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Pierre Vogel in Nürnberg: Schaulaufen der (extremen) Rechten

 

Michael Stürzenberger (rechts) und sein "Wiederstand" ©Timo Müller
Michael Stürzenberger (rechts) und seine Anhänger © Jonas Miller

Rund hundert Menschen fanden sich am vergangenen Samstag am Nürnberger Jakobsplatz ein, um den umstrittenen Thesen des bekannten Salafisten Pierre Vogel zu lauschen. Ein breites Bündnis und Islamverbände organisierten eine Gegenkundgebung. Vogels Sprüche riefen allerdings auch Rechtspopulisten und Neonazis auf den Plan, die die Kundgebung als Bühne für ihre menschenverachtende Propaganda sahen.

Die Nürnberger Polizei gitterte den kompletten Jakobsplatz ab, die Organisatoren der radikal-islamischen Kundgebung mit dem Motto „Gib Drogen keine Chance“ rechneten mit 500 Teilnehmern. Allerdings kamen nur rund hundert Menschen um Pierre Vogels heftig diskutierte Thesen zu hören. Zu einer „liberalen Gegenkundgebung“ mobilisierten die Jugendorganisationen von SPD, FDP, Grünen und Linken, welcher sich rund zweihundert Menschen anschlossen. Noch vor Beginn der salafistischen „Open Air Ansprache“ hatten sich rund 150 Muslime, Juden und Christen in der Jakobskirche zu einem gemeinsamen Gebet versammelt. Dieses stand unter dem Motto „Dialog statt Monolog – Religionen gemeinsam für Frieden und Toleranz“. Auch rechtspopulistische Gruppen und extrem rechte Organisationen kündigten im Vorfeld Protest an.

So mobilisierte beispielsweise der lokale Ableger der rassistischen Gruppe „Identitäre Bewegung“ (IB) intern zu einer Aktion gegen die Pierre Vogel Kundgebung. Die zehn Aktivisten der IB brachten Schilder mit, auf denen „Religion ist Privatsache“ und „Franken lässt sich nicht islamisieren!“ zu lesen war. Erstmals trat Ron F., ein ehemaliger Naziaktivist der 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront“ (F.A.F.), für die IB auf. Die rechtspopulistische Gruppierung „Die Freiheit“ (DF) um Michael Stürzenberger erschien ebenfalls am Jakobsplatz und wurde von Polizisten in einen eigenen Bereich gelotst, der von der restlichen Gegenkundgebung durch ein weiteres Gitter und eine Polizeikette getrennt war. Die DF-Aktivisten brachten Deutschland- und „Die Freiheit“-Fahnen mit. Auf ihren Schildern stand „Vogel in den Käfig“, „Christentum statt Salafismus!“, „Freiheit statt Islam-Faschismus“ und „Der Wiederstand wächst“ (sic!). Eine Gruppe von rechten Hooligans aus verschiedenen Städten fand sich ebenfalls am Jakobsplatz ein und wurde von der Polizei direkt zur Kundgebung von „Die Freiheit“ und „Identitäre Bewegung“ gelotst. Die rechten Fußballfans zogen sich nach kurzer Zeit wieder zurück. In unmittelbarer Nähe zur Pierre Vogel-Kundgebung positionierten sich der bayerische NPD- Funktionär Patrick Schröder (Neonaziradiosendung FSN-TV, Mantel) und Daniel F. (Neonaziradiosendung FSN-TV). Schröder plant für Ende des Monats ein Rechtsrockkonzert in Scheinfeld.

"Identitäre" aus Nürnberg ©Timo Müller
„Identitäre“ aus Nürnberg © Miller

Michael Stürzenberger (München) und der führende DF-Aktivist Gernot Tegetmeyer (Fürth) hetzten in gewohnter Manier gegen Migranten und den Islam. Die wenigen anwesenden Antifa-Aktivisten entschlossen sich Passanten über die Hintergründe der Gruppe „Die Freiheit“ aufzuklären und störten Stützenbergs und Vogels Reden mit Trillerpfeifen. Die Redner der „liberalen Gegenkundgebung“ konnten sich gar nicht genug von allen (extrem) rechten Personen und Organisationen distanzieren und richteten ihren Protest sowohl gegen „Die Freiheit“ und „Identitäre“, als auch gegen die Überzeugungen der Salafisten.

Unter dem Motto „Pierre Vogel in deiner Stadt zu Gast“ tourt der ehemalige Profiboxer Vogel quer durch Deutschland. Seine Auftritte ziehen oft mehrere hundert Jugendliche an, seine Thesen sind nicht nur in islamischen Verbänden umstritten. In 33 Städten möchten die Salafisten in diesem Jahr auftreten. Die nächsten Termine sind in Bremen, Freiburg und Stuttgart geplant. „Wichtig ist es,  bei solchen Veranstaltungen nicht nur gegen Pierre Vogel und seine Gefolgschaft zu demonstrieren, sondern sich auch von rassistischen Gruppen offen zu distanzieren“, meint eine 53- jährige Passantin, die namentlich nicht genannt werden möchte.