkurse organisiert und in Kooperation mit einer Schule ein mehrsprachiger Stadtplan erstellt.

In einer ehemaligen Förderschule liegt das Heim vorteilhaft gelegen: Etwas abseits in der historischen Altstadt, umgeben von Behörden. Einkaufsmöglichkeiten sind nahe, für den Fall der Fälle ist die Polizeiwache nur einen Hilferuf entfernt. Auf jeden Fall: Fernab der Nazis, ihren Treffpunkte und den Plattenbauten, in denen sie hausen. Im Heim selber gab es nicht viel zu sehen: Etagenbetten und Stahlspinde, streng nach Brandschutzverordnung und auf die 6 Quadratmeter zugeschnitten, die einem Asylbewerber zustehen. Bemerkenswert war die Präsenz von Polizei und Wachsschutz. „Die Bewohner werden 24 am Stunden einen Ansprechpartner haben“, betonte eine Sprecherin des Betreibers European Homecare. Über 1000 Besucher besuchten die Veranstaltung, Pfarrer und Mitinitiator von „Hoyerswerda hilft mit Herz“ zog eine positive Bilanz: „Die Leute sind neugierig, interessiert und selten kritisch“.

Im Anschluss fand ein zweites Bürgerforum im neuen Rathaus statt. Oberbürgermeister Skora ergriff die Gelegenheit, viel zu reden und wenig zu sagen. Während der Versammlung wurde eines der fundamentalen Probleme der Stadtgesellschaft im Umgang mit dem Thema wieder einmal deutlich: Es ist ihr unmöglich, die Ereignisse von 1991 als Teil der Stadtgeschichte zu begreifen und Schlüsse für die Zukunft aus den Ausschreitungen zu ziehen. Viele Bewohner fühlen sich persönlich angegriffen, sobald das Thema angesprochen wird.

Die Vorbereitungen der staatlichen Stellen auf die Ankunft der Asylbewerber erscheinen entgegen dem zivilen Engagement teilweise bemüht, teilweise bizarr. Wie Conny Stiehl, Leiter der zuständigen Polizeidirektion erläuterte, soll ein Bürgerpolizist den zukünftigen Bewohnern „Gewohnheiten und Recht“ erklären und die Bereitschaftspolizei gehöre bereits zum Stadtbild – dass das Asylbewerberheim keine Festung ist und Angriffe von Rechten nicht auszuschließen sind, ist allen Beteiligten klar. Auf die zu erwartende Frage nach Ausländerkriminalität argumentierte Stiehl souverän mit einer Polizeistatistik.

Der Grundstein für einen guten Start ist gelegt. In den ersten Februarwochen wird mit der Ankunft von 30-50 Asylbewerbern gerechnet. Das Asylbewerberheim bringt jetzt schon Bewegung in die Zivilgesellschaft und könnte durch interkulturelle Aktionen Vorurteile abbauen. Die Idee erscheint auf den zweiten Blick weniger absurd als vielmehr ausgezeichnet.